Sprache anerlernt oder angeboren?

8 Antworten

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Das ist bis heute nicht vollständig geklärt. Da stehen sich Nativismus, Behaviorismus, das interaktionistische Erklärungsmodell etc. gegenüber. Diese Debatte ist auch oft ein Thema im Deutsch LK- Abitur.

Eine hundertprozentige Antwort hat man bis heute nicht. Aber hier einige Dinge für dich (von mir irgendwann mal verfasst)

➔ Behaviorismus (B.F. Skinner) o Sieht Sprachen als typischen Lernprozess o Spracherwerb durch Verstärkungsmechanismen ▪ Spontane Äußerungen oder Nachahmungen werden durch Feedback verstärkt • Kind lernt so, Äußerungen gezielt zu nutzen o Generalisierung bei Anwendung erlernter Wörter auf neue Dinge ➔ Nativismus (Chomsky) o Universalgrammatik: Differenz zwischen beschränktem Input und hochkomplexer Sprachen o Universalgrammatik enthält Grundregeln aller existierenden Grammatiken ▪ Parameter befüllen das Kind im Kontakt mit Muttersprache und erwirbt Grammatik seiner Sprache ➔ Kognitivistisches Erklärungsmodell (Jean Piaget) o Spracherwerb im Kontext intellektueller Reifung ▪ Spracherwerb aktiver Konstruktionsprozess (kognitive Entwicklung) o Kind entwickelt mit Vorbegriffen begriffliches Denken o Egozentrisches Sprechen entwickelt sich zu sozialem Sprechen ➔ Interaktionistisches Erklärungsmodell (Lew Wygotski) o Kindliche Entwicklungsprozesse mit dem Austausch der sozialen Umwelt entwickeln und vermitteln o Kinder bewegen sich auf das Niveau der sozialen Umgebung zu o 3 Stufen ▪ 1. Bildung von Wörtern in Bezug auf Ähnlichkeiten ▪ 2. Komplexbildungen (Alltagsbegriffe) ▪ 3. Vorwissenschaftliche Begrifft (z.B. Abstraktionen) Können nur Kinder primäre Sprache erwerben? (heute relativiert)

➔ Theorie: Menschen können nicht die Muttersprache erlernen, wenn sie bis zu ihrer Pubertät nicht mit ihr in Kontakt gekommen sind ➔ Eric H. Lenneburg o Sprache kann nicht auf allen Altersstufen gleich leicht erworben werden o In der Pubertät verfestigt sich Sprach- und Sprechvermögen ➔ Gisela Szagen o Es gibt eine sensible Phase für den Spracherwerb o Sensible Phase Alters- und Erfahrungsabhängig o Nicht bewiesen ➔ Skinner (behavioristische Position) o Kindlicher Spracherwerb ▪ Spontane Lautäußerungen bekommen selektive Verstärkung einer Sprachgemeinschaft • Mutter lobt Kind für richtige Wortwahl o Es gibt einen Stimulus für Menschen ▪ Bonbon regt bzw. den Speichelfluss an o Sprache kann verstärkt werden, muss aber selber erscheinen o Kind erkennt die Sprache, die ihm durch die Umwelt erbracht wird o Beispiel ▪ Skinners Taubendressur • Taube bekommt Schritt für Schritt Belohnungen, wenn sie zufällig etwas Passendes macht, bis sie es beherrscht 

Argumentationstipp: Dieses Thema hat viel mit Instinkt zu tun

Noam Chomsky: Reaktion zu Skinner

➔ Kinder erwerben Sprache durch unsystematische Beobachtungen und Nachahmungen ➔ Kinder lernen auch ohne „Verstärkung“ ➔ Beispiel o Einwandererkind erkennt ohne Verstärkung schnell Zweitsprache o Kinder erfühlen Satzstruktur o Kind wird später unbekannte neue Wörter durch eigene Konstruktionen verstehen o Spracherwerb ist von Verstärkung unabhängig o Schnelle Erlernung als Grund für die Universalgrammatik ➔ Nativistische Erklärung (Chomsky) o Sprachgebrauch ist produktiv ▪ Was wir sagen ist immer neu o Zahl der Wörter die wir kennen, bevor wir sprechen, ist astronomisch hoch o Es gibt keine Stimuli o Sprache kann durch Universalgrammatik jedem Denken und Sprechen bringen o Universtalgrammatik bei veränderten Bedingungen unverändert o 

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Epigenetik: Kritik am nativistischen Asnatz

