Gibt es heute in D noch eine Bourgeoisie wie zu Zeiten von Karl Marx?

3 Antworten

Naja so gesagt gibt es noch immer die Gruppe von Menschen, die die Produktionsmittel besitzt und den Rest der Menschen für sich arbeiten lässt. Eigentümer von Produktionsmitteln haben sich nie in Luft aufgelöst.

Wir arbeiten um den Wohlstand zu finanzieren und werden gleichzeitig von ihnen abhängig, weil sie die Produktionsmittel besitzen und die von uns geschaffene Ware an uns wieder verkaufen, nur eben für einen erhöhten Preis um daraus Profit zu ziehen.

Wer genau das ist, ist schwer zu sagen, mal ganz davon abgesehen dass wir in einer Globalisierung leben. Inzwischen ist eher die gesamte Welt von der Bourgeoise abhängig, welche weltweite Macht erlangt hat.

Nur lebt der Großteil des eigentlichen Proletariats nicht mehr in den finanziell reichen Ländern, sondern vor allem in Ländern, in denen flächendeckend Armut herrscht. Denn dort ist die Arbeitskraft besonders billig. Und dieses Proletariat finanziert durch ihre Arbeit unseren Wohlstand und vor allem den Wohlstand der Konzerne und Milliardären. Wir, die Mittelschicht und die Oberschicht sind in der Gesellschaft besser situiert als die ganz armen, also könnte man annehmen, es gäbe mehr Klassen als Klasse gegen Klasse, doch auch wir arbeiten für diejenigen, die über uns stehen und aus unserer Arbeit ihren Profit ziehen. Somit bleibt das Prinzip der zwei Klassen erhalten. Nur in „modifizierter“ Form. Es gibt immer noch das Proletariat, nur hat sich die Lebensqualität innerhalb des Proletariats in den letzten Jahrzehnten immer mehr gespalten in wohlhabend und bettelarm.

Woher ich das weiß:Hobby – Politisch links eingestellt
ReineNeugier806 
Fragesteller
 12.04.2023, 06:49

Die Antwort ist nicht uninteressant. Ich sehe aber keinen Zusammenhang mit meiner Frage.

Wer in Deutschland im Besitz von oder Eigentümer von Produktionsmittel ist, muß sich doch feststellen lassen.

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Per marxscher Definition, ja.

Marx definierte zwei Klassen, das Proletariat (neudeutsch für die Arbeiterklasse) und die Bourgeoisie (die Bürgerlichen, mit denen keine Revolution zu machen ist).

Dem folgt die Definition von Republik = im Interesse der Öffentlichkeit, Bürger = die Öffentlichkeit, seit der Französischen Revolution.

Zurück zu Marx, der ebenso beschrieb, "die Ausbeutung des Proletariats durch den Besitz der Produktionsmittel" (Das Kapital).

Machen wir einen Sprung, in die Zeit des Mauerfalls.
Im Augenblick der Ereignisse hieß es ; "lieber ausgebeutet und wohlhabend im Westen, als nicht ausgebeutet und arm im Osten", das Proletariat.

ReineNeugier806 
Fragesteller
 12.04.2023, 06:49

Die Antwort ist nicht uninteressant. Ich sehe aber keinen Zusammenhang mit meiner Frage.

Wer in Deutschland im Besitz von oder Eigentümer von Produktionsmittel ist, muß sich doch feststellen lassen.

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soisses  12.04.2023, 07:13
@ReineNeugier806

So in etwa, ja.
90% des Vermögens gehören den 10% Reichsten.
90% der Bürger besitzen nahe zu nichts.
Das durchnittliche Vermögen der Deutschen liegt bei um 60.000 €

Die üblichen Verdächtigen sind die Schäfflers, die Quandts (BMW), die Porsches & Pieächs, die Krupps, Flicks u.a.m. allesamt Multimilliardäre.

Am anderen Ende sehe, wir 48% der Rentner beziehen eine Rente von kleiner 800€/Monat.
Was am Ende eines Arbeitslebens übrig bleibt.

Die Durchschnittsrente in Deutschland beläuft sich auf 1200€/Monat.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 12.04.2023, 14:10
@soisses

Du beziehst das Eigentum an Produktionsmittel also nur auf Vermögen und Einkommen, richtig?

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soisses  12.04.2023, 20:55
@ReineNeugier806

Nein, Eigentum ermöglicht Vermögen.

Einkommen basieren auf wirtschaftlicher Teilhabe.
Nur haben Arbeitnehmer keine Teilhabe an den Produktionsmitteln.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 12.04.2023, 21:00
@soisses

ch habe meine Probleme, wenn ich die alte Definition "Eigentum an den Produktionsmitteln" auf die heutige Zeit übertragen kann.

