Eltern zu Unterhalt verklagen - zahlungsunfähig?
Hey Leute,
ich wollte dieses Jahr ein Studium in BWL anfangen. Leider bekomme ich trotz meines Werdeganges nur elternabhängiges BAföG zugesichert.
Meine Mutter ist Rentnerin und bekommt "zu wenig" das dort was angerechnet bzw. abgezogen wird.
Mein Vater verdient auf Papier knapp 45000€ Brutto. Er hat vor kurzem eine schlechte gesundheitliche Diagnose bekommen, weswegen er voraussichtlich ins Krankengeld geht und dort auch auf unabsehbare Zeit bleibt. Ggf. auch verfrüht in die Rente geht. Er ist zudem auch privat relativ hoch verschuldet.. Sprich auch nicht unterhaltsfähig.
Gibt es die Möglichkeit irgendwie elternunabhängiges BAföG zubekommen? Was wäre wenn ich mir Unterhalt einklage und keiner der beiden zahlungsfähig ist? Ist für mich ein recht emotional behaftetes Thema, da ich dies nur ungern tun würde.
Finde es nur schade, dass jemand (wie ich) der extra sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach einer schulischen Ausbildung nachgeholt hat, jetzt relativ in der Schwebe ist, was die Finanzierung bezüglich Lebensunterhaltes während Studium anbelangt.
Denn auf der einen Seite langt meine 2 Jährige Ausbildung nicht für elternunabhängiges BAföG, anderseits bin ich vom Kindergeld ausgeschlossenen (geht bei Erstausbildung ja bis 27.), obwohl dies als mein konkreter Bildungsweg für mein Zielstudium / Zielberuf kommuniziert wurde.
LG
3 Antworten
Stelle einen Antrag auf Vorausleistung:
Sollten deine Eltern dir den vom BAföG Amt berechneten Betrag nicht zahlen können oder wollen, stelle so schnell wie möglich mit dem Formblatt 8 einen Antrag auf Vorausleistung nach § 36 BAföG. Das Amt ist somit verpflichtet deinen Antrag unter Berücksichtigung geltendem Zivilrechts erneut zu prüfen. Vorübergehend wird der Betrag, den sie für deine Eltern ausgerechnet hatten vom Amt übernommen (abzüglich Kindergeld). Du bekommst also auf jeden Fall Geld solange die Sache nicht abschließend geklärt ist.
Da Zivilrecht und BAföG zwei paar Schuhe mit unterschiedlichen Regelungen sind, kann es durchaus sein, dass das Amt zu dem Schluss kommt, dass deine Eltern dir gegenüber gemäß §1610 BGB tatsächlich nicht mehr unterhaltspflichtig sind. Entsprechend hättest du deshalb ein Recht auf elternunabhängige Förderung, obwohl du die Voraussetzungen nach §11 Abs. 3 BAföG nicht erfüllst. Dies kann zum Beispiel sein, wenn du eine Berufsausbildung abgeschlossen hast, auch ohne danach 36 Monaten berufstätig gewesen zu sein.
https://www.studierenplus.de/bafoeg/bafoeg-elternunabhaengig/
Im übrigen sind deine Eltern dir gegenüber eh nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet aufgrund deines Werdeganges. Eine Klage kannst du dir sparen. Bringt nichts und dauert u.U. auch ewig und drei Tage. In der Zeit könntest du dich also auch nicht finanzieren! Und Anspruch auf Kindergeld hat man nur bis 25.
Verstehe nur im allgemeinen nicht, warum meine Eltern nicht mehr als unterhaltspflichtig gelten, aber bei meine BAföG angerechnet werden.
Weil BAföG und Unterhalt nach BGB zwei völlig verschiedene Dinge sind. Das eine ist halt Bundesausbildungsförderungsgesetz und das andere Bürgerliches Gesetzbuch.
