Doppelte Unendlichkeit?

8 Antworten

Hallo justaguy95,

die Unendlichkeit in Deinem Beispiel hat etwas mit der Mächtigkeit oder Kardinalität von Mengen zu tun. Wenn X eine Menge ist, wird deren Kardinalität als card(X) oder |X| bezeichnet.

Sind |X| und |Y| endlich, kann man im Prinzip einfach die Elemente durchzählen. Pfiffiger ist es, eine Abbildung f:X→Y zu suchen, die bijektiv ist, also eine 1:1-Abbildung.

Eine Abbildung f ist dadurch definiert, dass es für jedes x∈X genau ein y∈Y gibt, sodass f(x)=y ist. Eine Abbildung heißt

  • injektiv, wenn sie umkehrbar eindeutig ist, es also für jedes y∈Y höchstens ein x∈X mit f(x)=y gibt, und
  • surjektiv, wenn sie umkehrbar eindeutig ist, es also für jedes y∈Y mindestens ein x∈X mit f(x)=y gibt.

Bijektiv heißt injektiv und surjektiv. Gibt es eine bijektive Abbildung f:X→Y, ist |X|=|Y|.

  • Gibt es keine injektive Abbildung f:X→Y, ist |X|>|Y|.
  • Gibt es keine surjektive Abbildung f:X→Y, ist |X|<|Y|.

Das gilt auch noch für unendliche Mengen. Keine Multiplikation mit einer oder Division durch eine endliche Zahl ändert etwas an der Kardinalität, und bei unendlichen Mengen kann man sogar beliebig oft das Kreuzprodukt sich selbst bilden, ohne dass sich die Kardinalität ändert. Deshalb gibt es sogar ,,genauso viele" Rationale und sogar genauso viele Algebraische wie Natürliche Zahlen.

Bei den Transzendenten Zahlen ist Schluss, das sind definitiv ,,mehr", wie CANTOR mit seinem Diagonalelement zeigen konnte.

Die unendlichen Kardinalitäten werden zwar Kardinalzahlen genannt, sind aber eher Kategorien als Zahlen, wie ,,endlich" eine ist.

Die nächstgrößere, die kleinste unendliche Kardinalität, wird übrigens auch ,,abzählbar" genannt und mit ℵ₀ bezeichnet.

Kontrastprogramm: Nichtstandzahlen

Eine völlig andere Art von Unendlichkeit wird durch die Nichtstandardanalysis definiert; in diesen Fällen sind die gefragten Größen echte Zahlen mit Kehrwerten, die man infinitesimal nennt. Sie werden über Folgen definiert, und zwei von ihnen sind auch dann unterschiedliche Zahlen, wenn sie unendlich sind und ihre Differenz infinitesimal ist.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
justaguy95 
Fragesteller
 10.09.2019, 21:28

Wow okay ich versuche das Mal zu verstehen 😅

Mir ist da was anderes in den Sinn gekommen. Wenn ich ein Lineal habe und meinen Finger von 0-1 cm bewege, wie kann es dann sein dass ich meinen Finger Zwischen undendlichen zahlen in einer endlichen Zeit bewege ?

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SlowPhil  10.09.2019, 22:36
@justaguy95
Wow okay ich versuche das Mal zu verstehen.

Versuche es zunächst anhand zweier kleiner endlicher Mengen zu verstehen:

Du hast n Murmeln und m Mulden, von denen jede theoretisch alle Murmeln fassen kann. Du sollst alle Murmeln auf Mulden verteilen.

Das macht die Verteilung automatisch zu einer Abbildung, weil auch keine Murmel in mehr als einer Mulde liegen kann.

Jetzt versuchst Du die Murmeln möglichst gleichmäßig zu verteilen. Zunächst legst Du eine Murmel in je eine Mulde, bis entweder die Murmeln alle verteilt sind oder alle Mulden mindestens eine Murmel enthalten.

Oder beides. Dann ist n=m.

Wenn n <m ist, bleiben Mulden leer (nicht surjektiv). Wenn n>m ist, gibt es Mulden mit mehr als einer Murmel (nicht injektiv).

