5. PK zu Musik in der DDR-Themen?
Ich möchte meine 5.PK (Abiturprüfung) als Präsentation im Fach Musik mit Nebenfach Geschichte halten und habe mich bisher für das Oberthema Musik in der DDR entschieden. Habt ihr Ideen für interessante Problemfragen oder Ideen für Unterthemen? Es kann um Ideologisierung (=Politik), Meinungsäußerungen, junge Menschen, Punks oder spezielle verbotene Sachen gehen. Vielleicht habt ihr auch spezielle Ideen für Unterpunkte zu den Unterthemen.
5 Antworten
Das ist ein ziemlich umfangreiches Thema. Da musst Du vermutlich weit zurück bis in die '60er Jahre.
Wichtig dabei sind z.B.
- die Verbreitung der Musik über westliche Hörfunksendungen, die auch im Osten zu empfangen waren.
- Entwicklung der ostdeutschen Beat- und Blues-Szene Mitte der '60er.
- Vereinnahmung der Musik durch den Staatsapparat (denn der wusste, dass die Jugend sich an der Musik erfreute und sah darin eine Möglichkeit, die Freizeitinteressen der Jugendlichen mit staatlicher Propaganda zu kombinieren).
- die Bekämpfung der Szene durch den Staat, nachdem diese groteske und "unsozialistische" Formen annahm (Entzug von Spiellizenzen usw.). Ab sofort wurde die Musik als Unterwanderungsversuch durch den Feind geschmäht, Vervielfältigung und Vertrieb waren verboten.
- erste Protestaktionen in Leipzig gegen die Repressalien seitens des Staates. Es kam zu Verhaftungen im dreistelligen Bereich.
- Lockerung der Kontrollen und Verbote in den '70er Jahren, gekoppelt mit dem Versuch, die Musik erneut ideologisch zu unterwandern. Viele folgten dem Diktat und machten ihre Musik "staatsfreundlicher". Daraus entwickelten sich sogenannte Berufstanzkapellen. Wer nicht mitspielte, wurde verboten.
- gezielte Bespitzelung der Musikszene durch die Rekrutierung von Rockmusikern als inoffizielle Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit. Von den Puhdys bis zur Klaus-Renft-Combo hatte da anscheinend jeder einen.
- neue Impulse durch die Punk-Bewegung Ende der '70er und Höhepunkt der ostdeutschen Punkszene in der Mitte der '80er. Sogar westdeutsche Printmedien berichteten über Gruppen wie L'Attentat. Im Gegensatz zu den früheren Beat-Gruppen konnten Punk-Bands ihre Musik deutlich einfacher über Audio-Kassetten vervielfältigen und verbreiten. Die Tape-Szene boomte.
- Entstehung einer ostdeutschen Post-Punk-Szene. Bands wie The Cure und Joy Division werden klangtechnisch zuhauf kopiert. Die Art, Die Vision, Rosengarten, Happy Straps, Sandow, Die Firma usw., sogenannte "andere Bands" zählen zu einer ganzen Reihe von Gruppen, die unter Jugendlichen gefeiert werden. Inoffizielle Mitarbeiter wurden aber auch in dieser Szene nach und nach entlarvt.
- Weitere ostdeutsche Jugendszenen schwappen aus dem Westen herüber, darunter Grufties und Skinheads. Auch die Metal-Szene erfuhr einen rasanten Aufschwung.
- Modernisierung des Hörfunks im Jahre 1986. Jugendradio DT64 mutiert zum heiligen Gral der Jugend. Sogar die Sex Pistols werden dort gespielt.
- Etablierung elektronischer Musik. Kraftwerk, Depeche Mode, Front 242 und viele andere werden beliebter und erfahren weite Verbreitung über Formate wie Parocktikum und Electronics. In der Folge traten Depeche Mode 1988 live in Berlin auf. Um an ein Konzertticket zu gelangen, verkauften manche Fans sogar ihre Fahrzeuge. Auch Rockstars wie Bruce Springsteen absolvierten in diesem Jahr ihre ersten Konzerte in der DDR.
- Die Wiederveinigung und das Ende einer eigenständigen ostdeutschen Musikszene. Viele der Bands verschwanden in der Bedeutungslosigkeit.
Es ließe sich sicher noch mehr berichten. Es gibt dazu auch Publikationen in Buchform. Sollte man sich mal in der lokalen Bibliothek besorgen (oder Fernleihe, falls nötig).
Ich habe mal ne Doku gesehen in der es um den Vergleich zwischen Ost/West Punks vor der Wende ging. Das schien mir ein echt interessantes Thema gewesen zu sein. Ansonsten gab es auch politisch beeinflusste und verwendete Werke/Komponisten wo es noch viel aufzuarbeiten gibt.
Schau dir mal die Band Macbeth an. Die haben Metal gespielt und hatten ziemlich mit Schikanen von den Behörden zu kämpfen, mussten sich zeitweise sogar wegen eines Verbots in Caiman umbenennen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Macbeth_(deutsche_Band)
https://youtube.com/watch?v=zdtN3W0xKNM
Ihre Stasi-Akten haben sie nach ihrer Reunion auf ihrer Website veröffentlicht:
Versuch mal, an das Buch "Peitsche Osten Liebe" von André Greiner-Pol ranzukommen. Das war/ist der Chef der ostberliner Rockband Freygang. Die galten so als die Ton Steine Scherben des Ostens. Die waren staatlicherseits auch Repressionen bis hin zum Spielverbot ausgesetzt, un den Werdegang einer DDR-Underground-Band beschreibt Greiner-Pol sehr anschaulich und lebendig.
Das Buch ist allerdings vergriffen, müsste also antiquarisch organisiert werden. Bei amazon ist es momentan bei 88,- € gelistet, bei eBay kosten Exemplare um die 120,- €. Ich hab Glück gehabt und es im Sofortkauf für 25 Ocken gekriegt. Lt. Aufkleber der Buchhandlung hat es neu 15,99 gekostet. Ist das Geld auf jeden Fall mehr als wert.
LG metalfreak311
Bürger!
Die für die Bewantwortung Ihrer Anfrage zuständigen Organe finden Sie im Usenet in der Gruppe de.alt.folklore.ddr. Einen Passierschein erhalten Sie z.B. bei <http://albasani.net/>.
Hochachtungsvoll!
Krakel
Moshquito gab es noch, fällt mir gerade so ein. Die dürften ähnliche Dinge zu berichten haben.