Auslandsjahr abgebrochen/verkürzt?
Hat jemand von euch schonmal sein Auslandsjahr abgebrochen oder verkürzt?
Wenn ja, warum?
Bereust du es? Was würdest du anderen empfehlen?
2 Antworten
Ich habe mein Austauschjahr nicht abgebrochen, möchte aber aufgrund meiner Erfahrung mit Austauschschülern folgendes dazu sagen.
Bei fast allen, die vorzeitig abbrechen, kommt es an irgendeinem Punkt im Leben dazu, dass sie die Entscheidung, abzubrechen, in unterschiedlicher “Intensität” bereuen. Meist geschieht das nicht direkt nach dem Abbruch, sondern dauert zwischen einigen Tagen bis einigen Jahren. Umgekehrt habe ich übrigens noch nie von jemandem, der “auf Brechen und Biegen” durchgezogen hat gehört, dass der das bereut hätte.
Über die Gründe kann auch ich eigentlich nur spekulieren, jedoch ist meine Theorie dazu (die wie gesagt auf der Erfahrung basiert, die ich unter anderem im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit gemacht habe), dass es oft (nicht immer!) einfach nur zu früh war. Sich alleine aufzumachen in ein in der Regel ja unbekanntes Land mit unbekannten Menschen, und alles Bekannte, alle Bezugspersonen, eben die ganze Komfortzone hinter sich zu lassen, erfordert nun einmal, dass der jugendliche Abnabelungsprozess schon zu einem gewissen Punkt fortgeschritten sein muss. Da dieser Abnabelungsprozess ja aber in diesem Alter natürlich erstmal nur mental stattgefunden haben kann, ist es schwierig, sowohl für die Austauschschueler selbst als auch für deren Eltern (die haben sowieso häufig die schlechteste aller Einschätzungen) als auch für Außenstehende (zum Beispiel von der Organisation), das zu beurteilen. Und so gibt es eben jedes Jahr immer wieder Jugendliche, wo man dachte, die seien “schon so weit”, und dann waren sie es aber eben doch nicht. Ich verstehe, dass das schon aus finanziellen Gruenden extrem ärgerlich ist, aber ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass man das 100% verhindern kann. Schüleraustausch ist zu einem gewissen Grad immer “trial and error”. Insofern bringt es eigentlich auch nichts, im Nachhinein solche Entscheidungen zu bereuen, aber naja… irgendwann trifft dann eben die meisten wirklich leider die Erkenntnis, dass das eine einmalige Chance war, die sie halt leider nicht (vollständig) genutzt haben. Und so bleibt zum Beispiel Ehrenamtlichen wie mir nicht viel anderes übrig, als aktuelle Austauschschüler, bei denen ein Abbruch im Raum steht, dazu zu motivieren, irgendwie durchzuhalten (andererseits aber auch nicht, wenn der psychische Schaden wirklich größer ist als der erwartbare Nutzen). Genau wie bei der Beurteilung im Voraus ist es auch an dieser Stelle immer schwierig einzuschätzen, ob der Austauschschueler das kleine Stück Abnabelungsprozess, das ihm fehlt, durch spontanes inneres Wachstum noch ausgleichen kann oder ob da wirklich noch zu viel fehlt.
Was ich den Jugendlichen in solchen Situationen immer gerne sage ist, dass ein Jahr nicht viel Zeit ist, auch wenn es sich in der Situation vielleicht so anfühlt. Schon zwei bis drei Jahre nach dem Austauschjahr werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit entweder ein Studium oder eine Ausbildung beginnen und müssen für diese häufig auch umziehen, und zwar für länger als ein Jahr. Und selbst wenn nicht, zumindest einige ihrer Freunde, die sie gerade so vermissen, werden es. Sehr, sehr viele Jugend-Freundschaften (und übrigens auch -Romanzen) verlaufen sich in dieser Lebensphase sowieso im Sand. Und wenn das dann nämlich passiert, und die Leute wegen eben diesen Freunden / Partnern drei Jahre zuvor ihr Austauschjahr abgebrochen hatten, das ist dann zum Beispiel so ein kritischer Moment für aufkommende Reue… Freunde und Beziehungspartner wechselt man statistisch gesehen sowieso noch mehrfach im Leben (und wie gesagt, selbst wenn nicht wird es so oder so im Leben immer wieder Phasen der vorrübergehenden räumlichen Trennung geben); so ein Austauschjahr kann man hingegen wirklich nur dieses eine Mal machen. Ja, es gibt Work&Travel und andere Dinge, und viele von denen, die mal einen Schüleraustausch abgebrochen haben, machen das dann eben halt auch später, aber sie denken sich dann eben auch häufig “Toll, das hätte ich alles auch schon damals haben können… Was war damals mein verdammtes Problem?”
Dieser Kommentar hat mir so unglaublich geholfen, ich bleibe auf jeden Fall hier! Vielen Dank!
Ich selber hab noch keins Abgebrochen, aber ich könnte es verstehen, wenn ich eine andere Gastfamilie hätte. Ich finde es wichtig das man sich gut mit der Familie versteht sonst macht es kein spaß
Was für ein toller Beitrag.