Könnte man das verbot von Inzest als Eugenik klassifizieren?
Also das Ziel von Eugenik ist ja die Verbesserung des Genpools durch sozusagen Zucht. Nun ist in den meisten Ländern ja Inzest verboten(wobei es in Deutschland da ziemlich liberal ist) das dient dem Zweck die warscheinlichkeit das Kinder mit Krankheit wie beispielsweise Trisomie geboren werden. Eugeniker wollen ja auch im besten Fall nur durch zucht und im schlimmsten Fall durch Mord die Häufigkeit von Gendefekten senken.
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Das hier ist übrigens weder ein Argument für Eugenik noch für Inzest
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1 Antwort
Das Inzestverbot ist kulturell gewachsen als ein Tabu, lange bevor man über die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung überhauot irgendetwas wusste.
Befürworter des Inzestverbots argumentieren heute damit, dass der sog. Inzestparagraph (§ 173 StGB) dem Schutz diente. Die berechtigte Frage, die man sich stellen muss, ist bloß: wer soll da eigentlich geschützt werden?
Befürworter argumentieren, das Verbot schütze die Nachkommen vor möglichen Gendefekten. Die meisten Erbkrankheiten werden rezessiv vererbt und Inzest erhöht den Homozygotiegrad und somit in der Tat die Wahrscheinlichkeit des Auftretens genetischer Defekte. Das Problem dabei ist, dass der Inzestparagraph das gar nicht verhindern kann. Unter Strafe gestellt wird nämlich gar nicht das Zeugen von Nachkommen, sondern nur der Beischlaf, das ist Juristendeutsch für Vaginalverkehr. Verwandte könnten aber z. B. mit der sog. "Bechermethode" völlig legal gemeinsame Nachkommen zeugen. Auch eine künstliche Befruchtung wäre prinzipiell möglich, das verbieten jedoch die ärztlichen Leitlinien und kein Arzt würde wahrscheinlich seine Approbation dafür aufs Spiel setzen. Ein echtes Gesetz, das dies verbieten würde, gibt es jedoch nicht. Zudem ist § 173 StGB völlig willkürlich, denn Nichtverwandten mit einer genetischen Prädisposition verbietet das Gesetz das Zeugen von Nachkommen nicht. Also muss man feststellen, dass § 173 StGB die Kinder nicht schützt.
Wen also dann? Die Beteiligten selbst? Wo ist da der Schaden, solange es einvernehmlich geschieht? Für alle anderen Fälle gibt es bereits Gesetze, die sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung unter Strafe stellen. Wozu braucht man dann also noch ein Inzestverbot, das auch jene Personen kriminalisiert, die aus freiem Willen miteinander eine intime Beziehung eingehen?
Oder soll die Gesellschaft geschützt werden? Da stellt sich die Frage, wie der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht? Jährlich werden überhaupt nur eine Handvoll Fälle wegen Verstoßes gegen § 173 StGB vor Gerichten verhandelt, die gesellschaftliche Relevanz kann also gar nicht so groß sein. In vielen anderen Ländern ist Inzest nicht (mehr) verboten, z. B. in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Spanien, teilweise auch Italien. In all diesen Ländern sind inzestuöse Beziehungen nicht häufigerals in Ländern, die Intest unter Strafe stellen. Und ist der gesellschaftliche Schaden nicht größer, wenn unsere ohnehin schon überlasteten Gerichte mit solchen Fällen, bei denen gar kein Schaden entstand, noch zusätzlich belastet werden? Wäre es da nicht angebrachter, Inzest zu entkriminalisieren und die Gerichte wirklich relevante Fälle verhandeln zu lassen?
Es gibt also gute Gründe, weshalb etwa der Deutsche Ethikrat empfiehlt, den Inzestparagraphen abzuschaffen.