Eltern wollen, dass ich mein Abi mache, ich nicht, wie gehe ich damit um?
Bis vor kurzem wollte ich nach meinem Realschulabschluss auf einer Gemeinschaftsschule mein Abi an einem Beruflichen Gymnasium machen. Meine Eltern haben mich dabei unterstützt, ich habe Nachhilfe genommen usw. Seit einiger Zeit bin ich am überlegen ob ich nicht lieber in die Pflege gehen sollte. Der Umgang mit Menschen macht mir großen Spaß und ich kann mir wirklich vorstellen das mein Leben lang zu machen. Ich habe mit meiner Mutter darüber geredet und nun ist sie sehr sauer auf mich, das verletzt mich sehr und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll schließlich möchte ich nichts machen was mich auf Dauer unglücklich macht.
Wie würdet ihr mit der Situation umgehen? Evtl habt ihr ja Tipps wie ich meinen Eltern erklären kann, dass die Oberstufe eine Nummer zu hoch für mich ist und nicht das was ich mir für mein Leben wünsche.
9 Antworten
Bin selbst Vater von 2 Kindern, die nun erwachsen sind. Außerdem habe ich viele Neffen und Nichten, die die verschiedensten Wege gegangen sind (und noch gehen). Darüberhinaus hatte ich im Betrieb einige sehr junge Praktikanten. Somit glaube ich, dass ich mir ein gutes Urteil erlauben kann zu der Frage, ob man denn nun unbedingt Abitur haben muss oder nicht.
Leider entwickelte sich in den letzten ca. 20 Jahren der Trend dahin, dass viele meinen, ohne Abitur sind meine Kinder nichts wert und nur mit Abitur hat man gute Chancen im Beruf. Das ist absolut falsch. Ein sehr berühmter und allgemein anerkannter Philosophie-Professor (Nida-Rümelin) warnt mittlerweile vor einem "Akademisierungswahn". Hier ein Link: http://www.koerber-stiftung.de/mediathek/player/der-akademisierungswahn-1.html
Es gibt viele, für die die Schule auf Dauer ungeeignet ist, um sie gut heran zu bilden. Abitur ist kein Allheilmittel und der oben beschriebene Trend hat schon zu verschiedenen schlechten Entwicklungen geführt: Schüler werden auf Biegen und Brechen zum Abitur gedrängt, durch die Prüfungen gezwängt.
Selbstverständlich muss dann irgendwas studiert werden. Auch das gehört einfach zum guten Ton. Oft wird dann abgebrochen und was neues angefangen. Hat man einen Bachelor-Abschluss, wird dieser bei den Unternehmen nicht wirklich anerkannt, Master ist aber vielleicht nicht zu schaffen. Am Ende, nach langer Leidenszeit, steht man da und hat nicht wirklich was in der Hand.
Wenn es Dein Wille ist, nach dem Realschulabschluss erst einmal einen Pflegeberuf zu lernen, dann sind bis dahin gerade mal 3 Jahre vergangen. In dieser Zeit hast Du einen Berufsabschluss gemacht, bist persönlich gereift und vermutlich auch volljährig. Dann hast Du vielleicht sogar die Motivation, wieder in die Schule zu gehen, um das Abitur zu machen und dann zu studieren. Entweder, was zu Deinem erlernten Beruf passt oder was ganz anderes.Wenn Du jetzt in normalem Alter den Realschulabschluss machst, bist Du ca. 16 Jahre alt. Abschluss der Berufsausbildung ist dann im Alter von 18 oder 19. Mit zwei Jahren Schule dran bist Du 21 und hast Dein Abi. Viele Gymnasiasten machen ihr Abi erst in diesem Alter. Du versäumst also nichts. Ganz im Gegenteil. Wenn Du dann zu studieren anfängst, hast Du vielen Deiner Kommilitonen, die gerade von der Schule kommen, einiges voraus.
Möglicherweise werden Teile Deiner Berufsausbildung im Studium als Praktikum anerkannt, sodass das Studium auch noch schneller geht.
Ich kenne mittlerweile viele Beispiele von jungen Menschen, die 25 Jahre alt sind oder knapp 30 und teilweise ganz verschlungene Wege gegangen sind, aber nun einen guten Beruf und häufig eine sehr gute Anstellung haben.
Deine Eltern sollten stolz auf Dich sein, dass Du Dir selbst gut Gedanken machst, um Deinen Weg zu finden und nicht irgendwas machen willst, nur um ihnen zu gefallen.
Viel Erfolg!
Danke. Mittlerweile habe ich im Bekanntenkreis von einem Negativbeispiel erfahren, wie es nicht laufen sollte: Schon früh Schwierigkeiten im normalen Gymnasium, dann Wechsel auf ein Privatgymnasium - sehr hohe Kosten, Abitur und dann Studium. Jetzt ist das Studium beendet. Leider ohne Abschluss. Der junge Mann ist jetzt 26 Jahre alt und fängt nun eine Ausbildung an. Gut, er kann sagen, er hat Abitur, aber was nützt es ihm? Die Ausbildung hätte er vor 10 Jahren schon anfangen können und mittlerweile einen ganz anderen, weit erfolgreicheren Weg gehen können. Immerhin, die Eltern waren sehr glücklich, als er das Abitur hatte...
Mach das Abi! In der Sozialbranche kannst du später auch noch arbeiten, sollte es dir noch immer zusagen. Die Pflege ist ein sehr schwerer Bereich!
Ich würde auf deine Eltern hören und das Abi machen. Eine Ausbikdung als Pfleger kannst du hinterher immernoch machen und die zwei Jahre sind kein Weltuntergang.
Vielleicht hast du Beispiele wo du den Eltern zeigen kannst, seht darum ist es eine Nummer zu groß. Anhand von Beispielen verstehen sie vielleicht eher dass das Abi zuviel ist. Es ist ja schon nicht grad toll wenn es nur mit Nachhilfe geht. Es ist vermutlich ein echter Stressfaktor für dich.
Ich würde dir das Abi empfehlen. Die Ausbildung kannst du trotzdem noch machen, hast aber zumindest einen besseren Schulabschluss in der Hand falls sich mal eine andere Situation ergibt.
Im übrigen kannst du dir zwar vorstellen das dein Leben lang zu machen, aber du wirst es nicht können. Die meisten Altenpfleger schaffen es aus gesundheitlichen Gründen (meist Rückenbeschwerden) nicht das Rentenalter in diesem Beruf zu erreichen.
Auch wenn es etwas her ist....sehr guter Kommentar!