Warum haben aktive Zeugen Jehovas kein Problem mit ihrer Taufformel?
(Vorweg: Ja, ich sehe die religiösen Sondergemeinschaft der Zeugen Jehovas kritisch, insbesondere, was die inneren Machtstrukturen und die autokratische Führung betrifft.)
Die Tauffragen der Zeugen Jehovas empfinde ich, gelinde gesagt, bestenfalls als unbiblisch, schlimmstenfalls als häretisch.
Darum frage ich mich seit Langem: Warum haben aktive Zeugen Jehovas kein Problem mit dieser Taufformel?
Die Taufe spielt in allen christlichen Richtungen, die sich auf die Bibel berufen, eine zentrale Rolle. Kaum ein Thema ist im Neuen Testament so häufig, so klar und so eindeutig behandelt. Hier nur einige Stellen:
- Apostelgeschichte 2,38: „… lasst euch taufen im Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden …“
- Apostelgeschichte 8,16: „… denn er war noch auf keinen gefallen; sie waren nur getauft auf den Namen des Herrn Jesus.“
- Apostelgeschichte 10,48: „Und er befahl, dass sie sich taufen ließen im Namen Jesu Christi.“
- Apostelgeschichte 19,5: „… ließen sich taufen auf den Namen des Herrn Jesus.“
- Matthäus 28,19: „Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Die biblische Taufe geschieht also auf den Namen Jesu und im erweiterten Sinn in Namen des Vaters und Heiligen Geistes.
Doch wie taufen die Zeugen Jehovas?
Seit 1985 lauten ihre beiden offiziellen Tauffragen folgendermaßen:
- „Hast du dich auf der Grundlage des Opfers Jesu Christi von deinen Sünden abgewandt und Jehova hingegeben, um seinen Willen zu tun?“
- „Bist du dir bewusst, dass deine Hingabe und Taufe dich als einen Zeugen Jehovas ausweist, der mit der vom Geist geleiteten Organisation Gottes verbunden ist?“
Was dabei auffällt:
- Jesus wird nicht als Person genannt – nur sein Opfer.
- Der Heilige Geist fehlt vollständig.
- Stattdessen: eine klare Bindung an eine menschliche Organisation.
(Anmerkung: Das Synonym „Organisation“ kann bei den Zeugen Jehovas wahlweise durch „Führung“ oder „Leitung“ ersetzt werden – gemeint ist immer das Leitungsgremium, das als „treuer und verständiger Sklave“ die weltweite Gemeinschaft anführt.)
Meine Frage ist also nicht rhetorisch, sondern ernst gemeint und theologisch relevant:
Wie kann man es rechtfertigen, eine mehrfach biblisch bezeugte Taufformel durch eine organisationszentrierte Erklärung zu ersetzen und das bei einem der bedeutendsten Schritte im christlichen Leben?
Jesus sagt in Johannes 14,6:
„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“
Die Taufe auf eine Organisation ist also kein Nebenschauplatz.
Es ist eine Verschiebung des Bezugs – vom Retter (Jesus) hin zum System (Organisation).
Wer ernsthaft behauptet, dies sei „biblisch“, sollte sich fragen lassen:
- Ist Jesus hier nur noch Mittel zum Zweck oder wirklich der Herr der Gemeinde?
- Wird seine Rolle nicht faktisch von der Organisation übernommen, die sich zur Mittlerin zwischen Mensch und Gott macht?
- Ist Jesus letztlich nur noch als Opfer anerkannt – aber funktional völlig austauschbar?
Oder gibt es eine einfache, biblisch fundierte Erklärung, die ich übersehe?
Mich interessiert ehrlich:
Was haltet ihr egal ob als Christen, Bibelleser, aktiver oder ehemaliger Zeugen Jehovas oder einfach als denkende Menschen von dieser Taufformel der Zeugen Jehovas?
Ich werde nur auf wirklich ernstgemeinte Antworten reagieren und bitte ausdrücklich um einen respektvollen Umgangston auch bei unterschiedlichen Überzeugungen. Danke!