Ich hab mein Bild fertig gemalt. Könnt ihr mir Feedback geben?

9 Antworten

Bin selbst Malerin und hab überlegt, ob ich antworte oder besser nicht ...

Die Frage, die sich wirklich stellt, ist doch: Was hast du für Ehrgeiz, für Ziele mit diesem Bild? Dass es sich um ein Motiv von C.D.F. handelt, sollte allen Nicht-Kunstbanaus*innen klar sein. Das ist auch dir klar, im Grunde ist das doch gar nicht deine Frage - stimmt's?

Kopieren magst du nicht, wenn ich dich richtig verstehe. Aber von den Alten lernen, bedeutet ja nicht, sie bis auf I-Tüfpchelchen zu "kopieren". Es gibt auf YT einen (Top-of-Art) glaube ich, der "kopiert" sämtliche Gemälde aus allen möglichen Epochen. Einige gelingen ganz gut, die meisten m.E. schlecht, weil er sich zumeist nicht in die Technik der Maler_innen reindenkt, sondern immer sein eigenes Schema anwendet: Alles mit klaren Konturen mit seinem feinen Rundpinsel malt. Das ist unsinnig und was dabei rauskommt, sind erkennbare Motive alter Maler_innen in einem völlig anderen Stil - mehr nicht. Sein Renoir ist keinesfalls ein Renoir, sein Monet hat abgesehen vom Motiv wenig mit Monet zu tun.

Ich beschäftige mich seit Jahren mit Bildern von Monet und Van Gogh, CDF ist leider nicht mein Fall (mir zu "kitschig"; mit "Männerromantik" kann ich nichts anfangen). Mein Ehrgeiz dabei ist, zu kapieren und nicht zu kopieren. Ich käme nie auf die Idee, mittels Projektor oder Raster genaue Bildaufteilungen zu übertragen, wie das einige Spezies machen, die andere Ziele verfolgen. Ich bin nicht größenwahnsinnig mir einzubilden, einen Monet ernsthaft "kopieren" zu können. Aber ich kann mich mit der Malweise vertraut machen. Das fängt an mit dem Maltuch: Grob oder fein, Reinleinen, Jute oder Baumwolle? Spielt die Leinwandstruktur im Bild eine Rolle? Dann das Format: Ich weiß nicht, wie groß dein Bild ist, ob du CDF's Originalformat übernommen oder es im Verhältnis runtergerechnet hast? Bestimmte Techniken erfordern nach meiner Erfahrung eine Art Mindestgröße. Stark Impressionistisches wie das hier (nur ein Ausschnitt):

Bild zum Beitrag

male ich nicht kleiner als z.B. 80x65cm. Sonst wirken die Effekte nicht. Mein Leitspruch ist: Jedes Bild hat sein Format. Trotzdem käme ich nicht auf die Idee, Monets Seerosen in Originalgröße zu malen. Es hängt auch von deinen Fertigkeiten ab, was du bewältigst. Es ist ein Unterschied, ob ein 20cm langer Pinselstrich misslingt oder ein 2mm langer. Ich lese aus Monets Original u.a.: dynamischer Duktus, Auflösung der Gipfel in den Wolken, sein unvermeidliches Grau-Violett und Schwefelgelb im Himmel, punktuell stark pastoser Farbauftrag mit dem Malmesser. Diese Malweise versuche ich nachzuempfinden, ohne dabei auf genaue Übernahme des Maßstabs oder jedes winzigen Details zu achten. Das ist mein Ehrgeiz beim Malen.

Bei deinem Bild sind zweifellos der Mann zu erkennen, ebenso wie das Nebelgebirge. Ziel erreicht? Wenn du dieser Meinung wärst, hättest du nicht gefragt, nehme ich an. Also lehne ich mich mal aus dem Fenster: Leg dir CDF und dein Bild nebeneinander und vergleiche die Malweise. Es geht nicht ums "Kopieren". Was mir zuerst auffällt: Dein Bild entbehrt jeder Tiefe. Es ist 2D wie der platte Malgrund auch. Du hast die Hell-dunkel-Verteilung zumeist korrekt übernommen (außer z.B. den hellen Fels vor seiner linken Schuhspitze), aber das genügt offenbar nicht für eine Perspektive. Finde heraus, wie das CDF gemacht hat! Dann hast du einen Hang zum Eckigen. Das ist bei diesem Bild doppelt von Nachteil, denn der Wanderer wurde vom Maler nicht zwischen Basalt- oder Schieferfelsen gestellt, sondern ins Sandsteingebirge! Und dieser verwittert immer rundlich, wie das CDF sehr treffend gemalt hat. Mag der Fels vorne links durch das Gegenlicht eckig wirken, so hat er auch dort runde Kanten (vergrößere das Original). Eckiger Nebel ist unrealistisch. Er kann zackig sein, hat aber stets ganz seichte Übergänge, in denen seine Durchsichtigkeit zunimmt, bis er aufhört. Im Himmel und im Bergpanorama ist zu viel Kobaltblau enthalten. Das suggeriert eine Schönwetterstimmung, die im "Nebelgebirge" fehl am Platze ist. Vergleiche deine Farbwahl nochmals mit CDF! Dann wieder die Ecken in den Wolken. Bei meinem Monet-Motiv oben sind tatsächlich eckige Formen, aber nicht bei deinem CDF. Prüfe nochmals deine Farbwahl im Himmel: zu viel Blau, zu wenig Grau und das zarte Violett fehlt bei dir ganz. Deine Bäume haben zu starke Konturen, besonders links, wo sie bei CDF nur schemenhaft im Nebel zu erkennen sind. Last but not least: Auch ein CDF hat Strukturen verwendet. Bei dir sind alles Flächen. Das feine Geranke auf dem Fels vorne, das buschige Gras und die Verwitterungslinien der Felsen im Hintergrund fehlen bei dir vollständig.

Du kannst mich jetzt auslachen, verteufeln oder ignorieren. Deine Sache. Aber falls du ernsthaft die Malweise alter Meister verstehen und nachempfinden möchtest, mehr erreichen willst, als nur eine oberflächliche Übernahme fremder Motive, kann das nur ein erster Versuch und Anfang sein.

Woher ich das weiß:Hobby
 - (Bilder, Kunst, zeichnen)
NBGcool 
Fragesteller
 29.05.2023, 13:25

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Es war auf jeden Fall sehr interessant eine solche ausführliche Kritik von einer Person zu lesen die sich offensichtlich auskennt.

Ich werde mir deine Nachricht zu Herzen nehmen und mir die nächsten Tage Gedanken machen in welcher Form ich die nötigen Änderungen umsetze!

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Hey

ich kenne das Bild und finde dass du es gut getroffen hast, auf den ersten blick denkt der betrachter allerdings nicht an nebel

Durchaus gelungen, auch, wenn man schlecht sagen kann bei dem Foto.

Ja, es hat definitiv Ähnlichkeit mit dem Original.

Gefällt mir sehr gut, auf den ersten Blick hätte ich gedacht, dass der Mann auf ein Gebirge voller Eis/Schnee starrt.