In welchen Situationen und wie oft lügt man (seine) Kinder an?

4 Antworten

Ich gebe zu, dass ich keine Kinder habe und deshalb selten in die Situation komme. Trotzdem kommt es natürlich vor, dass mich Kinder etwas fragen und ich einen Entscheid fällen muss.

Hier ein paar Beispiele, wie ich vermutlich reagieren würde oder schon reagiert habe:

  • Sextoys: "Das ist nur für Erwachsene" oder "Das ist ein Spielzeug für Erwachsene" (beides ist nicht gelogen, es erschreckt das Kind aber nicht mit Details, mit denen es nichts anfangen kann)
  • (gebrauchtes) Kondom: "Das ist eklig, das werfen wir weg!" (äh ja, das macht man auch als Erwachsener damit...)
  • Menschen, die auf der Strasse sitzen und mit sich selber reden: Da habe ich schon einen (altersgerechten) Fachvortrag über psychische Krankheiten gehalten; und musste dann merken, dass ich wichtige Informationen dazufügen muss, was ein Kind sonst ängstlich zurücklässt, wie "das ist sehr, sehr selten!" und "das ist nicht ansteckend" (weil Krankheiten aus Kindersicht immer ansteckend sind - siehe Kinderkrankheiten!)
  • Weihnachtsmann: Ja, ich bin mit dem Weihnachtsmann aufgewachsen, und es wäre sehr schwer gewesen, uns auszureden, dass es ihn nicht gibt, denn er kam ja jedes Jahr mit dem Schlitten (!), einem Esel (!), mit seinem Buch (!), seinem Sack und in vollem Ornat; unsere Eltern haben sich echt Mühe gegeben!!
  • Christkind: Wir wurden am Heiligabend aufs Zimmer geschickt; das Christkind läutete mit einer feinen Silberglocke, wenn es wieder davonflog; ich weiss nicht mehr, ob wir wirklich daran glaubten, aber es war ein schönes Spiel und ein herziges Ritual!
  • Osterhase: Der Osterhase kam natürlich auch; dann sagte meine Mutter: "Kinder, ich glaube, ich habe gerade den Osterhasen weghoppeln sehen!"; dann wussten wir, dass wir im Garten suchen gehen mussten, weil sie uns ein Nestchen versteckt hatte; ich glaube nicht, dass wir auch nur einen Gedanken verschwendet haben, ob es den Osterhasen wirklich gibt, es war nur ein Spiel - ein lustiges Spiel!

Im Bereich Sex finde ich es auch peinlich und in den meisten Fällen auch unangemessen mit der "ganzen Wahrheit" rauszurücken. Da fahre ich so was wie eine "kindgerechte (unvollständige) Wahrheit". Beispiel "Sextoys": "Spielzeug für Erwachsene ". Beispiel "in flagranti erwischt werden": da hatte ich immer derart Angst davor, dass das direkt nie passierte, ich dachte mir immer, wenn das passiert und dein Kind fragt "Was macht ihr da?" dann sagst du "Wir machen Liebe, das ist etwas sehr Privates, was Erwachsene gerne machen und man will dabei nicht beobachtet werden."

Im Bereich der diversen "Geschenkebringer" (Weihnachtsmann / Christkind, Nikolaus, Osterhase, Zahnfee, Schnullerfee, Klapperstorch, ...) habe ich direkt entschieden, bevor ich Kinder im gewissen Alter hatte, welche dieser Dinge ich mitmachen will und welche nicht.

Klapperstorch kam nie auf, habe ich selbst als Quatsch empfunden und daher nie erzählt. Kinder kommen, weil Mama und Papa sich so lieb haben können, dass dabei Kinder entstehen.

Zahnfee kam auf, weil befreundete Kinder stolz erzählten, was die Zahnfee unterm Kopfkissen liegen gelassen hatte und mein Kind enttäuscht war, dass bei ihm nichts drunter lag. Ich hab mein Kind gefragt: Wo ist dein Zahn jetzt? Hier. Also kann ihn wohl keine Zahnfee "eingetauscht" haben. Andere Eltern erzählen ihren Kindern manchmal einfach Geschichten.

Osterhase / Weihnachtsmann: ich habe es so gehandhabt, dass ich nicht gesagt habe "Ist alles gelogen!" als die Kinder erzählt haben wie im Kindergarten / bei Oma und Opa etc. vom Weihnachtsmann / Osterhase gesprochen wurde, habe es aber selbst nie aktiv gepusht und als dann irgendwann die Frage kam "Mama, gibt es den Osterhasen / Weihnachtsmann?" habe ich erklärt, dass es viele Geschichten davon gibt und Geschichten oft schön aber nicht immer wahr sind und dass es gut ist, wenn man selber überlegt, was an einer Geschichte Wahres dran sein könnte. Und das ältere Kind hat mir dann später ins Ohr geflüstert: "Ich weiß ja schon, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, aber es ist süß, dass er (kleiner Bruder) noch daran glaubt, wir verraten es ihm nicht, bis er selbst drauf kommt, ok?"