➔ Gisela Szagen o Sprache Resultat von Unfähigkeiten und neuronaler Mechanismen o Lernen spielt große Rolle ▪ Aufbau sprachlicher Strukturen unter Nutzung des Umweltangebots o Kinder entdecken Sturkutren selbst o Kinder werden per Feedback korrigiert ▪ Verstärkt Spracherwerb o Kinder verfügen wegen Stimuli früh über Lernmechanismen

Pinker: Sprache als Menschenrüssel

➔ Unterstützt Sprachinstinkt des Menschen ➔ Sprache als Mutation von einen auf den anderen Tag ➔ Sprache durch allmähliche Evolution entstanden o Beispiel ▪ Elefantenrüssel ➔ Es soll viele Organismen mit Übergängen zur Sprache gegben haben o Haben nur kurze Zeit überlebt ➔ Sprache biologische Ausstattung des Gehirns ➔ Sprachvermögen im Menschen wie Webkunst der Spinne ➔ Sprache so biologisch wie der aufrechte Gang ➔ Andere Tiere könnten auch Sprachvermögen entwickeln 

Sprachgen FOXP2 (Jürgen Trabant) → Ein Gen für das Sprechen

➔ Gopnik Fall o Beispiel: Britische Familie mit Sprachstörung ▪ Erfassen Grammatik falsch ▪ Beschränkt nicht die Intelligenz ▪ Sprachstörung vererblich ▪ Gopnik-Fall beweist, dass Sprache angeboren ist ➔ FOXP2 als unser Sprachgen zur Ermöglichung von Sprachen ➔ FOXP2 beeinflusst Feinmotorik des Sprechangebots ➔ FOXP2 setzt sich in der Evolution durch

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Kritik an Pinker (Jürgen Trabant)

➔ Pinker befreit Sprache von Wörtern ➔ Pinker glaube, dass Menschen universell gleich denken 

Patrik Illinger: Spracherwerb von zwei Computern 

➔ Mensch kommt mit Lernmaschine auf die Welt ➔ Kritik an Pinker o Roboter entwickeln Sprache ohne Universalgrammatik

Mehrsprachigkeit

➔ Chancen auf Zweisprachigkeit und / oder Codeswitching (Ghettosprache) ➔ Kinder, die mit mehreren Sprachen aufwachsen, können sich besser in andere hineinversetzen ➔ Menschen mit vorhandener Mehrsprachigkeit erkranken später an Demenz (im Durchschnitt 4 Jahre) ➔ Höhere Chance auf akzentfreies Sprechen ➔ Auch später schnelleres erlernen von Sprache ➔ Informationsübertragung von einer Sprache in andere ➔ Multitaskingfähig (Kognitive Vorteile) ➔ Doppelte Halbsprachigkeit ist negativ ➔ Mehrsprachige Kinder können weniger Wort/kleiner Wortschatz 

Sudee73 
Fragesteller
 11.05.2020, 10:02

Wow Danke für diese ausführliche Erklärung

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Die Fähigkeit, eine Sprache erlernen zu können (damit ist nicht gemeint "eine konkrete Sprache"), scheint dem Menschen angeboren zu sein. Und dass dies ein "Ergebnis unseres Hirns" ist, ist ja eine äquivalente Aussage. Einen Widerspruch gibt es da nicht.

Natürlich ist es uns nicht angeboren z.B. Deutsch oder Englisch zu sprechen, aber es geht ja um die Fähigkeit zur Sprache. Die konkrete Muttersprache hängt ja von den Bezugspersonen im Kindesalter ab (in der Regel von den Eltern).

LetsPlays  11.05.2020, 19:37

Es gibt schon einen Widerspruch da sich bis heute die unterschiedlichen Ansätze über den Ursprung der Sprache und die Art und Weise der Sprachentstehung sowie das erlenen von Muttersprache bis heute nicht einig ist. Ich schließe mich zwar deiner Meinung an, aber vollständig anerkannt ist sie nicht.

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Hier bin ich noch einmal. Meine verfassten Stichpunkte waren ja sehr unübersichtlich, ich habe endlich die ausgeschrieben Fassung gefunden. Ich hoffe, ich konnte noch helfen :) Sind noch einige Rechtschreibfehler drin, ist eine Rohfassung

