Bei der Gedichtsinterpretation den Inhalt zuerst erzählen?

7 Antworten

Generell in 1-2 Sätzen am Anfang, dann ausführlicher mit der restlichen Analyse kombiniert.

Es kommt aber auch darauf an, was dein Lehrer verlangt (ich denke mal, du machst das nicht aus Spaß in deiner Freizeit...)

Es hat gar keinen Sinn, den Inhalt eines Gedichtes zusammenzufassen, aber offenbar gibt es Lehrer, die das so haben wollen. Fehlende Einsicht in das Prinzip der Lyrik: ein Gedicht ist nicht Inhalt in schönen rhetorischen Gewändern.

"umschreiben" kannst du dagegen im Laufe der Interpretation die Stellen, die mit Verständnisschwierigkeiten verbunden sind (und diese Umschreibung soll natürlich sorgfältig belegt und gerechtfertigt werden).

Da es bei Gedichten nicht prioritär auf den "Inhalt" ankommt, sondern auf die Sprachmelodie, die Bilder und die Metaphern, kann man den Inhalt oft in einem einzigen Satz wiedergeben.

Nimm beispielsweise mal das Gedicht "Astern" von Benn. Bringt es da den geringsten Erkenntnisgewinn, wenn Du den Inhalt der folgenden Zeilen erzählst.

Astern - schwälende Tage,
alte Beschwörung, Bann,
die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.

Noch einmal die goldenen Herden,
der Himmel, das Licht, der Flor,
was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?

Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du -
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu.

noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht:
Die Schwalben streifen die Fluten
Und trinken Fahrt und Nacht.

Inhalt: Götter manipulieren eine Waage. Und Herden goldener, nicht artspezifisch einzuordnenden Tiere laufen umher. Und das Werden, was immer das sein mag, brütet etwas unter den Flügeln hervor, was uns der Dichter nicht explizit verrät. Der Sommer lehnt an einem Felsen und sieht zu, wie sich Schwalben – vermutlich mit offenem Schnabel – von Fahrt und Nacht ernähren, wobei nicht auf den Nährwert von Nacht und Fahrt eingegangen wird. Auch das Chillen des Sommers beruht ausschließlich auf Vermutungen.

Das würde mich als Deutschlehrer tief beeindrucken. :-)))

Kommt drauf an, welcher Struktur du nachgehst... das ist auch mehr oder weniger gedichtabhängig. In der Regel wird es so angegangen, dass in der Einleitung das Thema und der Inhalt kurz und prägnant aufgezeigt wird, welchen du im historischen Kontext setzt.

Am Anfang des Hauptteils setzt du dich mit der Struktur des Gedichts auseinander. Sprich: Strophen, Verse, Reime, Metrum, Kadenz etc. und beschreibst diese ohne Wertung.

Dann gehst du an die einzelnen Strophen. Hier beschreibst du in eigenen Worten kurz, was in der jeweiligen Strophe passiert und baust darauf deine Analyse der Stilmittel und was du ebend sonst noch herausgefunden hast auf. So kannst du dich von Strophe zu Strophe hangeln (Lineare Gedichtinterpretation).

Also ich hab das damals immer so gemacht:

  1. Thema der Strophe nennen
  2. Sachliche (deskriptive) Wiedergabe der einzelnen Verse
  3. Rhetorische Figuren der einzelnen Verse benennen und allgemein erläutern
  4. Intention des Autors verdeutlichen durch die Verknüpfung der Figuren mit deren Wirkung
  5. Abschließend: Zusammenfassung aller Verse (interpretativ)