Wie ist die Menschenrechtslage in den USA?
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3 Antworten
Weder noch. Super auf jeden Fall nicht. Fürchterlich aber auch nicht. Es ist wie so oft: Etwas dazwischen. Wir sollten aufhören, so stark in Extremen zu denken.
Wenn man sieht wie die Indigene Bevölkerung, die ja die eigentlichen Amerikaner sind behandelt werden kann man nur bei fürchterlich ein Häkchen machen.
Ich habe als Jugendlicher in den USA gelebt und muss leider sagen, dass ich mich mittlerweile schon sehr stark an die 1930er-Jahre in Deutschland erinnert fühle. Es gibt ja die berühmten 14 Punkte von Umberto Eco, in denen er versuchte, eine simple Definition für den Faschismus zu finden. Wenn man Ecos 14 Punkte auf Trumps Amerika anwendet, merkt man sehr schnell, wie schockierend alle Punkte zutreffen.
Ein weiteres Element, das ich als Historiker sehr typisch für die Anfänge eines faschistischen Regimes sehe, sind undemokratische Strukturen, die laut Regierung nur für bestimmte Gruppen geschaffen worden sind, in Wirklichkeit aber auf jeden x-beliebigen Bürger angewendet werden können. Die Republikaner unter Trump haben ja z.B. Habeus Corpus abgeschafft bzw. "temporär ausgesetzt". Habeus Corpus bezeichnet das Recht (laut US-Verfassung), bei einer Anschuldigung einer Straftat zu erfahren, was genau man falsch gemacht hat, seine Rechte verlesen zu bekommen (Miranda rights) und vor allem, ein faires und objektives Gerichtsverfahren zu erhalten. Wenn ich z.B. ein Auto klaue, muss mich die Polizei bei der Verhaftung informieren, dass ich aufgrund dieses Diebstahls verhaftet werde. Die Polizei ist verpflichtet, mir zu erklären, dass ich das Recht auf einen Anwalt und das Recht zu schweigen habe. Und selbstverständlich muss es ein juristisches Verfahren geben, in dem der Staat beweisen muss, dass ich tatsächlich ein Auto geklaut habe.
In den USA werden Migranten (auch sehr viele legale) von maskierten Männern aus ihren Häusern und Autos gezerrt. Den Opfern wird nichts erklärt. Sie erhalten kein Gerichtsverfahren. Die Beamten sind maskiert, damit man sie später nicht für Fehlverhalten (sexuellen Missbrauch, Folter etc.) belangen kann. Die Opfer werden direkt in Konzentrationslager geschafft, in denen unmenschliche Bedingungen herrschen.
Manch einer mag sich sagen, dass er ja kein Migrant sei und daher nicht betroffen. Aber das ist ein naiver Irrglaube. Denn wenn die Strukturen erst einmal bestehen, bestehen sie. Wenn es z.B. kein Gerichtsurteil gibt, kann ich als Beschuldigter auch keine Gegenbeweise vorlegen. Ich kann nicht sagen: "Hey, ich besitze die Amerikanische Staatsbürgerschaft!" denn dieser juristische Rahmen wird mir ja eben gerade verwehrt.
Genau so funktionierte es auch unter früheren, faschistischen Regimes. Wenn ich als Nazi z.B. einen Kommunisten ins KZ bringen will, unterstelle ich ihm einfach, ein Terrorist zu sein. Er kann mir unmöglich das Gegenteil beweisen, denn es gibt ja keinen Gerichtsprozess. Und wenn ich Kommunisten als Verräter oder Terroristen beschuldigen kann, kann ich das mit jeder anderen, gesellschaftlichen Gruppe genauso tun.