Hoher Steuerdruck Verkehrsflugzeuge - Film Mythos?
In vielen (billigen) Flugzeug Collision/ Entführungs, etc... -filmen sieht man immer wieder, dass die Piloten mit super viel Kraft "die Maschine hochziehen" wollen. Das auch, wenn die Triebwerke normal betrieb laufen und somit auf jeden Fall die Hydraulikdruck vorhanden sein müsste.
Braucht man trotzdem so viel Kraft um die Fahrt herauszuziehen?
3 Antworten
Das kommt auf das Flugzeug an. Bei einem Fly-By-Wire Flugzeug gibt es gar keine Kraft. Klassische Flugzeuge (A300, B737) arbeiten über ein mechanisches Steuerhorn (Yoke) das wiederum über Stangen und Kabel Hyraulikventile öffnet. Da ist es wie bei einem Wasserhahn: Egal wieviel Druck dahinter ist, das aufdrehen ist immer gleich schwer. Mit höher werdenden Geschwindigkeiten werden aber die Kräfte die an den Steuerflächen wirken, insbesondere am Elevator/Höhenruder, sehr schnell sehr groß. Um also zu verhindern dass man da überteuert werden am Yoke künstlich Kräfte erzeugt, die der Pilot überwinden muss. Nennt sich bei Airbus "Pitch Feel". Das verhindert dass man einfach so das Höhenruder auf Vollausschlag reißt und damit das Flugzeug beschädigt. Und diese Kräfte sind tatsächlich sehr groß. Da muss man schon gut ziehen, wenn man bei M 0.8 die Pitch ändern will.
Das heißt das es in dem ein oder anderen Filme zum Teil realistisch sein könnte. Ist man aber nicht in der Lage mit den Störklappen das Flugzeug in einen langsameren Flugzustand zubringen, um so engere Flugmanöver fliegen zu können, oder dürfen/können die nur unter einer bestimmten Geschwindigkeit benutzt werden?
Ja, das könnte man. Die Speedbrakes sind zumindest bei Airbus nicht geschwindigkeitslimitiert. Aber beim Höhenruder willst Du ja Deine Nase nach oben oder unten bringen. Und wenn wir von Filmen reden wo wie wild am Yoke gezogen wird, reden wir wohl von Situationen wo man sehr schnell eine Kollision mit dem Boden vermeiden will. Beispielsweise mit einem Berg. In dem Fall willst Du keine Speedbrakes (Störklappen) benutzen, weil die Dinger Dir Energie/Auftrieb nehmen, die du in Höhe umsetzen willst um nicht in den Berg zu rasseln. War das halbwegs verständlich? Falls nicht frag gerne nochmal nach.
Nein, man braucht überhaupt keine Kraft. Einen A320 steuert man mit einem Joystick. Der ist nur ein kleines bisschen größer als ein normaler Joystick und nennt sich "Sidestick", damit es etwas seriöser klingt.
Gut, wenn Systeme ausfallen, und man das Flugzeug mit einer Seilzugsteuerung lenken muss, dann braucht man Kraft. Nur: Warum sollte so etwas bei einer Entführung passieren?
Ich würde das hauptsächlich auf Dramatisierung zurückführen, wenn die Piloten in deinen Filmen mit aller Kraft an der Steuerung ziehen.
Habe es wieder gefunden :-)
https://www.youtube.com/watch?v=Ah-v-h-VfsM
Ab 6:01 ist die Rede von Dingen, für die man im Verkehrsflugzeug Kraft braucht. Hier ist es eine Boeing, und wenn da die Hydraulik ausfällt, kann man anscheinend noch anders steuern.
Ja. Mithilfe der Triebwerke. So schon ein paarmal geschehen, wenngleich auch in den meisten Fällen nicht mit glücklichem Ausgang.
Früher, also ganz früher, gab es eine mechanische Steuerdrucksimulation über Federn und Hydraulik.
Da war die aufzuwendende Kraft analog zur Kraft, die an den Steuerflächen anlag. Damit wurde verhindert, ein Flugzeug in einen überzogenen Flugzustand jenseits der Belastungsgrenzen zu bringen.
Sollte das aber durch irgendeinen Umstand doch erfolgt sein, musste der Kutscher viel Kraft aufwenden, um den Flieger wieder auszuleveln. Im Film wird allerdings immer nur hochgezogen.
Der verzerrte Gesichtsausdruck, (und, wenn möglich) der wehende Fliegerschal und die Lederkappe machen sich im Film immer gut und geben eine Dramatik, die heutzutage völlig verschwunden ist.
Bei einer Fly-By-Wire-Steuerung gibt der Pilot nur noch Kommandos an das Flight Management System und das sorgt dafür, dass kein Ausschlag am Sidestick oder an der Steuersäule mehr der nötigen Kraft entspricht, sondern nur noch als Input für eine bestimmte Absicht dient.
Die Computer halten das Flugzeug dann in den Grenzen, die vom Flugzeughersteller ermittelt und in die Steuerungssoftware eingearbeitet wurden.
Das ist Hollywood-Dramaturgie.
Große Verkehrsflugzeuge haben hydraulische Systeme. Das nennt man Fly-by-wire. Da gibt es auch keine Seilzugsysteme für den Fall, dass die Hydraulik ausfällt. Dafür ist diese 3 fach redundant. Wenn alle drei Hydraulikkreise ausfallen, dürfte der Käse gegessen sein.
Bei kleinen Propellerflugzeugen sieht das ggf. anders aus.
Eventuell wollen die Regisseure auf den enormen "psychischen" Druck hindeuten. Beim Achterbahnfahren kralle ich mich auch gerne am Haltebügel fest, als würde ich das Metallrohr mit bloßen Handen zerquetschen können. Das ist eine unbewusste Reaktion.