Gibt es Cancel Culture wirklich?
Ich höre immer wieder von einer Cancel Culture, Leute würden für Kleinigkeiten "gecancelt" und würden ihre Karrieren verlieren, habe aber bisher noch kein Beispiel bekommen, bei dem "gecancelt" zu sein über ein paar wütende Menschen auf Twitter hinausgeht. Was ist eure Meinung dazu?
Das Ergebnis basiert auf 26 Abstimmungen
12 Antworten
Ich kenne kein Beispiel, in dem Cancel Culture wirklich ein Karriere Ende bedeutet hätte. Einen Karriere Knick vielleicht, aber die gab es auch früher schon wenn man als Promi besoffen am Steuer oder mit Drogen erwischt wurde…
Die würden mich dann auch interessieren! Bisher konnte mir da in solchen Debatten niemand wirklich was liefern.
Heute reicht es aber schon aus weiß zu sein, um von der "Cancel Culture" betroffen zu sein. Letztens wurde ein renommierter Dozent von einem Rassimus-Vortrag genau deshalb ausgeladen https://taz.de/Streit-um-Rassismus-Vortrag/!5758214/.
Das ist in meinen Augen klar rassistisch. Mich würde mal interessieren wie ihr das seht.
Ich nehme an du meinst Helmut Bley. Sein Vortrag wurde abgesagt, weil Betroffene es nicht richtig fanden, dass ein weißer Mann einen Vortrag hält, der sich explizit mit Kolonialgeschichte aus Perspektive der afrikanischen Bevölkerung hält. Und das finde ich persönlich völlig richtig.
Dabei hat es nicht „gereicht“, dass er weiß war, sondern dass es bei einer Veranstaltung, in der es um Rassismus ging der Ansicht war er, als weißer Mann könnte darüber aus Sicht der Betroffenen berichten. Das wäre in etwa so als würde ich, als Frau, zu einem Kongress über Prostata Krebs gehen und - nachdem vor mir bereits diverse Frauen zu dem Thema gesprochen haben - einen Vortrag über „Prostata Krebs aus der Perspektive eines Mannes“ halten. Da würden sich die Betroffenen zurecht mal melden und mir sagen, dass ich dafür nicht die richtige Person bin. Das ist für mich keine Cancel Culture. Das ist Logik. Zumal Herr Bley nach wie vor in dem Bereich tätig ist. Dieser Vorfall hat ihn weder seinen Job gekostet, noch wurde er angezeigt oder in irgendeiner Form belangt (warum auch?). Er hat einfach nur diesen Auftrag nicht bekommen. Das passiert ständig und aus den verschiedensten Gründen. Ist es also jedes mal „Cancel Culture“, wenn ein Veranstalter sein Programm an seine Zielgruppe anpasst? Ich finde nicht.
Der wurde von keinen Betroffenen abgesagt, sondern von der Stadt Hannover, nachdem eine Studentenorganisation der Leibniz Universität Hannover darauf gedrängt hat. Und im Vortrag sollte es in erster Linie um den historischen Kontext der Kolonialgeschichte gehen, also einem seiner Forschungsgebiete.
Es ist völlig absurd ihm die Kompetenz abzusprechen darüber fachgerecht referieren zu können.
Cancel Culture muss auch nicht immer jemanden den Job kosten, das ist ein Extrembeispiel. Hier wurde ein Vortrag aus rein ideologischen Gründen abgesagt und dann kann man auch von Cancel Culture sprechen.
Zunächst:
Die Organisation verweigerte ihre eigenen Teilnahme, zum Absagen der Veranstaltung hätten die überhaupt nicht die Möglichkeiten gehabt, sie waren selbst nur Teilnehmer. Abgesagt hat die Stadt, in Reaktion auf den Input dieser Organisation. Bitte bei den Fakten bleiben ;)
Dann: Der Vortrag hieß „Kolonialgeschichte von Afrikanern und Afrikanerinnen her denken“. Es ging also explizit um die afrikanische Perspektive. Darüber kann er sicher referieren, es scheint allerdings absurd jemanden darüber referieren zu lassen, der selbst nicht betroffen ist und gleichzeitig ausgerechnet für dieses Thema Betroffenen keine Plattform zu geben.
Und zuletzt: wie du meiner ersten Antwort sicher entnommen hast, habe ich auch nicht behauptet es gäbe keine Cancel Culture, sie würde lediglich übermäßig dramatisiert. Es werden Menschen aus ideologischen Gründen von Veranstaltungen ausgeschlossen. Ja. Aber wie gesagt: das gab es schon immer und es steht Veranstaltern eben frei, ihre Redner zu wählen. Auch nichts neues.
Ich setze voraus, dass du meine Beiträge liest, bevor du darauf antwortest. Insofern spare ich es mir jetzt auf deine letzte Nachricht ausführlicher zu antworten.
, ich bin auf jeden deiner Absätze separat eingegangen. Mehr kann ich nicht für dich tun. Wenn dir aber argumentativ nicht nach Austausch ist - kein Problem, es zwingt dich keiner.
Es reicht meißtens schon, wenn man einen Witz macht, welchen ein paar Leute nicht lustig finden (schwarzer Humor meißtens) und die Person wird "gecancelled"
Wer hat denn anhand eines Witzes seine Karriere verloren (das ist ja die Definition von Canceln, die am Häufigsten verwendet wird)?
Schon ziemlich viele Leute auf TikTok (bei anderen Plattformen bin ich nicht wirklich aktiv)
aber bei TikTok z.B. @curlyaddy oder so ähnlich
naja er hat halt Witze auf seinem Account hochgeladen die ein paar "toxic" leute nicht gut fanden und dann haben sie ihn sperren lassen
Hier die ganze Sendung dazu SRF Philosophischer Stammtisch
Vieles, was als "CC" bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit eine Meinungsäußerung, die dem Empfänger nicht passt. Dabei werden die wahren Verursacher eines Ausschlusses aus der Gesellschaft bewusst ignoriert. Wenn ich bspw. nach Ungarn schaue, wo Nicht-Heterosexualität bewusst aus dem Alltag ausgeblendet wird und entsprechende Menschen nicht repräsentiert werden, dann ist das schon ein ganz anderes Ausmaß als eine Meinungsäußerung.
Drei Paradebeispiele, die für "Cancel Culture" hervorgebracht werden, sind aktuell eigentlich Nena, Michael Wendler und Xavier Naidoo. Aus irgendwelchen Gründen haben sich aktuell Konzertveranstalter dazu entschieden, diese drei Lichtgestalten deutschsprachiger Musik nicht mehr einzuladen. Weiß gar nicht warum, das könnte vielleicht damit zusammenhängen, dass sich Konzertveranstalter (und alle, die in dem Bereich mitarbeiten) freuen, wenn sie nun unter gewissen Regeln wieder eröffnen und Geld verdienen dürfen und nicht möchten, dass das torpediert wird. Z.B. von Musikern, die dank der Tantiemen von damals, als sie relevante Musik gemacht haben, finanziell abgesichert sind. Wer weiß...
"Cancel Culture" ist mMn. ein anderes Wort für Boykott, und den gab es schon immer. Die Leute, die sich über Cancel Culture (zum Beispiel der drei oben genannten Namen) aufregen, sind ihrerseits oftmals nicht zimperlich darin, selbst Boykotte zu fordern, wenn es um Dinge geht, die ihnen nicht genehm sind.
Meine Erfahrung deckt sich damit, ich bin nur neugierig, ob Andere vielleicht Beispiele haben.