In welchem Moment/in welcher Situation eures Lebens hattet ihr das meiste Mitgefühl mit jemandem?
Ob es in einem Film/Serie/Buch(/sonstiges) oder im wirklichen Leben war:
Was war SO DER Moment, in dem ihr das meiste Mitgefühl für jemanden/etwas verspürt habt?
6 Antworten
Es ist schon viele Jahre her. Als ich in München eines Tages mit der U5 vom Sendlinger Tor zu mir nach Hause nach Neuperlach-Süd fahren wollte, stieg ich dort in die einfahrende U-Bahn ein uns setzte mich dann an einen Fensterplatz.
Doch die U-Bahn fuhr nicht los! Es vergingen 5 Minuten, es vergingen 10 Minuten...! Die Türen waren verriegelt und ein Aussteigen war nicht möglich. Irgendwann tauchte am Bahnsteig U-Bahnpersonal auf. Ich sah sie durch das Fenster am Bahnsteig entlanglaufen. Sie schauten unter die U--Bahn. Und verschwanden wieder aus meinem Blickfeld.
Nach einer geraumer Zeit ertönte endlich die Durchsage des U-Bahn-Fahrers mit dem Hinweis, dass es eine technische Störung gegeben habe und er um Geduld bitte! Und dass wir die U-Bahn nicht verlassen könnten.
Schließlich kehrten die U-Bahn-Bediensteten zu meinem Fenster zurück und zeigten auf den Bereich unterhalb meines Platzes, an dem ich saß und wo mein Fenster war! Es wurden immer mehr Bedienstete und schließlich erschienen auch Polizisten!
Da begriff ich, was geschehen war! Ich konnte es nicht fassen und nicht glauben! Doch der Zugführer meldete sich wieder übers Zugmikrofon und informierte uns, dass es einen Personenschaden gebe und dass sie um Geduld bäten und wir bitte unsere Plätze nicht verlassen möchten und Ruhe bewahrten!
Es waren in dem Zug nicht viele Menschen und es brach auch keine Panik aus. Vielmehr verhielten sich alle sehr ruhig und sehr geduldig und verständig!
Irgendwann, als die U-Bahn-Bediensteten und die Polizisten ihr Augenmerk ganz besonders auf den äußeren Bereich unter meinem Sitzplatz gelegt hatten und nicht damit aufhören, dorthin zu schauen und zu gestikulieren, gestand ich es mir endlich ein: Direkt unter mir befand sich der Körper eines Menschen, der zu Tode gekommen und von der U-Bahn überfahren worden war!
Es waren schlimme Minuten! Ich war wie gelähmt! Unter mir, dort, wo ich saß, an dieser Stelle, lag ein toter Mensch, ein Mensch, der sein Leben verloren hatte! Ich saß direkt über ihm! Es war furchtbar! Und ich hatte unendliches Mitleid mit diesem armen Menschen!
So saß ich dort an dieser Stelle im U-Bahn-Waggon und irgendwann gingen die beiden Türen auf und ein junger Polizist kam in den U-Bahn-Wagen herein und sagte, wir könnten jetzt aussteigen!
So stand ich denn langsam auf und mir war, als versagten mir die Beine! Der Polizist kam zu mir her und stützte mich am Arm! Und sagte, als ich den Wagen verließ: "Schauen Sie nicht zurück! Schauen Sie nicht zurück!"
Da sagte ich zu ihm: "Nein! Ich schaue nicht zurück!" Ich wäre auch nie auf den Gedanken gekommen, zurückzuschauen, um zu sehen, ob ich den Toten unter der U-Bahn liegen sah! Und ich sagte zu dem Polizisten immer wieder: "Der arme Mensch!" Vor der U-Bahn blieben die anderen Fahrgäste stehen und schauten neugierig unter die U-Bahn und wurden mehrmals aufgefordert, wegzugehen und die U-Bahn zu verlassen!