Sprachentstehung

Um die Sprachentstehung nachvollziehen zu können, muss man sich erst einmal die verschiedenen Grundpositionen anschauen. Zum einen gibt es den Behaviorismus, dieser wird bzw. durch B.F. Skinner unterstützt. Der Behaviorismus sieht Sprachen als typischen Lernprozess und der Spracherwerb würde durch Verstärkungsmechanismen stattfinden. So werden Spontane Äußerungen oder Nachahmungen eines Kindes durch feedback verstärkt. Das Kind lernt so, Äußerungen gezielt zu nutzen. Ebenfalls unterstützt der Behaviorismus die Generalisierung bei Anwendung erlernter Wörter auf neue Dinge. Der Nativismus wird bzw. von Noahm Chomsky unterstützt. Der Nativismus sieht die Universalgrammatik als Differenz zwischen beschränktem Input und hochkomplexer Sprachen. Die Universalgrammatik würde Grundregeln aller existierenden Grammatiken beinhalten. Parameter befüllen das Kind im Kontakt mit der Muttersprache und so erwirbt es automatisch die Grammatik seiner Sprache. Desweiteren gibt es das Kognitivistische Erklärungsmodell, aufgestellt mituner von Jean Piaget. Es sieht den Spracherwerb im Kontext intellektueller Reifung und als einen aktiven Konstruktionsprozess an. Also als eine kognitive Entwicklung. Das Kind entwickelt demnach mit Vorbegriffen ein begriffliches Denken. So entwickelt sich ein egozentrisches Sprechen zu einem sozialen Sprechen. Letzteres gibt es das Interaktionistische Erklärungsmodell, unterstütz teils von Lew Wygotski. Es unterstützt die Annahme, dass sich kindliche Entwicklungsprozesse mit dem Austausch der sozialen Umwelt entwickeln und vermitteln. Kinder würden sich immer auf das Niveau der sozialen Umgebung zubewegen. Laut dem interaktionistischen Erklärungsmodell gibt es drei zu beachtende Stufen.

1.      Die Bildung von Wörtern in Bezug auf Ähnlichkeiten

2.      Komplexbildungen durch Alltagsbegriffe

3.      Vorwissenschaftliche Begriffe, z.B. Abstraktionen

Um zu verstehen, wie sich die Sprache in der Evolution entwickeln konnte muss man zuerst verstehen, warum es Artverwandte Arten wie der Affe nicht können. Der Affe bzw. hat gar keine Möglichkeit die Fähigkeit des Sprechens zu erlernen, da sein Kehlkopf zu hoch im sitzt und der Stimmapparat zu anders ist. Ebenso ist der Frontallappen im Gehirn des Menschen im Gegensatz zu dem des Affen überproportional groß.

Können nur Kinder primäre Sprache erwerben? Über diese frage wird kontrovers diskutiert. Heute ist sie relativiert. Die Theorie ist, dass Menschen ihre Muttersprache nicht als Muttersprache erlenen können, wenn sie bis zu ihrer Pubertät nicht mit ihr in Kontakt gekommen sind. Laut Eric. H. Lenneburg kann die Sprache nicht auf allen Altersstufen gleich leicht erworben werden. In der Pubertät festigt sich das Sprach- und Sprechvermögen, demnach ist es nach der Pubertät schwieriger, Sprachen zu erlernen. Gisela Szagun meint dazu, dass es eine sensible Phase für den Spracherwerb gibt. Diese sensible Phase ist Alters- und Erfahrungsabhängig, jedoch nicht bewiesen. B.F. Skinner, welcher zum Behaviorismus steht, ist der Ansicht, dass der kindliche Spracherwerb durch spontane Lautäußerungen passiert, welche von selektiv von einer Sprachgemeinschaft verstärkt werden. So lobt die Mutter ihr Kind bzw. für die richtige Wortwahl. Es soll demnach einen Stimulus für den Menschen geben, so regt bzw. auch ein Bonbon den Speichelfluss an. Skinner ist der Meinung, dass Sprache verstärkt werden kann, jedoch muss sie selber erscheinen. Das Kind würde die Sprache erkennen, die ihm durch die Umwelt erbracht wird. Als berühmtes Beispiel gibt es Skinners Taubendressur. Die Taube bekommt Schritt für Schritt Belohnungen, wenn sie zufällig etwas Passendes macht, so lange, bis sie es beherrscht.

Während Skinner den Behavioristischen Ansatz verfolgt ist Chomsky auf der Seite der Nativisten. Er ist der Meinung, dass Kinder die Sprache durch unsystematische Beobachtungen und Nachahmungen ohne Verstärkung lernen. Als Beispiel gibt er an, dass ein Einwandererkind ohne Verstärkung schnell die Zweitsprache erlenen kann und die Satzstruktur erfühlen kann. Das Kind wird demnach neue Wörter durch eigene Konstruktionen verstehen und ist von äußeren Verstärkungen unabhängig. Die schnelle Erlernung sieht Chomsky auf Grund der Universalgrammatik. Ebenso gab Chomsky die nativistische Erklärung ab. Laut dieser ist der Sprachgebrauch produktiv und alles was wir sagen ist immer neu. Die Zahl der Wörter die wir kennen, bevor wir sprechen, ist astronomisch hoch. Es gibt keine Stimuli und die Sprache kann durch die Universalgrammatik jedem Denken und sprechen bringen. Die Universalgrammatik verändert sich bei veränderten Bedingungen nicht.

