Das Fehlen einer großen strategischen Bomberflotte der deutschen Luftwaffe im 2. Weltkrieg ist immer wieder Doku-Thema. Doch hätte es überhaupt etwas gebracht?

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Deutschlands Industrie war nicht fähig, einen schweren Langstreckenbomber in derart großer Serie zu produzieren, um nach alliiertem Vorbild trotz hoher Verluste eine Flotte von mehr als 1000 schweren Bombern gleichzeitig im Einsatz halten zu können. Deutschlands Industrie war auch nicht fähig, den dafür notwendigen Treibstoff zu produzieren.

Das Problem der begrenzten Leistungsfähigkeit der Industrie war auch in Berlin bekannt und es war das wichtigste Argument gegen schwere Horizontalbomber und für Stukas. Stukas erledigten wegen ihrer viel besseren Trefferquote die gleiche Aufgabe zum halben Preis, man konnte also doppelt so viele bauen und damit den doppelten Schaden anrichten. Während die Ju87 für alle sichtbar ein Kurzstreckenflugzeug war, das einen strategischen Langstreckenbomber nicht ersetzen konnte, gab es in der Vorkriegszeit eine übermäßig optimistische Einschätzung hinsichtlich der Leistungsfähigkeit künftiger zweimotoriger Bomber. Dem zu diesem Zeitpunkt bereits Staatskonzern Junkers ist es gelungen, die sturzfähige Ju88 als praktisch leistungsgleich mit viermotorigen Bombern zu verkaufen (inklusive Propagandabildern die eine Reichweite über die kompletten britischen Inseln suggerierten) und dem teuren Fehlschlag Ju288 wurden geradezu Fabelleistungen angedichtet.

Die scheinbar einfache Rechnung, wonach ein Sturzbomber wegen seiner Treffsicherheit einen unerreichbaren Preisvorteil gegenüber Horizontalbombern hätte, war auch der Grund, warum jedes deutsche Bomberprogramm der letzten Vorkriegsjahre bzw. der ersten Kriegsphase sturzfähig sein sollte. Diese Forderung ist der Grund des Scheiterns der He177 und sie ist der Grund weshalb die Do217 eine untermotorisierte Zweimotorige wurde die sich gegen die Ju88 nie durchsetzen konnte.

Auch wenn eine große, strategische Bomberflotte für Deutschland nicht realisierbar war, hätte es sich auf die Fähigkeiten der Luftwaffe sehr positiv ausgewirkt, einen technisch ausgereiften Langstreckenbomber wenigstens in kleinen Zahlen in den Einsatz bringen zu können. Die Luftwaffe war unfähig Gibraltar zu erreichen, sie war unfähig die nach Osten verlagerte Industrie der Sowjeunion zu erreichen und sie war unfähig den Atlantik großflächig zu überwachen.

Die Luftwaffe hat mühsam und mit mäßigem Erfolg versucht, diese Lücken mit Fw200C und He177 und schließlich einer Hand voll Ju290 zu schließen. Die Fw200 war von Anfang an nicht leistungsfähig genug und hatte kein weiteres Entwicklungspotential. Sie war kaum in der Lage, die östliche Hälfte des Atlantiks zu überwachen und war praktisch nicht überlebensfähig wenn sie auf Gegenwehr gestoßen ist. Die He177 war technisch nie zuverlässig was zu hohen Verlusten ohne Feindeinwirkung führte und ihre Reichweite war genauso unzureichend wie die der Fw200. Der riesige Frachter Ju290 war untermotorisiert und dadurch langsam und schwerfällig, außerdem für die Aufgabe als Seefernaufklärer unverhältnismäßig teuer und deswegen nur in winzigen Zahlen verfügbar.

Ein konventioneller, viermotoriger Langstreckenbomber hätte diese Aufgaben besser erfüllen können. Kriegsentscheidend wäre er aber auch nicht gewesen. Den Krieg im Osten hat schiere Masse gewonnen, während den Krieg im Westen das Magnetron und hochoktaniges Flugbenzin gewonnen haben.

Ja, das Fehlen einer großen strategischen Bomberflotte wird oft diskutiert, aber die Frage ist, ob es wirklich einen Unterschied gemacht hätte. Selbst wenn Deutschland schwere Bomber wie den “Ural-Bomber” gehabt hätte, hätte es an Besatzungen und Ressourcen gefehlt, um diese effektiv einzusetzen. Die Luftwaffe hatte schlichtweg nicht genug Kapazitäten, um an beiden Fronten wirksam zu bomben. Letztlich hätte es wohl nicht viel verändert.

Cheers.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Lufthansa Rookie

Ich bin kein Historiker..aber wenn ich mich nicht irre, war die da und London kurz vor kapitulieren