Ich versuche, Kinder nicht anzulügen und in komplizierten Situationen eine kindgerechte Erklärung zu finden, die keine Lüge ist.

Dann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt (wenn das Kind reifer ist) das nochmal aufzugreifen und zu erklären warum ich damals so und so geantwortet hatte, mich also im Nachhinein genauer zu erklären.

Ich finde es sehr wichtig, nicht zu lügen. Ich will auch selbst nicht belogen werden. Nicht als Kind von einem (anderen Kind oder) Erwachsenen. Und nicht als Erwachsener von einem Kind (oder anderen Erwachsenen).

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich würde meine Kinder nie belügen. Wenn Kinder etwas fragen, was man ungerne beantworten möchte, aufgrund des zu jungen Alters, würde ich sagen "Das erkläre ich dir wenn du etwas älter bist" oder "Du darfst alles essen aber musst nicht alles wissen"

Wenn es darum geht, dass das Kind etwas anderes möchte als ich, würde erklären, warum das im Moment nicht geht. Ich bin ein großer Befürworter bedürfnisorientierter Erziehung, und davon, dem Kind auch zu sagen, warum manche Dinge jetzt nicht gehen, damit das Kind früh lernt, seine Bedürfnisse und Gedanken anzusprechen und Verständnis für das Gegenüber aufzubringen.

Kinder zu belügen ist nicht schön. Die Bindung und das Vertrauen wird dadurch geschädigt. Was glaubst du was das für das Kind im späteren Alter auslösen kann. Immer ehrlich mit dem Kind sein.


naaman  27.05.2024, 08:09

So. Noch nie was vom Weihnachtsmann oder vom Osterhasen erzählt. Wenn nicht und deine Kinder fragen danach, erzählst du ihnen dann die Wahrheit. Das der Weihnachtsmann oder der Osterhasen eine Erfindung der Menschen ist.

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MyEvolveJourney  27.05.2024, 08:12
@naaman

Nein, auch davon halte ich nichts. Das mit dem Klapperstorch genauso wenig. Spätestens nach Frühlingserwachen sollte man wissen, was unzureichende Aufklärung verursachen kann. Ich würde sagen, dass es die Legenden gibt, allerdings die Eltern die Geschenke machen, und es eben nur eine schöne Legende ist.

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naaman  27.05.2024, 08:38
@MyEvolveJourney

Eine Lüge zu einer Legende machen, ändert nichts an der Lüge. Im Gegenteil, man setzt der Lüge noch eins drauf.

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MyEvolveJourney  27.05.2024, 11:06
@naaman

Empfindest du den Weihnachtsmann etwa nicht als eine Legende?

Definition Legende: "Person oder Sache, die so bekannt geworden ist, einen solchen Status erreicht hat, dass sich bereits zahlreiche Legenden um sie gebildet haben; Mythos" Quelle: Oxford Languages

"Die Gestalt des Weihnachtsmannes geht vor allem auf die europäischen Legenden um den heiligen Nikolaus zurück; er ist aber keinesfalls mit diesem gleichzusetzen. Nikolaus von Myra war ein Bischof im 4. Jahrhundert, um den sich zahlreiche Legenden ranken."

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachtsmann#:~:text=Die%20Gestalt%20des%20Weihnachtsmannes%20geht,den%20sich%20zahlreiche%20Legenden%20ranken.

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naaman  28.05.2024, 06:07
@MyEvolveJourney

Hänsel und Gretel, Schneewittchen und die 7 Zwerge, Rotkäppchen und der Wolf, Dracula, Frankenstein, Godzilla, Supermann.

Alles Legenden, erzählst du solche Fantasiegeschichten deinen Kindern auch.

Der Begriff leitet sich von dem mittelalterlich-lateinischen Ausdruck legenda ab, was so viel bedeutet wie „das, was zu lesen ist“,[1] „das Vorzulesende[2] bzw. „die zu lesenden Stücke“.[3] Die Herkunft des Begriffs deutet somit – im Unterschied zur Sage – eine enge Beziehung zur literarischen Tradition an. Bereits in der Antike entstanden literarische Erzählungen über Personen, die als überragende religiös-sittliche Persönlichkeiten und „Heilige“ wahrgenommen wurden.[2]

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Legende

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Redekunst  27.05.2024, 08:22
Du darfst alles essen aber musst nicht alles wissen"

Diese Aussage ist bei sehr jungen Kindern auch schwierig.

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Es gibt ein paar Eltern die ihre Kinder in vielen Dingen anlügen. Das geht mit der Existenz des Weihnachtsmannes los und endet bei Aussagen wie "Der Spielplatz hat heute geschlossen"

Viele schieben ihre Kinder auch gerne vor um Termine und Treffen abzusagen "Ich kann nicht kommen mein Kind hat Fieber..."