Der junge Polizist führte mich immer noch am Arm und deutete auf das weiß-rot-gestreifte Absperrband und sagte: " Kommen Sie! Setzen Sie sich dort auf die Bank bis es Ihnen besser geht! Aber schauen Sie nicht zurück!"
Dann führte er mich als Einzige auf den abgesperrten Teil der anderen menschen-leeren Bahnsteigseite, wo ich auf einer Bank Platz nahm. "Ich kann leider nicht länger bei Ihnen bleiben!" fuhr der Polizist fort. " Kann ich Sie allein lassen? Ich muss wieder rüber! Ich schau dann nachher wieder nach Ihnen! Bleiben Sie sitzen und schauen Sie nicht zurück!"- "Nein, ich schaue bestimmt nicht zurück!"
So saß ich denn mutterseelenallein im abgesperrten U-Bahn-Bereich und meine Gedanken waren fortwährend bei dem unter der U-Bahn liegenden Menschen! Ich denke, ich saß dort eine dreiviertel bis ganze Stunde. Der Polizist war zwischenzeit-lich wieder gekommen und fragte, ob es mir besser gehe und ich solle ruhig sitzenbleiben! Dies tat ich!
In der Zwischenzeit hatten die sensationslüsternen Fahrgäste die U-Bahn längst verlassen und es herrschte eine große Stille. Die Ruhe tat mir gut und ich beruhigte mich etwas und stand dann schließlich auf und verließ die U-Bahn-Station. Als ich mich oben auf dem Bürgersteig Richtung Stachus befand, merkte ich, wie meine Knie schlotterten und wie unsicher ich lief und ärgerte mich darüber, nicht meine ASICS-Laufschuhe angezogen zu haben, sondern die hochhackigen Stiefelettchen, die ich nur deshalb angezogen hatte, um mit meinem Minirock-Kostüm eine gute Fugur zu machen! Und machte vorsichtig und unsicher einen Schritt nach dem anderen.
Dann hört meine Erinnerung an diesen Tag auf und geht erst wieder am nächsten Tag weiter, als ich morgens am Frühstückstisch die Abendzeitung las und erfuhr, dass der Tote ein Bademeister des Dante-Bads war, der ein paar Stunden vor seinem Tod seine Arbeit verloren hatte, weil ihm fristlos gekündigt worden war, worüber er so verzwei-felt war, dass er sich am Sendlinger Tor vor die U-Bahn warf! Und dass er von seinem Arbeitgeber gemobbt worden sei! Sodass mir der arme Mann noch viel mehr leid tat und ich sehr litt. Wie ich dann wieder eingige Zeit später in der AZ las, war ihm ungerechtfertigt gekündigt worden! Er hinterließ eine Frau und zwei kleine Kinder!
Mit diesem Mann, es ist wahr, hatte ich das größte Mitgefühl in meinem Leben! Nicht einmal mit dem ab dem Kinn gelähmten Zwilling, ein 19-jähriges Mädchen, das mit seiner eineiigen Zwillingsschwester als Sozia mit dem Motorrad unterwegs war, die einen Unfall baute, der so schlimm war, dass ihre Schwester vollständig gelähmt war und ihr Leben fortan auf einer Pritsche auf dem Rücken liegend verbringen musste, wo ich sie in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Tübingen kennengelernt hatte, hatte ich so viel Mitgefühl, wie mit dem armen Bademeister! Und auch sonst mit keinem anderen Menschen!
Immer wieder passiert es auch heute noch, dass ich an den Bademeister denken muss. Konnte ich am Tag und der Stunde seines Todes nicht weinen, füllen sich heute meine Augen mit Tränen, wenn ich an sein Schicksal denke, auch wenn dieses Ereignis schon so viele Jahre zurück liegt, weil ich jedes Mal das Gefühl habe, als sei es erst gestern gewesen!
Herzlichen Dank für Deine ehrliche Anteilnahme! Das tut gut! Danke!
Sehr gerne :)
Dir auch vielen Dank für deinen Kommentar ;)
Mit der Person die ich an meisten hasste in meinem Leben.
Meinem Stiefvater. Hab ihn als er auf meine Mum losging verprügelt.