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SlowPhil  10.09.2019, 22:59
@justaguy95
Wenn ich ein Lineal habe und meinen Finger von 0-1 cm bewege, wie kann es dann sein, dass ich meinen Finger zwischen unendlichen Zahlen...

Zwischen unendlich vielen Zahlen.

...in einer endlichen Zeit bewege?

Das erinnert stark an die Paradoxa des Zenon von Elea.

Eines davon lautet, ein Läufer müsste zum Starten eigentlich unendlich viel Zeit brauchen, denn bevor er eine Strecke s vollendet, müsse er die Hälfte, zuvor davon die Hälfte usw., was unendlich viele endliche Summanden ergebe und die könnten nicht endlich sein.

Der Denkfehler besteht darin, dass Zenon soeben die endliche Strecke s in unendlich viele endlich große Summanden zerlegt hatte.

Es ist nicht gesagt, dass sich Stecken und Zeitspannen überhaupt unendlich teilen kann. Mit Materie ist das ohnehin so eine Sache; sie besteht aus Atomen, die auch noch Wellen und damit gleichsam ,,verwaschen" sind.

Aber selbst wenn, besteht auch die Zeitspanne ebenso aus unendlich vielen Zeitpunkten, wie die Strecke aus unendlich vielen Punkten besteht.

Je enger zwei Punkte zusammen liegen, desto kürzer auch die Zeit, die Du von einem zum anderen Punkt brauchst.

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Es gibt tatsächlich unterschiedliche Wertigkeiten des Unendlichen (Mächtigkeiten), aber in diesem Fall lässt sich eine simple Abbildung finden die zeigt, dass die reellen Zahlen in A [0, 1] mindestens die gleiche Mächtigkeit wie die in B [0, 2] haben.

Mit a aus A und b aus B lässt sich für jedes b ein a finden, sodass gilt b = 2a. Das heißt, mit allen Zahlen aus A kannst du auch alle Zahlen aus B darstellen.

Im Gegensatz dazu gibt es aber z.B. keine Möglichkeit, jedes Element von A durch eine Abbildung ausgehend von den natürlichen Zahlen darzustellen, d.h. die Mächtigkeit der Menge A ist größer als die der natürlichen Zahlen. Oder etwas komisch: Es gibt mehr reelle Zahlen zwischen 0 und 1, als es natürliche Zahlen gibt.

Unendlich verhält sich wie null, ist im Grenzübergang der Kehrwert von null.

So wie 1/2 * 0 = 0, so ist 2 * 1/0 = 1/(1/2) * 1/0 = 1/(1/2 * 0) = 1/0

SlowPhil  10.09.2019, 19:47

Im Grenzübergang - da interessiert man sich aber nicht wirklich für die Unendlichkeit selbst. Das scheint mir mit dem Potential-Unendlichen gemeint zu sein. Mit der Frage hat dies aber deshalb nicht viel zu tun, weil es da um etwas Aktual-Unendliches geht, nämlich Reelle Intervalle.

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Antwort : Nein.

Wenn man Unendlichkeiten vergleichen will , muss man von Mächtigkeiten reden.

Zwei Mengen von Zahlen sind gleichmächtig , wenn sie sich systematisch einander zuordnen lassen.

https://de.wikibooks.org/wiki/Mathe_f%C3%BCr_Nicht-Freaks:_M%C3%A4chtigkeit_von_Mengen

Halbrecht  10.09.2019, 18:38

Aber Fragesteller : Dein Gefühl ist nicht verkehrt , nur die Mathematik in diesen Fällen klar und eindeutig brutal.............. Wenn man dein Beispiel weiterspinnt , dann ist 0 3 wieder unendlicher und 0 4 usw . Ja man kann schon jede Zahl nehmen und es wird mit jeder größeren Zahl unendlicher ..................

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Sehr schöne Frage :-))) Aber ich glaube, das ist so wie mit der Null.

Das Doppelte von nichts ist auch nichts - und das Doppelte von unendlich eben auch unendlich.^^

SlowPhil  10.09.2019, 18:38

Gleichwohl gibt es unterschiedliche Mächtigkeiten: |ℝ|>|ℕ|.

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