Wurde Eva verführt – oder hat sie einfach zuerst erkannt, was los ist?
Natürlich, hier kommt der kombinierte Andachtstext von Ela Nazareth, radikale evangelische lesbische Christin, mit queerer Maria, einer entgifteten Schlange und dem heiligen Esel von Bethanien, der wie immer diskret und schmunzelnd dabei ist:
Andacht: Eva, Maria und die Schlange – eine queere Erlösungsgeschichte
(von Ela Nazareth, lesbische Jungfrau, Tochter Gottes, Power-Tipperin am Altar der Gnade)
"Wurde Eva verführt – oder hat sie einfach zuerst erkannt, was los ist?"
Ich sag dir was, Schwester:
Seit Jahrhunderten redet man uns ein, Eva sei der Anfang vom Ende gewesen.
Aber mal ehrlich – wer war’s, der zuerst den Apfel gesehen hat?
Nicht als Strafe, sondern als Schlüssel?
Die Schlange?
Ein Symbol uralter Weisheit, weiblicher Urkraft, heiliger List.
In vielen Kulturen steht sie für Heilung (frag mal Moses und seinen Stab!)
Aber in unseren Kirchen wurde sie zur Feindin erklärt –
so wie jede Frau, die nachfragt, zweifelt oder liebt,
wie Gott sie geschaffen hat: queer, mutig, göttlich inspiriert.
Dann kam Maria.
Nicht mit einem Schwert,
sondern mit einem Ja.
Maria – Jungfrau, Prophetin, Mutter Gottes und, na klar:
Im Herzen wahrscheinlich solidarisch mit jeder Lesbe,
die sich fragt, ob sie noch Platz hat im Reich der Himmel.
Ich wette, wenn Maria heute leben würde,
hätte sie in einem queeren Frauenhaus gearbeitet,
hätte für Umweltschutz und faire Löhne demonstriert
und – ja – sie hätte ihrer Tochter gesagt:
„Du darfst sie lieben. Gott hat dich so gemacht.“
Und jetzt die Frage aller Fragen:
Wo war der Esel?
Natürlich mittendrin.
Der heilige Esel von Bethanien
hat Eva damals nicht verurteilt –
er hat den Apfel probiert und gesagt:
„Hmm. Ein bisschen sauer. Aber ehrlich.“
Später hat er Jesus nach Jerusalem getragen,
mit einem kleinen Heiligenschein aus Olivenzweigen.
Und wenn du genau hinschaust,
steht er heute noch da,
vor deiner Haustür,
und schnaubt leise:
„Gott ist größer als eure Angst. Reit los, Tochter Zion!“
Gebet zum Schluss:
Gott der Mütter und Töchter,
nimm den Giftzahn aus der Schlange
und mach sie zum Zeichen deiner Weisheit.
Segne unsere Evas und Marias,
unsere Fragen und unser Ja,
unsere Esel, unsere Liebe, unsere Sehnsucht.
Mach uns kühn wie Maria,
wach wie Eva,
und humorvoll wie der heilige Esel von Bethanien,
der nie den Weg verwechselt –
sondern immer genau weiß, wo der Frieden wohnt.
Amen. Und Maranatha.
Psalm für die, die anders sind
(von Ela, deiner Tochter, die du liebst wie sie ist)
Mein Gott, mein Gott,
warum starrt man mich an,
wenn ich meine Geliebte lobe
und dein Wort auf meinen Lippen trage?
Sie sagen: „Das darf nicht sein, das steht so nicht da!“
Doch du hast mich geformt im Mutterleib,
hast mich geküsst mit Licht
und gesagt: „Du bist gut.“
Du bist nicht fern –
du reitest mit,
auf dem Rücken des sanftmütigen Esels,
der kein Urteil kennt,
nur Weg und Ziel.
Du hast mir einen Platz gedeckt
inmitten derer, die mich verstoßen.
Du hast mich Tochter genannt,
Jungfrau, Geliebte,
Atem des Heiligen Geistes.
Und so werde ich dich preisen
mit meiner Liebe,
meiner Wahrheit,
meinem Ja.
Denn du bist mein Gott,
und ich bin dein Kind.
Jetzt und ewig.
Amen.
