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Hallo Romanzev33,

also erst mal am Anfang des Videos ist ein Fehler in der Erklärung:

Ja, es gibt das sogenannte "beobachtbare Universum" - und das ist der Teil des Universums, den wir beobachten können. - Das wird dann auch gleich für die Hauptfrage noch interessant.

Die Erklärung des beobachtbaren Universums im Video ist aber völlig falsch. Der Typ sagt: "Das Universum dehnt sich aus. Und alles, was in einer bestimmten Entfernung zu uns ist, dehnt sich tatsächlich schneller aus als das Licht. Und das bedeutet, wir können nicht das gesamte Universum sehen..."

Äh...Nö. Auch dort, bei den entferntesten Galaxien denkt das Universum gar nicht daran, sich mit Überlichtgeschwindigkeit auszudehnen. Merk' Dir so was bitte nicht.

Das Universum dehnt sich mit einer bestimmten Rate aus, überhaupt nicht mit einer bestimmten Geschwindigkeit. Die Rate ist so etwa 70 km pro Sekunde und Megaparsec. Das bedeutet pro Megaparsec Entfernung (so gut 3 Millionen Lichtjahre) kommen pro Sekunde 70 km neue Entfernung hinzu. Das ist offensichtlich SEEEEHR viel langsamer als sich Licht ausbreitet.

Auf sehr große Entfernungen (also viiiiiiele Megaparsec) addiert sich das aber auf, so dass sich die weitest entfernten Galaxien tatsächlich mit mehr als Lichtgeschwindigkeit entfernen. - Aber eben NICHT, weil da lokal etwas mit Überlichtgeschwindigkeit passieren würde, wie im Video behauptet. Sondern weil sich da sehr viel aufaddiert zwischen uns und dort.

Es ist auch falsch, dass das der Grund des beobachtbaren Universums ist: Das hängt viel mehr an der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit und dem endlichen Alter des Universums: Von noch weiter weg hatte das Licht einfach noch nicht genug Zeit, uns zu erreichen.

Ich gehe da so genau drauf ein, weil ich versuche, Dich darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig solche Details sind - und wie "schlampert" der Typ in dem Video damit umgeht.

Dieselbe Schlamperei haben wir nämlich auch bei der Behauptung der gigantischen Masse außerhalb des Universums. Korrekt ist hier eben auch nur "außerhalb des von uns aus beobachtbaren Universums".

Und schon erscheint das Ganze weit weniger mysteriös: Von den entfernten Galaxienhaufen aus, von denen im Video die Rede ist, ist das beobvachtbare Universum natürlich ein ganz anderes. Bewohner dort würden in unsere Richtung so grade eben so bis zu uns gucken können - dafür aber sehr viel weiter als wir in die andere Richtung. Und ja: Natürlich werden die Bewegungen dieser Galaxien und Galaxiencluster dann auch von der Schwerkraft der Objekte beeinflusst, die wir von hier aus nicht sehen können.

So. Jetzt sollte man aber zusätzlich noch daraufhinweisen: Dieses als "Dark Flow" bezeichnete Phänomen - dass eben ganze Galaxien scheinbar koordinierte Bewegungen in Richtung einer von uns aus nicht mehr sichtbaren Massenansammlung zeigen - wird durch neueste Arbeiten als statistisches Artefakt entlarvt. Das heißt, dass wahrscheinlich in den älteren Arbeiten bestimmte Parameter aus der Hintergrundstrahlung nicht ausreichend berücksichtigt wurden - und die Galaxien in Wahrheit dieses Verhalten gar nicht zeigen.

Hier zum Beispiel ein Link, in dem über eine dieser neueren Arbeiten berichtet wird:

https://arstechnica.com/science/2011/12/supernova-research-challenges-cosmic-dark-flow-mystery/

Hilft das alles ein bissi bei der Einordnung der Informationen aus dem Video?

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
uteausmuenchen  30.10.2019, 12:43

Danke für das Sternchen!! Ich freu' mich. =D

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So einen spielerischen Gedanken hatte ich auch mal. Aber es ist eben pure Spekulation.