Wenn BAföG abgelehnt wird oder nur in Teilen anerkannt wird, dann steht auf dem Bescheid ja immer : Eltern haben Summe X zu zahlen. In der Theorie ja, in der Praxis nicht unbedingt. Und in deinem Fall mit der nicht gerade verlaufenden Ausbildung sind sie raus. Da müssen sie also nicht zahlen. Und dann kommt Formblatt 8 ins Spiel...
Beim BAföG solltet ihr aber auch gleich auf die veränderten Einkommensverhältnisse des Vaters hinweisen.
Also laut Rechner würden mir 529€ BAföG zustehen, sprich die Differenz die durch den Verdienst meines Vaters abgezogen werden belaufen sich auf knapp 404€.
Entschuldige falls ich jetzt nochmal so redundant nachfrage, aber bedeutet dass dann: Ich sollte nach aktueller Auffassung die 405€ Differenz als Vorausleistung von BAföG Amt bekommen und wäre so mit auf 934€. Und zahle die dann wie den "normalen" BAföG Satz zurück?
Beim BAföG wird das Kindergeld nicht berücksichtigt, bei einer Vorauszahlung allerdings schon. Also falls du noch Kindergeldberechtigt bist, also unter 25 Jahren.
Die 934 Euro sind der Höchstsatz beim BAföG, beinhalten dann aber auch 122 Euro für die Kranken und Pflegeversicherung, wen du nicht mehr über die Eltern versichert bist.
https://www.mystipendium.de/bafoeg/bafoeg-hoechstsatz
Also würdest du tatsächlich schon mal Anspruch auf 529 Euro haben und dann die Vorauszahlung beantragen, weil die Eltern nicht zahlen müssen / können / wollen, dann dann wären es 529 + 250 = 779
812 oder eben 934 minus 779 = zusätzliche Vorausleistung.
Wären deine Eltern leistungsfähig und müssten zahlen, dann wäre die Rechnung 529 + 250 = 779
930 - 779 = 151 Euro von den Eltern
Also, ich bin leider schon über 25 Jahre, sprich Kindergeld und Familienversicherung fällt für mich weg :/, sonst wäre ich auch nicht so am überlegen.
Wie bereits erwähnt sind meine Eltern aufgrund meines Werdegangs (bereits abgeschlossene schulische Erstausbildung + ü 25 Jahre) nicht verpflichtet Unterhalt zu zahlen. Zudem Mutter und Vater finanziell auch nicht in der Lage aufgrund jeweils persönlicher Situation.
Ich wäre dann bei 779€ BAföG? Oder doch bei den vollen 934€ BAföG?
Egal wie, 779€ würden mir mehr als helfen mit einem Nebenjob von 520€ dazu.
Sorry, falls ich ein wenig blöd im Bezug auf den Sachverhalt bin..
Wenn du kein Kindergeld mehr bekommst und der Satz für KV und PV auch gezahlt wird, dann liegst du wieder beim Höchstsatz.
Wichtig ist eben für die Vorausleistung, dass du deine Eltern schriftlich und nachweislich aufforderst dir Unterhalt zu zahlen. Das lehnen sie ab und beide Schreiben legst du dann dem BAföG Amt vor neben dem Antrag auf Vorausleistung.
Danke dir, mega lieb für deine ganze Hilfe / Auskunft. Können sie ihn dann einfach so ablehnen, indem sie begründen das sie aufgrund meines Werdegangs und meines Alters nicht mehr unterhaltspflichtig sind?
Möchte ungern dass die beiden Probleme aufgrund dessen bekommen.
Sie lehnen einfach ab ohne Begründung. Das BAföG Amt kommt auf sie zu und fragt nach. Dann schreiben sie eine entsprechende Begründung, dass sie nach BGB nicht zahlen müssen. So weiß das Amt, dass eine Klage gegen sie erfolglos bleibt. Du bekommst dennoch dein BAföG.
