Warum gibt es nur so wenige muslimische Nobelpreisträger in den Naturwissenschaften?
Liebe Community,
gestern Abend habe ich eine Doku über Al-Andalus gesehen und welch ein Hort für Wissenschaften und Kunst es einst war. Es ist ja kein Geheimnis, dass die islamische Welt vor Jahrhunderten einst wesentliche Beiträge zu den Naturwissenschaften geleistet hat. So haben bspw. sogar Wörter wie Algebra, Algorithmus und Alkohol ihre Wurzeln im Arabischen.
Meine Frage ist nun, was denn der Grund dafür ist/war, weshalb die muslimische Welt, welche von Persien bis Al-Andalus eben jene Wissenschaften maßgeblich beeinflusste, in den vergangenen Jahrhunderten derart ins Hintertreffen geriet und in der gesamten Geschichte des Nobelpreises auch nur gerade einmal drei Nobelpreise der Naturwissenschaften (2x Chemie, 1x Physik) an aus dem muslimischen Raum stammende Personen vergeben wurden?
Ich meine, eine solche ausgeprägte Kultur der Wissenschaften lässt sich doch unmöglich alleine durch so etwas wie wenige Jahrhunderte westlicher/n Dominanz/Kolonialismus beseitigen? Zumal ja nicht mal alle muslimischen Teile der Welt von westlichen Mächten besetzt oder beeinflusst wurden (Bspw. das Königreich Persien).
Also was ist da geschehen?
Danke im Voraus für eure interessanten Antworten und viele Grüße!
5 Antworten
Die Blüte der islamischen Kultur endete um 1100, weil die Islamgelehrten das freie Forschen und Schreiben immer mehr einschränkten. Einige der größten Gelehrten wie Avicenna uund Ibn Rushd wurden überwacht, ihre Schriften wurden mit Misstrauen gesehen. Ein Grund war, dass etliche ehemalige Christen und Juden in dieser Kulturblüte eine große Rolle spielten. Zu viel Wissen galt bald als eine Gefahr für den Islam.
Der Islam "versteinerte" ab 1100. Immer weniger konnte geforscht und erfunden werden.
Das Abendland machte dann um 1500 einen großen Sprung nach vorn. Die alte Kirche wurde dank Luther entmachtet, der Buchdruck erfunden, das mittelalterliche Weltbild überwunden. Die Zeit der Endeckungen machte aus den westeuropäischen Ländern erfolgreiche Handelsnationen. Danach kam die Aufklärung, das europäische Wissen explodierte, je freier und selbstbewusster die Forscher arbeiten konnten. Immer mehr Unis und technische Hochschulen wurden gegründet.
Nichts davon gab es in den islamischen Ländern. Im Osmanischen Reich wurde sogar der Buchdruck unter dem Einfluss der Religionsgelehrten verboten. Es entstand keine gebildete, säkulare Bürgerschicht, es gab keine Universitäten, es entstand keine Lese- und Buchkultur. Der Koran musste genügen. Noch 1930 konnten über 80 % der Türken nicht lesen und schreiben. Bei den Arabern war es noch schlimmer.
Kein Wunder, dass es im 19. und 20 Jahrhundert so gut wie keine konkurrenzfähige Wissenschaft in den islamischen Ländern gab. Der Islam war und ist dort die stärkste Fortschrittsbremse. Dazu kamen autoritäre Regime, die kein Interesse an der Freiheit der Wissenschaft und an gebildeten Bürgern hatten und haben.
Der Einfluß der islamischen Welt auf die Entwicklung der Naturwissenschaften wird gerne sehr stark übertrieben dargestellt. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Leistungen von Menschen aus ehemaligen Kulturnationen, die durch die islamische Expansion unter arabische Herrschaft kamen.
Eine schöne Frage! Ich weiß auch nicht, warum das so ist. Ich glaube, manchmal gert die Balance zwischen Wissen und Glauben in eine Schieflage. Wissen muss Glauben nicht töten, und umgekehrt. Auch wenn man um den Urknall weiß, bleibt noch viel Raum zum Staunen, Fragen stellen, für Demut angesichts der Wunder, die überall offenbar werden. Allein ein Blick auf Hubble Fotos lässt erahnen, wie viel wir noch gar nicht annähernd wissen
Zum Thema gibt es einen interessanten Artikel eines islamischen Astrophysikers.
https://www.deutschlandfunk.de/der-astrophysiker-und-muslim-nidhal-guessoum-wie-islam-und-100.html
Mangels erfolgreicher muslimischer Forscher
Es wird mittlerweile kaum in Bildung investiert, was auch Dieter Nuhr satirisch kritisiert. Heutzutage orientieren sich viele an Koran und Sunna und sagen beispielsweise, dass Musik haram ist, obwohl sie immer schon eine wichtige Kunstform im Islam war. Auch bezüglich Homosexualität ist man heute sehr intolerant. Das war früher ganz anders!