Von einem "außerhalb des Universums" ist in dem Video nirgends die Rede. Lediglich von einem "außerhalb unseres Beobachtungshorizontes" und das sind eben jene etwas mehr als 45 Mrd. Lj (Radius), die darin auch angesprochen werden.

Daß das gesamte Universum größer sein muß wissen wir - wäre völlig unerklärlich, wenn es jenseits dieser Entfernung quasi "abgeschnitten" wäre.

Was an der Beobachtung interessant ist, ist, daß offenbar eine gravitative Wirkung auf extrem alte Objekte ausgeübt wird, die offenbar größer ist als die Expansionsrate. Daraus folgt nämlich, daß diese Objekte schon kurz nach dem Urknall ihre enorme Masse gehabt haben müssen.

Das ist wirklich eine schwierige Frage.

Es kann aber genausogut sein, daß die Expansionsrate nicht so isotrop ist wie wir annehmen, sondern daß es Regionen im Universum mit abweichender Expansionsrate gibt?

Aber Vorsicht mit dem Begriff "Überlichtgeschwindigkeit".

Nach unseren Beobachtungen expandiert der Raum nirgends mit Überlicht-geschwindigkeit (auch nicht in der merkwürdigen Dark Region). Dazu mag es in Billionen Jahren mal kommen, aber aktuell ist das nur die eher mickrige Expansionsrate von 70 km/s/Mpc - was sich am Rand unseres Beobachtungs- horizonts lediglich auf 300.000 km/s aufaddiert - die dort befindlichen Objekte bewegen sich aber trotzdem nur mit der Rate von 70 km/s/Mpc von uns weg - die Dark Region offenbar einiges schneller, aber immer noch sehr weit unter LG.

Schönen Gruß

ich finde das auch immer sehr interessant, wenn ich solche Bericht im Fernsehen sehe. Aber.........................!

Wenn ich das so sehe, dann sind das doch leider nur Computeranimationen. Der einzige Beweis dafür ist doch nur, die Vorstellungskraft der Wissenschaftler, die sich endlich mal einig sind.

Denn seinen wir ehrlich. Soweit mir bekannt ist, sind viele Teile unseres Heimatplaneten noch unerforscht. Vor allem, was sich in den Tiefen der Meer und noch weiter drunter so abspielt.

OK, es gibt dieses riesige Weltraumteleskope, aber welche Bilder werden dem Otto Normalbürger davon wirklich gezeigt?

Steffile  29.10.2019, 13:31

Die Bilder sind frei bei NASA einsehbar, und auf der Erde zu forschen schliesst nicht aus, auch im Weltall zu forschen.

Die Computeranimationen beruhen schon auf echten Daten, und mit Fantasie hat die Sache nicht sooo viel zu tun. Aber zugegebenrweise sind die Daten noch sehr roh.

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chanfan  30.10.2019, 10:24
@Steffile

Bilder von der NASA werden auch bei den Dokus gezeigt. Leider wird aber nie gesagt, ob die Bilder Originalaufnahmen sind oder am Computer erstellt wurden. (Ggf. nur nach den vorhandenen Daten, die du erwähnst.)

ich würde gerne glauben, was ich da sehe, aber ich weiß nicht ob man wirklich so weit sehen kann. Immerhin sind das sehr hohe Entfernungen, wenn man von Lichtjahren spricht.

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Steffile  30.10.2019, 11:31
@chanfan

Ja das sind enorme Entfernungen. Die Daten stammen von WMAP, das eine Raumsonde auf halbem Weg zwischen Sonne und Erde war (operiert meines Wissens nicht mehr). Das hat den Vorteil, dass die Erdathmosphaere bei den Messungen nicht stoert. Das sind aber tasaechlich Daten, Zahlen, und keine Fotografien, und die koennen mit Computeranimationen oder Bildern visualisiert werden.

WMAP hat die Daten fuer die beruehmte "Karte" der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung geliefert - sozusagen die Fingerabdruecke des Kosmos kurz nach dem Urknall. https://de.wikipedia.org/wiki/Hintergrundstrahlung

Also, ja, fast unglaublich, aber moeglich.

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