Ich kann dir wirklich nicht genug danken! Habe weder am Telefon noch sonst wo eine gute Auskunft bekommen.. Sehr, sehr lieb von dir! :)
Ich hoffe es klappt alles wie gewünscht bei dir und du kannst dein Studium machen!
Den BAföG Antrag den du stellst, machst du gleich unter dem veränderten Einkommen des Vaters! Und denke daran: es dauert eine Weile bis Alles durch ist. Der BAföG Antrag so um die 8 Wochen (ggf. auch länger) und die Vorauszahlung dann auch nochmal. Ein gewisses Polster solltest du dir also bis dahin angespart haben um die Zeit zu überbrücken.
Ja, ich habe in gewisses Polster. Muss dann halt dahin noch umziehen, wird ein wenig schmaler, aber wird schon. :)
Wirklich nochmal vielen lieben Dank! War die letzten Tage ziemlich niedergeschlagen, was die ganze Thematik betraf. Kann dir entsprechend nicht genug für deine Hilfe danken! :)))
Gern geschehen! Und sollte das Amt deine Eltern fragen, ob sie von deinen Studienplänen wussten: nein, natürlich nicht. Denn auch bei einem sehr ungeraden Ausbildungsweg könnte ein gewiefter Anwalt eine Unterhaltspflicht der Eltern konstruieren.
Eine Übertragung der für die Fälle „Abitur-Lehre-Studium“ entwickelten Grundsätze auf die Fälle, in denen nach dem Realschulabschluss eine Lehre absolviert und der Besuch der Fachoberschule zur Erlangung der Fachhochschulreife und ein Fachhochschulstudium angeschlossen wird, lehnt der BGH bislang ab (zuletzt noch: BGH, Beschluss v. 8.3.2017, XII ZB 192/16). Nur dann, wenn
das Kind von vornherein, also bei Beginn der Lehre, die Absicht hatte, nach der Lehre die Fachoberschule zu besuchen und anschließend zu studieren, bejaht er den Unterhaltsanspruch.
Die Absicht, über die Lehre hinaus eine berufliche Weiterbildung zu absolvieren, muss dabei nach außen zumindest einem Elternteil gegenüber erkennbar gemacht worden sein.
Erübrigt sich allerdings eh, wenn dein Studium so gar nichts mit der Ausbildung zu tun hat. Also Bäcker gelernt und dann BWL wären zwei Ausbildungen die die Eltern dann eh nicht finanzieren müssten.
Aber bedenke bei allem: ich bin rechtlicher Laie! Alles also ohne Anspruch auf Richtigkeit :-).
War eine kaufmännische Ausbildung, also theoretisch ist da ein roter Faden zu erkennen, aber wie du schon sagst, sie wussten von nichts! ;) danke übrigens für diese Zusatzinfo! Würde dir gerne einen doppelten Stern vergeben haha :)
Würde dir gerne einen doppelten Stern vergeben
Machst du dann gedanklich, wenn alles geklappt hat ;-).
Nein, die Bedingungen für das Elternunabhängige BAföG erfüllst du nicht. An Elternabhängigem BAföG führt kein Weg vorbei. Du könntest aber einen Antrag auf Aktualisierung des Einkommens stellen, wenn dein Vater jetzt deutlich weniger Geld bekommt. Dann wird das aktuelle Einkommen als Berechnungsgrundlage genommen. Eine andere Möglichkeit hast du nicht. Du kannst deinen Vater natürlich auf Zahlung von Unterhalt verklagen, das musst du halt entscheiden, ob du diesen Weg gehen willst.
Nunja,
mein Vater geht ab nächste Woche dann für unbestimmte Zeit in Krankgeld. Mir wurde schon gesagt, dass ich Formblatt 7 ausfüllen soll und es hochrechnen muss. Ist halt nur die Frage wie lange die Situation so ist. Chronische Krankheiten sind halt nicht absehbar.