Die Kohle- und Stahl-Barone von früher gibt es fast nicht mehr. Heute sind das oft Aktiengesellschaften. Bei manchen AGs (BWM und Co) hat die Familie immer noch große Aktienpakete. Bei manchen AGs sieht es ganz anders aus. Viele Aktien sind in Streubesitz oder im Eigentum von Fondsgesellschaften. Die Fondsanteile stehen für das Eigentum an bestimmten Aktien,

Nun gibt es reichlich AN,

  • die selber ein paar Aktien besitzen
  • eine fondsgebundene Lebensversicherung haben
  • einen fondsgebundenen Sparvertrag
  • deren vermögenswirksame Leistungen in VL-Wertpapierdepots gesteckt ist
  • usw.

Per definitionem wären das alles "Kapitalisten", da sie Eigentum an Produktionsmitteln haben. Sie haben dann Teilhabe an den Produktionsmitteln. Und die, die am stärksten über deren Einsatz bestimmen, (also die Manager) sind auch nur Arbeitnehmer.

Diese Definition funktioniert meiner Meinung nach nicht mehr.

Die Verfügungsgewalt ist nicht bei den Anteilseignern, sondern bei den Managern der Fondsgesellschaften, Banken, Vermögensverwaltungen, etc. Diese Manager nennen sich zwar gerne "angestellte Unternehmer". Aber wenn sie selber das unternehmerische Risiko nicht tragen, sind sie für mich überbezahlte Angestellte.

Sie sind Profiteure des Kapitalismus und gleichzeitig Lohnabhängige.

Als alter (schwarz-roter) Sozialist irritiert mich das.

Begehe ich einen Denkfehler?

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soisses  12.04.2023, 23:11
@ReineNeugier806

Nur bedingt, Marx Definition ist stimmig, hinsichtlich der Vermögensverteilung, die bewußte Schere zwischen arm und reich.

Aktien sind ein Produkt, wie jedes andere auch nur.
Um diese zu kaufen braucht es Kaufkraft.
Die s.g. Aktienkultur ist in Deutschland unterentwickelt.
Einer der Gründe ist mangelnde Kaufkraft, ein anderer sind Reallohnverluste.

Die Arbeiterklasse an sich hat nicht aufgehört zu existieren, sie ist wie zu Marx Zeiten apolitisch und hat diesen Klassenbewußtsein nicht, damals wie heute.

Zu Marx Zeiten gab es keine soziale Absicherung, die wurde erst später eingeführt.
Im ursächlichen von Bismarck, der ahnte zumindest um die Bedeutung von sozialem Frieden.
Um den geht es fortgesetzt bis heute.

Das System ist das Gleiche, nur nannte es sich bei Marx noch Frühkapitalismus, heute Turbokapitalismus.
Marx irrte denn doch, in seiner Annahme, der Kapitalismus würde an seinen Widersprüchen scheitern.
Das System erwies sich hingegen als lernfähig, trotz aller Widersprüche und Krisen.
Jedoch keinesfalls aus Einsicht, an seinen Grundlagen der Akkumulation von Kapital hat sich nichts geändert, Sozialstaat hin oder her.
Der zu Grunde liegende Konflikt der Eigentumsverhältnisse hat sich nichts geändert.
Die heutigen Gefährder sind die Banken und Sparkassen, to Big to Fail. Sie vernichten mehr Kapital als jemals zuvor in der Geschichte und haften für nichts.

Zurück zu Deiner Frage, ja es gibt sie auch heute, die Bourgeoisie.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 12.04.2023, 23:54
@soisses

Deine Antwort auf die Frage

Und wenn "ja", wer gehört dazu?

ist mir noch nicht klar.

Du hast hier viel geschrieben, bei dem ich keinen Zusammenhang mit meinen Fragen sehe.

---------

Aktien sind ein Produkt, wie jedes andere auch nur.

Das sind andere Produktionsmittel auch.

Um diese zu kaufen braucht es Kaufkraft.

Durch Fonds gilt das nicht mehr. Und Aktien sind teilweise recht billig. Da braucht es nicht viel Kaufkraft.

Marx irrte denn doch, in seiner Annahme, der Kapitalismus würde an seinen Widersprüchen scheitern.

Die Zukunft wird es zeigen.

Der zu Grunde liegende Konflikt der Eigentumsverhältnisse hat sich nichts geändert.

Genau an diesem Punkt kann ich nicht folgen. Die Verfügungsgewalt sehe ich heute losgelöst vom Eigentum.

