Hat mein Vater ein Alkoholproblem?

9 Antworten

Hallo,

ja, es kann gut sein, dass dein Vater ein Alkoholiker ist, es spricht vieles dafür. Unter anderem auch seine überzogene Wut, als du dieses Wort verwendet hast. Auch das ist sehr typisch.

Sieh zu, dass du nach der Schule sofort einen Ausbildungsplatz bekommst. Ruhig jetzt schon bewerben, falls du nächstes Jahr fertig bist. Ab August des Vorjahres werden bereits die Ausbildungsplätze fürs kommende Jahr vergeben. Du kannst dann unter Umständen zusätzlich Bafög beantragen, falls das Ausbildungsgehalt zum Leben nicht reicht, und dir ein Zimmer nehmen.

Falls deine Eltern zu viel verdienen und du kein Bafög kriegst deshalb, mach die Ausbildung in einer anderen Stadt, dann sind sie unterhaltspflichtig auch für eine Unterkunft. Eltern müssen einem nämlich die erste Berufsausbildung finanzieren, mit allem drum und dran. Wenn man im Elternhaus wohnen kann, gilt das allerdings oft nur eingeschränkt.

Es ist wichtig, dass du dich von deinem Vater ablöst. Innerlich, aber auch äußerlich. Er ist nicht gut für dich, du merkst es ja längst selbst.

Achte auch darauf, selbst im Leben immer sehr vorsichtig mit Alkohol zu sein. Kinder von Alkohokranken haben selbst ein erhöhtes Risiko (genetisch und auch psychisch) selbst ein Alkoholproblem zu entwickeln. Deshalb musst du klüger und wachsamer sein als andere Gleichaltrige. Lerne Nein zu sagen und das Maß nie zu verlieren für die Alkoholmenge.

Und denk dran: Die Zeit, die man bei seinen Eltern verbringt, ist (Gott sei Dank) nur die kürzeste Zeit im Leben. Du wirst viele Jahrzehnte haben, in denen du deinen Vater nur noch sehen musst, wenn du das wirklich und ehrlich möchtest. Wo du selbst dosieren kann, wie lang und wie oft das ist. Wo du dein Leben so gestalten kannst, wie du es möchtest. Und wo du dich mit Menschen umgeben kannst, die gut für dich sind und dich nicht übergehen.

Alles Liebe für dich, du wirst bald flügge und unabhängig, wirst sehen!


xNobody341 
Beitragsersteller
 07.07.2025, 17:40

Das war echt mit Abstand die hilfreichste Antwort. Ich danke dir!

Hallo xNobody341,

du hast hier ja schon einige hilfreiche Antworten bekommen. Zu deiner eigentlichen Frage noch folgende Infos:

Für Abhängigkeit gibt es eine recht klare Definition:

Nach der Definition im ICD-10, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen wird, soll die Diagnose Abhängigkeit nur gestellt werden, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien gleichzeitig während des letzten Jahres vorhanden waren:
Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren.
Verminderte Kontrollfähigkeit in Bezug auf den Beginn, die Beendigung oder die Menge des Konsums.
Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen durch substanzspezifische Entzugssymptome oder durch die Aufnahme der gleichen oder nahe verwandter Substanzen, um Entzugssymptome zu vermindern oder zu vermeiden.
Nachweis einer Toleranz gegenüber der Substanz, im Sinne von erhöhten Dosen, die erforderlich sind, um die ursprüngliche durch niedrigere Dosen erreichte Wirkung hervorzurufen.
Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums sowie ein erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
Anhaltender Substanzkonsum trotz des Nachweises eindeutig schädlicher Folgen.

(von https://www.drugcom.de/drogenlexikon/buchstabe-a/abhaengigkeit/)

Eine "Diagnose" kannst du natürlich nicht stellen, aber die Punkte könnten dir zumindest eine Orientierung geben, wo dein Vater steht.

Du hast ja noch mehr zum Thema und vor allem auch den Auswirkungen auf dich geschrieben. Wenn du dich dazu noch austauschen möchtest, kannst du dich gerne melden (auch über den Privatchat). Deine Situation gerade erscheint mir wirklich belastend für dich. Dass du den Urlaub genießen möchtest finde ich toll! Ich hoffe dir gelingt das und vielleicht hat der Streit ja doch auch dazu geführt, dass das Thema mal ausgesprochen ist und manchmal bringt so etwas auch Veränderungsprozesse in Gang.

Noch eine kurze Info zu mir: Ich gehöre zu einem Team professioneller Sozialarbeiter*innen, die aufsuchend im Netz unterwegs sind. Dabei versuchen wir User*innen unterstützend und beratend zur Seite zu stehen, im Besonderen zum Thema Sucht und Konsum. Unser Angebot ist selbstverständlich kostenfrei und anonym.

Viele Grüße

Hannah vom DigiStreet-Team der Drogenhilfe Schwaben gGmbH 

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Mitarbeiter*innen bei der Drogenhilfe Schwaben

xNobody341 
Beitragsersteller
 08.07.2025, 13:23

Dankeschön, deine Antwort war sehr hilfreich und empathisch:)

Er hat ein Alkoholproblem und ist vermutlich auch Alkoholiker - aber noch weit entfernt, das auch einzusehen. Das kann er nur allein einsehen, da musst du gar nicht versuchen, ihn davon zu überzeugen, das klappt nicht.

Sprich mit deiner Mutter.

Informiere dich über Co-Abhängigkeit (also die Probleme, die Personen haben, wenn sie mit einem Alkoholiker im Haus zusammen leben) und versuche, dich zu schützen.

Und grundsätzlich: Fasse ins Auge nicht länger, als nötig im Elternhaus zu wohnen, aber beziehe deine Mutter wenn möglich in deine Entscheidungen mit ein (Es erwartet niemand, dass du deine Mutter "beschützt" - aber Partner/Partnerinnen von Alkoholikern stecken oft sehr tief im Hamsterrad und finden den Weg nicht raus, auch sie soll sich kundig machen zum Thema Co-Abhängigkeit)


xNobody341 
Beitragsersteller
 07.07.2025, 17:41

Danke, das hat mir sehr weitergeholfen

Ich denke so wie du es beschreibst hat er ein generelles Problem und das hat er wahrscheinlich mit sich selber. Der Alkohol ist nur eine Flucht aus Problemen die er nicht anders zu bewältigen gelernt kann. Je nachdem wie ernst ein Alkoholproblem ist,lässt der oder diejenige andere nicht an sich heran und sucht generell die Schuld bei anderen um sich selbst nicht eingestehen zu müssen das man ein Problem hat. Anscheinend zieht deine Mutter ja mit was das Problem noch mehr verstärkt. Er fühlt sich bestätigt in dem was er tut und macht es weiterhin so.

Hast du ihm mal sehr deutlich gesagt das du die Trinkerei nicht magst und auch die Verhaltensänderung die damit einhergeht?

wollte mich sogar aus der Wohnung werfen bin ja schon 19
Gehe aktuell noch zur Schule

Haha, solange Du strebsam in der Schule bist, ist er Dir gegenüber unterhaltsverpflichtet. Kann er machen, dann zahlt er für ne komplette Bude (und auch ein 1 Zimmer Appartement ist teurer, als ein Zimmer in einer 3 Raumwohnung).

Rede doch mal morgens zum Frühstück mit ihm, dass Dir das Leid tate mit der Bezeichnung des Alkoholiker. Ob es aber möglich wäre, dass er den Konsum des Alkohols für ein, zwei Wochen komplett bleiben lässt. (Hoffentlich erkennt er dann die Sucht, ich sehe zumindest eine erhöhte Suchtgefahr)