Bei der Unterhaltsklage ging es nur darum, das es dann per Verschuldung zeigen kann, dass es nicht Zahlungsfähig ist und ich so ggf. doch elternunabhängig bekomme. Denn praktisch ist es das nämlich auch nicht - also zahlungsfähig.
Er würde mir ja trotz allem ( 40% Gehaltseinbuße und Verschuldung) unterstützen, aber ich möchte ja kein Geld von ihm nehmen, sowie auch nicht von meiner Mutter.
Ansonsten studiere ich halt nicht. Weil bei aktueller Zinslage ist ja sogar ein Studienkredit kaum zumutbar.
Schulden werden bei der Berechnung von BAföG und Unterhaltsberechnungen nicht berücksichtigt. Das ist dann (drastisch gesagt) alleine das Problem deines Vaters.
Danke, damit hat sich meine Frage erledigt. Das ist zwar ziemlich Schade, aber so ist das manchmal. :) Vielen Danke dir dennoch für deine fachliche Auskunft!
Weiss nicht ob du meine PN /
FA bekomme hast, aber ich
frage dennoch hier nochmal kurz : Und zwar, weißt du ggf. ob es für mich möglich ist Kindergeld bis 27. neu zu beantragen? Habe die schulische Ausbildung ja nur als Sprungbrett genutzt, um so die allgemeine Hochschulreife zubekommen, damit ich dann mein Wunsch, sprich Studium in Anspruch nehmen kann.
Würde mich dann in meiner aktuellen Lage entlasten. Mehr als diesen Betrag würde ich nicht benötigen, um nicht groß verschuldet durch die 2-3 Jahre zu kommen.
Und zwar, weißt du ggf. ob es für mich möglich ist Kindergeld bis 27. neu zu beantragen?
Kindergeld gibt es nur bis 25. Es sei denn du bist behindert und erfüllst die entsprechenden Kriterien. Dann hätten die Eltern lebenslang Anspruch auf Kindergeld für dich.
Danke dir auch für die Auskunft bezüglich dieser Frage :)))
Sorry, nein hatte ich leider nicht gesehen. Anspruch auf Kindergeld besteht hier nicht mehr, da die Erstausbildung bereits abgeschlossen ist. Google aber mal nach Stipendien für Studenten. Da gibt es einige von privaten Anbietern. Viele wissen das nicht, so das man dort gute Chancen hat, noch ein paar Euro abzugreifen. Ansonsten gibt es noch den KfW Studentenkredit, bei dem Einkommen keine Rolle spielen. Der muss aber komplett zurückgezahlt werden. Das kann eine Schuldenfalle sein.
Ich habe vor dem Studium was gearbeitet, und parallel zum Studium auch.
Kann ich empfehlen. Gibt Geld.
Und man muss nicht seine eigenen Eltern verklagen.
Ich habe letztes Jahr mein Abitur nachgeholt, das gesamte letzte Jahr gearbeitet und 65% meines Gehalt an meinen Eltern für die Jahre gegeben, wo sie sich um mich gekümmert haben.
Suggeriere mir bitte nicht so, dass ich faul oder undankbar bin.
In meine finanzielle Kalkulation fließt ein 520 € Job schon ein.
Danke für die Antwort!
Zivilrechtlich sind meine Eltern ja nicht mehr unterhaltspflichtig, sagst du gegen Ende ja selber. Es ging auch nie darum, bei meinen Eltern "wirklich" Unterhalt einzuklagen ,sondern damit anerkannt wird, dass diese nicht zahlungsfähig wären, selbst wenn sie wollen würden - was sie ja gerne würden. bzw. sogar tun würden, aber ich möchte keine Bürde mehr für sie sein.
Dachte es wäre ggf. eine Option, aber dann muss ich schauen bezüglich formblatt 8.
Danke nochmal!
Verstehe nur im allgemeinen nicht, warum meine Eltern nicht mehr als unterhaltspflichtig gelten, aber bei meine BAföG angerechnet werden. Macht nur bedingt für mich Sinn..