Kann ein 17-Jähriger zu vernünftig sein?
Folgende Situation: Mein Sohn ist 17 Jahre, geht zur Schule und wirkt eigentlich großteils lebensfroh.
Er ist äußerst zurückhaltend, eher introvertiert und engagiert. Sein Leben ist ihm sehr wichtig, er plant es weit über die Schule hinaus, was ich sehr gut heiße. Ebenfalls eigentlich positiv: Übermäßiger Alkohol, Rauchen und Partys vermeidet er bzw. hat er noch nie besucht. Sein Wochenendprogramm ist es, mit uns und unseren Freunden auf der Terrasse ein Gläschen Wein zu trinken und über Stunden hinweg einfach dabei zu sitzen. Wir sind alle über 50 und wie das halt so ist kommen auch mal für Teenager peinliche Themen auf, trotzdem redet er mit. Obwohl er noch nie eine Freundin hatte. Wir nehmen ihn da trotzdem allesamt gerne auf und das Feedback ist durchwegs positiv. Er wird mittlerweile von vielen auch mal nach der Schule zum Kaffee eingeladen ... keine Seltenheit.
Und nun zu meinem Problem: Da er so viel Zeit mit Menschen verbringt, die 35 Jahre älter sind als er, habe ich Sorge, er würde etwas verpassen. Wir kennen es doch, als Teenager sich einfach gehen zu lassen, Spaß zu haben, mit Gleichaltrigen rauszugehen, Nächte durchmachen etc. Die Zeit wird für ihn nie wieder kommen. Im Ernst des Lebens wird er seine Reife benötigen, aber sollte er nicht auch mal die Vernunft beiseitelassen und mit Gleichaltrigen die sprichwörtliche "Sau rauslassen"?
Da er immer nur mit uns Oldies rumhängt, hat er natürlich praktisch keine gleichaltrigen Freunde, zumindest waren noch keine bei uns zuhause. Ich spreche ihn immer wieder darauf an er solle doch wen mitbringen, aber er meint dann nur, die hätten alle andere Interessen...
Wie seht ihr das, verpasst er durch sein Verhalten etwas? Ich will mich nicht in sein Leben einmischen, aber könnte ihm der fehlende gleichaltrige Kontakt irgendwann fehlen?
Danke für eure Antworten!
7 Antworten
Wenn er das wollte, oder ihm das fehlen würde, dann würde er das mit Sicherheit tun.
Der Kontakt zu älteren gibt ihm wahrscheinlich ganz andere Erkenntnisse und Einblicke. Die gleichaltrige Partnerin wird er sich daher mit Sicherheit auch erst später suchen. Vielleicht geht das sogar den Umweg über die Beziehung mit einer etwas älteren Frau, wer weiß.
Nicht alle Erwachsenen sind gleich und es müssen auch nicht alle Jugendlichen gleich sein. Ich halte es für vernünftig, wenn ihr euch da nicht einmischt.
Das ist keine gute Entwicklung. Er scheint ja auch keine Geschwister zu haben. Der Sohn meiner Freundin hängt mit seinen 30 Jahren auch noch immer bei den Eltern rum, die jetzt auch schon im Rentenalter sind.
Ich weiß aber auch nicht, wie du das ändern kannst.
Frage mich, wie er eine Partnerin finden will, wenn er nie etwas mit Gleichaltrigen unternimmt.
Aber es ist sein Leben. Wenn er so zufrieden ist, lass ihn.
Erstmal danke für die Antwort! Einer der Punkte, wegen denen ich verunsichert bin. Er telefoniert selten mit Freunden, wenn er zuhause ist, befindet sich nicht stundenlang in seinem Zimmer, wie man das sonst so von anderen hört und hängt immer bei uns im Wohnzimmer rum. Sowas findet doch kein Mädchen in seinem Alter "cool"... bzw. selbst wenn er eine kennenlernt - die wird doch mit ihm feiern gehen wollen. Soll ich mal mit ihm darüber sprechen?
Hey Stopp!
Doch sowas findet man cool. Hier bin ich, moin. Das ist gar nicht schlimm, und jeder, der eine person wegen sowas schon bewertet, ist einfach nur dumm!
Okay, danke dass du mir den beweis antrittst, dass es Menschen in seinem Alter gibt, die ticken wie er. Man muss also nur mit offenen Augen durch die Welt gehen, um gleichgesinnte zu finden, ist das dein Tipp?
Tja, wenn man so ist, dann findet man die Richtigen eben nicht auf einer Party oder so, sondern genau da, wo man selbst auch nur hingeht.
