Man muss sich nur vor Augen halten, wie die letzte Parlamentswahl verlief.
Die Fidesz-Partei gewann mit rund 54 %. Die vereínigte Opposition schaffte rund 46 %. In Budapest gewannen die Oppositionsparteien in fast allen Bezirken. Außerhalb Budapest lag die Fidesz-Partei oft mit weitem Vorsprung vorne.
Wenn man sich in Ungarn umschaut, erkennt man ein großes Stadt-Land-Gefälle. Alle Gebiete außerhalb Budapest sind relativ arm. Die Leute verdienen dort viel weniger und die Arbeitslosigkeit ist oft hoch. Jobchancen für die Jugend sind dünn gesät. Wenn sich Orban das Wahlergebnis anschaut, wird er kein großes Interesse daran haben, dass sich daran sehr viel ändert. Übrigens ganz ähnlich ist es in Russland. Und auch ganz ähnlich in den USA. Überall da, wo sich die Menschen abgehängt fühlen, hat ein "starker Führer" weit bessere Aussichten, die Menschen in seinem Sinn zu beeinflussen.
Riesige Menschenmassen auf den Straßen von Budapest können den Menschen auf dem Land evtl. signalisieren, dass irgendwas nicht so optimal ist. Davor hat Orban wohl ziemlich Angst.
Die große Frage ist also, wie wird die Bevölkerung im übrigen Ungarn auf den "Rechtsbruch" des Budapester Bürgermeisters reagieren. Werden sie erkennen, wo der eigentliche Rechtsbruch stattfindet oder schlagen sie sich weiterhin mehrheitlich auf die Seite von Orban.
Ich halte die Demo für ungeheuer wichtig, aber meiner Meinung nach täte Orban gut daran, das Thema abzuhaken und nicht anzufangen, nun massenhaft Teilnehmer zu verfolgen.
Was jeder Autokrat gerne macht, ist natürlich, sich einzelne Personen raus zu greifen und an denen ein Exempel zu statuieren. Bisher ist mir allerdings nicht bekannt, dass in Ungarn auch Regierungsgegner unter irgend einem Vorwand eingesperrt und so außer Verkehr gezogen werden, so wie man das von Russland kennt.