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soisses  13.04.2023, 00:38
@ReineNeugier806

Ist die aber nicht, die Verfügungsgewalt, losgelöst.
Niedriglöhne, Altersarmut, sind nicht aus dem luftleeren Raum gefallen.
Die groben Zahlen habe ich Dir aufgezeigt.

  • die Dot.com Krise Anfang der 2000er Jahre hat Aktienvermögen vernichtet
  • noch nicht verdaut folgte die Finanzkrise 2008
  • 2022/2023 sieht Unternehmensinsolvenzen in Serie, 22% sind bereits Pleite

Heute kam eine Zahl, 36% der Ü55 jährigen legen kein Geld an, in Aktien oder Fonds.
In der Gruppe 14-49 jährige sind es 14%.
Trotz derzeit 2%/Jahr auf Tagesgeld, ist der Zins vs. Inflation negativ.

Im übrigen, die Sparzinsen waren noch in keinem Jahrzehnt positiv in Relation zur Inflation.

Trotz der Erzählung rund um Kryptos, wurden allein im Jahr 2022 in dieser Assetklasse 60% des Wertes vernichtet.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 13.04.2023, 09:29
@soisses

Du schreibst weiterhin viel, ohne auf meine konkrete Frage einzugehen. Schade.

Ist die aber nicht, die Verfügungsgewalt, losgelöst.
Niedriglöhne, Altersarmut, sind nicht aus dem luftleeren Raum gefallen.
Die groben Zahlen habe ich Dir aufgezeigt.

Und das heißt?

Heute kam eine Zahl, 36% der Ü55 jährigen legen kein Geld an, in Aktien oder Fonds.
In der Gruppe 14-49 jährige sind es 14%.

Das klingt nur nach direkten Anlagen. Was ist mit den indirekten?

Und was hat die Inflation damit zu tun?

Ich werde immer verwirrter.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 13.04.2023, 09:47
@soisses

Ich finde in dem von dir geschriebenen nur: "Kapitalismus ist scheisze". Natürlich weit besser ausformuliert, Nicht so plump. Aber das weiß ich seit gut 50 Jahren. Das brauchst du mir nicht zu erklären.

Gehe einfach mal auf meine Frage ein.

Gibt es heute in D noch eine Bourgeoisie wie zu Zeiten von Karl Marx? Und wenn "ja", wer gehört dazu?
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soisses  13.04.2023, 10:14
@ReineNeugier806

Deine Frage habe ich Dir beantwortet, ja es gibt auch heute eine Bourgeoisie.

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soisses  13.04.2023, 10:22
@ReineNeugier806

Habe ich Dir beantwortet.

Zurück zu Marx, er definierte das Proletariat, "sie haben nichts zu verlieren, außer ihre Ketten".
In neuerer Ausprägung besteht das Existenzminimum, HartzIV, respektive Bürgergeld. Das gab es zu Marx Zeiten nicht.
War auch nicht Gegenstand seiner Betrachtung, wie Eingangs beschrieben.

Heute können Milliardäre verarmen, zum Multimillionär, zu und zu schrecklich.
Kurz um das Haben bestimmt das Sein.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 13.04.2023, 16:30
@soisses

Die Frage war: Gibt es heute in D noch eine Bourgeoisie wie zu Zeiten von Karl Marx? Und wenn "ja", wer gehört dazu?

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soisses  13.04.2023, 21:01
@ReineNeugier806

Da seither 150 Jahre vergangen sind, hat sich auch einiges geändert, nicht jedoch das klassische Schichtenmodell der Gesellschaft.
Also nochmals ja, wie beschrieben, es gibt sie nach wie vor, nebst dem Eigentum an den Produktionsmitteln.

Namentliche Beispiele habe ich Dir oben bereits genannt, das sind nur die Prominentesten, gibt noch einige andere mehr.

Marx Werk, "Das Kapital" steht bis heute auf den Bestsellerlisten, da sich an der Analyse des Kapitalismus nichts geändert hat, sie ist zeitlos richtig.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 13.04.2023, 21:16
@soisses

Ein paar Namen hast du genannt. Du hast aber nicht die Kriterien genannt, nach denen du selektiert hast. Daher ist es unmöglich, für einzelne Personen zu prüfen, ob sie den Kriterien genügen. Außerdem hast du keine konkreten Personen benannt, sondern nur Familien. Sippenhaft gibt es nicht.

nebst dem Eigentum an den Produktionsmitteln.

Wie du das definierst, ist mir auch unklar. Wie viele Aktien-Fonds-Anteile muß ich besitzen, um mich auch zu qualifizieren?

Die Marxschen Erkenntnisse ziehe ich nicht in Zweifel. Obwohl ich kein Kommunist bin. Aber man muß sie auf die konkrete Situation anwenden.