Hallo,
ich (32 Jahre) kann deine Gedanken verstehen, ginge mir eventuell genauso. Wobei einem da eventuell auch die vielen Rollenklischees, die Gesellschaft, die "Ideale" wie ein Mensch bzw. wie hier ein Jugendlicher "zu sein hat" im Wege stehen - nach dem Motto, alles was von der "Norm" abweicht ist komisch und muss verändert werden oder muss beobachtet werden. Da stehen wir Menschen uns ggf. selber im Wege.
Andererseits sind die Leute verschieden und ich muss sagen - wenn er zufrieden ist mit der Situation, sehe ich da keinen Handlungsbedarf. Anders wäre es, wenn er offen unzufrieden damit wäre, aber er scheint ja gerne mit euch Wein oder Kaffee zu trinken und sich da wohl zu fühlen und er scheint eventuell auch kein Interesse an einer Beziehung zu haben. Nur weil man selbst anders war und das nicht nachempfinden kann, muss es nicht schlechter sein - der eine so, der andere so. Ich denke nicht, dass er ernsthaft was verpasst - nicht jeder Jugendliche ist ein rechter Partylöwe und Rabauke, der immer überall sein muss. Ansonsten kann er auch im "fortgeschrittenen Alter" noch auf den Putz hauen, wenn er will und meint es zu brauchen - heute ist das nicht mehr so wie früher, wo man ab 40 ein trister Spießer zu sein hatte und sonst als "Knallfrosch" galt, wenn man dann noch lebensfroh und lustig drauf war.
Ich selbst bin bei meinem Opa großgeworden und hatte von Kleinauf viel mit seinen Freunden und Bekannten zu tun, die alle so Jahrgang 1920 bis 1940 waren, also schon damals nicht mehr ganz jung. Geschadet hat's mir nicht, im Gegenteil - sie gaben mir vieles mit auf meinen Weg, das mir half erfolgreich im Beruf zu werden und mein Leben heute richtig gut meistern und verantworten zu können. Hatte auf der anderen Seite immer auch gleichaltrige Freunde, Freundinnen, erstes Mal, Ausbildung, erstes Auto ... das war bei mir alles wie bei den anderen, nur dass ich halt bei meinem Opa wohnte statt bei den Eltern und unsere Wohnung altmodisch eingerichtet war und wir keine großen Urlaube machten, sondern eher mal mit dem Mercedes 230E an den Bodensee mit Insel Mainau fuhren. Es fehlte mir an nichts und ich habe nichts vermisst.
Ich war selbst ein ziemlich ruhiger Junge und kein "Krachmacher", es gab auch eine Lehrerin, die mir so in der achten Klasse sagte alle hätten sich verändert nur ich sei immer noch der ruhige, nette Junge von Nebenan, was nicht gut wäre, weil alle anderen sich auf Partys betrinken und die Jugend auskosten und sich modisch anziehen, während ich halt Sweatshirt oder T-Shirt und Hose trug und mir nix aus Statussymbolen oder Partys machte. Mir reichte es damals, wenn ich zwei Straßen weiter Onkel Rudi besucht habe zum Fußballschauen oder mit ein paar ebenfalls eher ruhigen Freunden und meinem Cousin was gemacht habe oder im Jugendhaus war oder so was :-).
Vielleicht ist euer Sohn aber auch ein klassischer Spätentwickler oder lebt ihr in sehr engen Verhältnissen, aus denen er bislang einfach nicht ausbrechen konnte. Ich war auch erst so mit 18/19, wo ich dann in der Ausbildung war und eine feste längerfristige Freundin hatte und ein eigenes Auto, in der Lage meinen Stadtteil auf eigene Faust zu verlassen, in den umliegenden Gemeinden neue Leute kennen zu lernen und auf Partys zu gehen, die Berufsschule hat hier viel Aufwind geleistet und ich war mit 20/21 schon mit einem Schlag viel offener, geselliger, lockerer und "weiter" als noch ca. mit 17/18, wo ich außer zur Berufsschule kaum aus dem Stadtteil rausgekommen bin und dann eben auch nicht zum Bummeln in die City ging, sondern wirklich nur von der Bushalte zur Berufsschule und zurück und in einer Freistunde mal zu Norma oder zum Imbiss, weil sonst der Fahrplan diktierte was zu machen war. Ich hatte viele Freunde und Freundinnen, war auf Partys, Konzerten, in Clubs und Bars und Gaststätten usw. - weil ich dann die Optionen hatte und es dank selbstverdientem Geld auch konnte.
Eventuell braucht er einfach noch ein bisschen Zeit und ein bisschen Input von außen. In der allgemeinbildenden Schule sind die Verhältnisse oft sehr eingefahren und da ist das Leben tatsächlich ein langer ruhiger Fluss - da muss man regelrecht "wachgeküsst" werden und das ist mit 16/17 oft noch nicht drin.
