Sind wir alle Speziesisten?
Hallo zusammen!
Ich hatte zufällig einen Artikel über Speziesismus nach Peter Singer gelesen (Wikipedia Artikel).
In dem Artikel steht, Singer sage im Kontext von dem Gleichheitsprinzip:
So wenig wir berechtigt seien, die vorhandenen Interessen von Wesen deshalb geringer zu schätzen, weil sie zu einer anderen „Rasse“ oder zu einem anderen Geschlecht gehören, so wenig seien wir berechtigt, die vorhandenen Interessen von Wesen deshalb geringer zu schätzen, weil sie zu einer anderen biologischen Gattung gehören.
Da er im Zuge des Verstoßes von diesem Gleichheitsprinzip von Rassismus, Sexismus und letztlich auch Speziesismus (je nach Grund für den Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip), müssten wir doch alle nach dieser Definition Speziesisten sein, da wir ja unser Leben und das der uns angehörigen Spezies höher schätzen, als das eines Tieres (z.B. Insektes oder so)?
Mir ist schon klar, dass die einzige Option ist, Selbstmord zu begehen, um keine anderen Tiere zu töten o.Ä., aber rein begriffsdefinitorisch wäre das doch die Konsequenz oder nicht?
Natürlich müsste man dafür erstmal klären, was genau ein "vorhandenes Interesse" ist und, ob dies bei Tieren zutrifft. Aber setzen wir mal die Prämisse, dass eine Kuh oder ein ähnliches Säugetier z.B. schon ein solches "Interesse" hat.
2 Antworten
Dass wir als Menschen ein substantielles Interesse haben, uns selbst und unsere Gemeinschaft, in die wir sozial eingebunden sind, zu erhalten, zu fördern, zu unterstützen und gegen äußere Feine zu verteidigen, ist ein elementares biologisches Grundprinzip, dass allen evolutionsbiologischen Prozessen als Basis dient.
Jedes Verhalten, das unseren vitalen Interessen zuwider läuft, ist für die Arterhaltung auf Dauer vernichtend. Darin hat Peter Singer vollkommen recht. Dass eine allgemeine völkerübergreifende Ethik hierbei in ein Dilemma kommt, ist sicher richtig und wird auch von allen Biologen anerkannt.
Insofern bleibt der großer Konflikt unserer Zeit ungelöst, der darin besteht, dass die einen ihr Handeln so ausrichten wollen, dass primär ihre eigene Gemeinschaft gefördert wird (biologisch richtig) und die anderen dafür plädieren, dass alle Menschen das Recht auf ein gutes Leben haben und wir demzufolge substantielle Nachteile in Kauf nehmen müssen (sozial richtig). Dieser Konflikt ist nicht lösbar, wie man gerade extrem gut an den heftig widerstreitenden politischen Kräften in unserem Land sehen kann.
Natürlich. Wenn man diesen Begriff so definiert, dann ist jeder lebende Mensch ein Speziesist. Oder wer läßt sich vom Löwen fressen, weil der ein Interesse daran hat? Oder, naheliegender, wer klatscht nicht die Mücke, die ihn sticht? Selbst Mücken-Repellents arbeiten aktiv gegen die Interessen der Mücken. Warum mache ich das? Weil ich mein eigenes Interesse höher stelle als das der Mücke.
Wenn ich die Mücke erschlage, mache ich doch genau dasselbe. Ich schätze die Mücke niedriger ein und haue drauf. Ich gebe zu, dass mir die Mücke prinzipiell sogar leid tut, aber meine Unversehrtheit ist mir dennoch wichtiger.
Aber ich finde es auch in Ordnung, Haustiere zu halten, Katzen, Hunde, Pferde und so weiter. Natürlich mit vernünftigen Haltungsbedingungen, aber klar: der Mensch stellt sich hier über das Tier.
Danke!
Ich denke aber, dass das Beispiel mit dem Bezug zur eigenen Person nicht so gut gewählt ist, da Singer ja ausdrücklich sagt, man verstöße gegen das Gleichheitsprinzip, wenn man die Interessen einer Spezies nur weniger berücksichtigt, weil sie zu einer "niedrigeren" Spezies gehören.
Ich denke dahingehend wäre ein besseres Beispiel zu sagen, dass Tierversuche demnach speziesistisch sind, da sie ja pauschal das Leben der Menschen höher als das Leben der Tiere stellt.