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Ich denke, man kann das alles, die Theorien von Marx zum Beispiel, nicht mehr auf nationaler Ebene sehen. Durch die Globalisierung hat sich die Bourgeoisie in den Westen verlagert, während das Proletariat, also die Arbeiter*innenschaft, hauptsächlich in Ländern wie Indien, Bangladesch oder in afrikanischen Ländern sitzt und dort ausgebeutet wird, damit wir hier im Westen konsumieren können.

Früher bestand das Proletariat aus z.B. Kohlearbeiter*innen in DE, die von den Reichen denen die Mienen gehörten, ausgebeutet wurden. Jetzt ist die Welt aber viel mehr zu einer großen Gesellschaft zusammengewachsen und sowohl die Ausgebeuteten sind mehr geworden, als auch die Konsumierenden.

Das Problem ist also nicht weg, es ist nur größer geworden und weil wir im Westen, also dem konsumierenden Teil der Welt leben, bekommen wir weniger vom Problem mit.

Ein Argument das oft für Kapitalismus gebracht wird, ist: „Ja, aber dir geht es doch gut hier.“ Dabei ist genau das der Punkt. Mir und dir gehts hier gut. Aber auch nur, weil andere am anderen Ende der Welt ausgebeutet werden.

Pfefferprinz  11.04.2023, 19:14

Das wäre mir jetzt nicht eingefallen, aber ja - du hast recht!

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 11.04.2023, 19:24

Das Problem hat der alte Marx ja im Kommunistischen Manifest sehr genau vorhergesehen.

Das erklärt aber nicht, wer heute in Deutschland zur Bourgeoisie gehört. Darum ging es mir ja.

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Heyyh71d  11.04.2023, 19:25
@ReineNeugier806

Das sage ich ja. Du kannst das nicht mehr nur auf nationaler Ebene sehen. Deutschland gehört als System zur globalen Bourgeoisie.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 11.04.2023, 19:33
@Heyyh71d

Also besteht die Bourgeoise nicht aus einzelnen Individuen? Und die BRD gehört nur in ihrer Gesamtheit dazu? Incl. aller prekär Beschäftigten.

Ich versuche zu verstehen, was du geschrieben hast. Ich habe Verständnisorobleme.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 12.04.2023, 06:50
@Heyyh71d

Die Antwort ist nicht uninteressant. Ich sehe aber keinen Zusammenhang mit meiner Frage.

Wer in Deutschland im Besitz von oder Eigentümer von Produktionsmittel ist, muß sich doch feststellen lassen.

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Heyyh71d  12.04.2023, 08:31
@ReineNeugier806

Ich hatte Ihre Frage falsch verstanden, tut mir leid.

Ich denke es gibt absolut immer noch eine Bourgeoisie in DE. Das könnten, heutzutage, aber nicht nur Besitzer*innen von z.B. Autofabriken oder Firmenketten sein, sondern auch und vor allem Eigentümer*innen von Banken oder Strom- und Gasunternehmen.

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ReineNeugier806 
Fragesteller
 12.04.2023, 14:35
@Heyyh71d

Du darfst mich gerne duzen.

Ich habe meine Probleme, wenn ich die alte Definition "Eigentum an den Produktionsmitteln" auf die heutige Zeit übertragen kann.

Die Kohle- und Stahl-Barone von früher gibt es fast nicht mehr. Heute sind das oft Aktiengesellschaften. Bei manchen AGs (BWM und Co) hat die Familie immer noch große Aktienpakete. Bei manchen AGs sieht es ganz anders aus. Viele Aktien sind in Streubesitz oder im Eigentum von Fondsgesellschaften. Die Fondsanteile stehen für das Eigentum an bestimmten Aktien,

Nun gibt es reichlich AN,

  • die selber ein paar Aktien besitzen
  • eine fondsgebundene Lebensversicherung haben
  • einen fondsgebundenen Sparvertrag
  • deren vermögenswirksame Leistungen in VL-Wertpapierdepots gesteckt ist
  • usw.

Per definitionem wären das alles "Kapitalisten", da sie Eigentum an Produktionsmitteln haben.

Diese Definition funktioniert meiner Meinung nach nicht mehr.

Die Verfügungsgewalt ist nicht bei den Anteilseignern, sondern bei den Managern der Fondsgesellschaften, Banken, Vermögensverwaltungen, etc. Diese Manager nennen sich zwar gerne "angestellte Unternehmer". Aber wenn sie selber das unternehmerische Risiko nicht tragen, sind sie für mich überbezahlte Angestellte.

Sie sind Profiteure des Kapitalismus und gleichzeitig Lohnabhängige.

Als alter (schwarz-roter) Sozialist irritiert mich das.

Begehe ich einen Denkfehler?

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