Alles Gute, hoffe ich konnte euch helfen.
Ohne jetzt uns groß aufzuspielen, sondern nur um deine Frage zu beantworten: Enge Verhältnisse hat er keine, mein Mann und ich haben ein eigenes Unternehmen und er hat finanziell gesehen alle Möglichkeiten. Daran liegts also nicht. Wir geben ihm außerdem praktisch keine Regeln, da er sie einfach nicht braucht. Vielleicht liegt auch da der Hund begraben... Aber danke für deine Antwort, sehr hilfreich!!
Enge Verhältnisse meine ich anders, nicht auf Geld bezogen - daran klemmte es auch bei uns nicht. Ich habe das eher auf das Umfeld bezogen und meinte mit der Formulierung (tut mir leid, wenn es falsch rüber kam!) einen ländlichen oder dörflichen oder auch vorstädtischen Raum genannt, wo man als Jugendlicher oder als Mensch ohne Auto nicht viel "machen" kann mangels Ausgehmöglichkeiten und Optionen zur Freizeitplanung und ggf. aufgrund schlechter ÖPNV-Verbindungen. Da kann es schon passieren, dass jemand relativ "häuslich" ist, weil er einfach keine großen Möglichkeiten hat es anders zu machen. Bei mir änderte es sich, als ich mit 18 den Führerschein hatte und einen ollen Audi 100 für 500 Euro ... auf einmal konnte ich auch mal wegfahren und den Horizont erweitern, das war Klasse und brachte mich sehr nach vorn.
Wenn es aber bekannt, dass ihr nicht am Hungertuch nagt und eine Firma habt ... kann es auch so sein, dass andere ihn deswegen meiden, ihn gar als arrogant ansehen oder nix mit ihm zu tun haben wollen?! Ich bekam mal in einem Praktikum, das ich im Rahmen der Realschule in einem Kinderhort absolviert hatte, ernsthaft und direkt von einer dort arbeitenden Frau gesagt, dass ich ja "ein Junge aus reichen Verhältnissen" sei, der dort "nichts zu suchen" habe - und ja, es war typisches Vorstadtmilieu; die Dame wusste halt, wer mein Opa war und wo ich herkam.
Klar, man merkt dass wir nicht um jeden Cent feilschen müssen, aber ich glaube nicht dass er jetzt damit protzen würde. Zumindest haben wir versucht ihn so zu erziehen...Wir kommen aus der Stadt, also eher unpersönliches Umfeld. Naja ich glaube der Geldaspekt ist nicht der Punkt. Trotzedem danke für die Hilfe!
War bei mir ähnlich, ich wurde sogar sehr sparsam erzogen, obwohl wir nicht sparen mussten - und ich denke, es hat geklappt.
Wenn ihr in der Stadt lebt, dürfte es auch am Umfeld (Sport, Kultur usw.) nicht hapern, eventuell ist er dann einfach vom Charakter her ein im positiven Sinne eigener Typ, der nicht mit dem Strom schwimmen muss um authentisch und echt zu sein und sein Leben genießen zu können. Es gibt auch unter Jugendlichen Charakterköpfe, die nicht zur coolen Masse gehören müssen und selbstbewusst genug sind. Er geht seinen Weg, wenn er so ein Charakterkopf ist, wahrscheinlich viel intensiver, ausgeruhter, entspannter und zufriedener als jemand, der immer seinen Kopf mit jedem Wind reckt und nicht weiß, wo links ist und wo rechts ist "vor lauter Lauter" - was in der Jugend bzw. bei jungen Erwachsenen so selten nicht ist.
Freue mich, wenn ich helfen konnte.. alles Gute & einen schönen Sonntag!
Ich war und bin genau wie er. Ich finde Partys, rauchen, shishabars etc uninteressant. Ich verbringen auch gerne sehr viel Zeit zuhause, weil ich mich dort am wohlsten fühle und alles habe, was ich benötige. Freunde lade ich kaum ein, wozu denn auch, geschieht alles digital. Ansonsten trefft man sich ab und zu um spazieren zu gehen, oder etwas zu essen. Jeder hat eine andere Definition von Spaß, ich z. B lese gerne comics, was ich auch sehr gerne zuhause tue.
Geschwister hat er keine, das stimmt. Er ist schon selbstständig, klammert nicht, so wollte ich das nicht ausdrücken. Er ist mir einfach zu ruhig für sein Alter und ich hoffe, dass ihm später nicht mal die freunde ausgehen, wenn alle, die er kennt, schon im Pflegeheim sind.