Und das nicht gerade "harmlos". Er war 2 wochen im krankenhaus und ein jahr danach beging er selbstmord weil er seine gesamte familie verloren hat an dem abend.
Klar war er selbst schuld.
Aber dennoch. Als er da blutend und weinend auf dem Boden lag tat er mir leid.
Wir musste da dennoch raus das ist klar. Aber wie ein Mann so werden konnte wie er.....
Das hat sich in mein Hirn eingebrannt als Mahnmal NIE so zu werden.
Aber ja. Es war definitiv an diesem abend in diesem Moment.
Wie ein Mann so werden kann? Dafür kann es tausend Gründe geben, aber am meisten sind es immer Verzweiflung, Wut, eigene traumatisierende Erlebnisse (besonders in der Kindheit wie bei der Erziehung).
Der Mensch ist manchmal so von Sinnen, dass er sich selbst nicht mehr steuern kann...
Ja später erfuhr ich ja auch was da los war.
Er wuchs genauso auf wie er uns erzogen hat. Unter extremster Gewalt.
Traurig ist eben das er diesen teufelskreis nicht durchbrechen konnte so wie ich z.b. ja auch.
Er prügelte mir diesen Hass und diese Wut genauso ein. Aber ich überwand sie. Auch wenn ich an diesem abend fast die Grenze überschritten hätte.
Danach hatte ich sowas nie wieder.
Das ist ja das bittere daran. Er war 100% wie ich. Hat eben nur die Kurve nicht bekommen in seinen jungen Jahren.......
Dennoch rechtfertigt es nichts davon was er tat.
Du solltest dir das immer vor Augen führen, wenn du in so einer Situation bist. Spreche wie du aus Erfahrung.
Gewalt kann man leider selten bis gar nicht mit Gewalt lösen. Besonders nicht in so einer Situation.
Ja. Nur hatte ich da keine wahl.
Er würgte sie ja schon.
Ich musste handeln. Nur habe ich eben die kontrolle kurz zwischendrin etwas verloren.
Aber das ist eben auch nur menschlich.
Keine sorge. Inzwischen bin ich ja 33 also ist das schon ewig her.
Lebe ein sehr friedliches und liebevolles Leben mit meiner Frau. Habe in diesen 19 Jahren genug gekämpft für 5 weitere Leben.
Was das angeht bin ich einfach nur müde wenn man so will. Ich will es garnichtmehr. Und hoffe auch das es nie wieder nötig sein wird.
*daher deine Verachtung? *wir hatten ja erst eben ne Diskussion zur Gewalt ^^
bei mir ned viel besser aber es gab eben keine Frauen mehr, nur noch Kinder....
Verteidigung ja, aber Gewalt allgemein nein.
ja seh ich ja auch so.
In jungen jahren ist das schwer gewesen zu kontrollieren.
Seit diesem abend war es dann kein Problem mehr. Wie gesagt. Ist wie ein Mahnmal im Hirn.
Ich lernte kontrolle zu behalten.
naja ich glaube ich entschied mich mit 6 dagegen nen Messer zu nehmen überlegt hatte ich es paar Mal.
ja das ist nochmal was anderes.
Das an dem abend war reine reaktion. Da war keine zeit nachzudenken.
Mir gehts eigtl täglich so , das ich Mitgefühl empfinde in unterschiedlichen Situation.. ob nun im wahren Leben für Menschen den es offensichtlich nicht gut geht oder aber auch in bewegenden oder gar traurigen Filmen.
Mit den Eltern meines verstorbenen Freundes. Ich mag mir nicht ausmalen , wie schlimm es sein muss, dass das Kind vor einem stirbt und dann auch noch die Ungewissheit, was genau passiert ist.
Ich hatte noch nie viel Mitgefühl, eigentlich gar keines. Daher ist es klar, dass ich auch nie tiefes Mitgefühl empfunden habe.
Oh, das tut mir sehr, sehr Leid :(
Ich wünsche dir alles gute <3 !