Dem gegenüber steht auch noch die Epigenetik, unterstützt von Gisela Szagun. Sie sieht die Sprache als Resultat von Unfähigkeiten und neuronaler Mechanismen. Lernen spielt eine große Rolle für den aufbau sprachlicher Strukturen unter Nutzung des Umweltangebots. Die Kinder entdecken die Strukturen zwar selbst, werden aber per Feedback korrigiert, was den Spracherwerb verstärkt. Laut der Epigenetik gibt es ein Stimulus welcher dafür sorgt, dass Kinder früh über Lernmechanismen verfügen.

Steven Pinker unterstützt den Sprachinstinkt des Menschen, erklärt den Spracherwerb auf evolutionstechnischer Basis. Laut Pinker war die Sprache eine Mutation von einen auf den anderen Tag und sei durch allmähliche Evolution entstanden. Als Beispiel gibt es den berühmten Menschenrüssel. Ebenso soll es viele Organismen mit Übergängen zur Sprache gegeben haben, diese haben aber nur kurze Zeit überlebt. Die Sprache ist die biologische Ausstattung des Gehirns und das Sprachvermögen besitzt der Mensch wie die Spinne die Webkunst. Pinker sieht die Sprache als genauso biologisch und evolutionär an wie den aufrechten Gang. Aus diesem Grund seien Tiere auch theoretisch dazu in der Lage, ein Sprachvermögen zu entwickeln.

Der Gopnik Fall beschreibt eine britische Familie, welche mit einer Sprachstörung lebt. Sie erfassen die Grammatik falsch und sind dennoch nicht in ihrer Intelligenz beschränkt. Die Sprachstörung dieser Familie ist vererblich und beweist, dass die Sprache zu einem gewissen Teil angeboren ist. Das Sprachgen wurde FOXP2 getauft und ist unser Sprachgen zur Ermöglichung von Sprachen. Es beeinflusst die Feinmotorik des Sprechangebots und setzt sich durch seinen Vorteil in der Evolution durch.

Es gibt aber auch Kritik an Pinkers evolutionären Ansatz. So würden Menschen dennoch mit einer Art Lernmaschine, einem Stimulus auf die Welt kommen, so haben in einem Experiment Roboter ohne die Universalgrammatik eine Sprache entwickelt.

Die Mehrsprachigkeit bietet Kindern Vor- und Nachteile. Welche das sind, hier. Durch die Mehrsprachigkeit erhöhen sich die Chancen auf Zweisprachigkeit und /oder Codeswitching, wobei das Codeswitching wieder ein Nachteil wäre. Kinder, die mit mehreren Sprachen aufwachsen, können sich besser in andere hineinversetzen und erkranken auch später an Demenz, im Durchschnitt nämlich 4 Jahre. Sie haben höhere Chancen auf ein akzentfreies Sprechen und erlernen auch später Sprache schneller. Ebenso haben sie die Fähigkeit der Informationsübertragung von einer Sprache in eine andere und ihre Multitaskingfähigkeit ist besser. Wenn sie sich jedoch nicht um die Zweisprachigkeit kümmern, verfallen sie in eine doppelte Halbsprachigkeit, ein weiterer Nachteil. Ebenso können mehrsprachige Kinder im Schnitt weniger Wörter, haben also einen kleineren Wortschatz.

100% anerlernt ich hatte das mal in der Schule. Da gab es sogar mal experiment wo jemand neu geborene babies aufgezogen hat ohne neben ihnen zu sprechen. Sie kömmten nachhinein nicht sprechen und viele sind auch gestorben weil sie sich glaube ich nicht ausdrücken konnten und halt generel mit anderen nicht reden konnten ich habe es so in Erinnerung guck es aber mal nach.

FranzK1883  10.05.2020, 23:56

Könntest du das Experiment bitte verlinken? Das hört sich eigentlich nicht machbar an.(Verbrechen gegen die Menschlichkeit)

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FranzK1883  11.05.2020, 00:04
@Steffile

Okay das erklärt einiges. Wäre in der Moderne wohl kaum möglich gewesen.

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Naja Sprachen sind anerlernt ein Deutscher der aber in Amerika aufwächst würde auch Amerikanisch sprechen weil er es so gelernt hat

LG