Ich halte Feminismus, der sich wirklich für die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen einsetzt, durchaus für sinnvoll und notwendig. Auch in unserer heutigen Zeit. Denn es gibt durchaus einige Probleme in unserer Gesellschaft, wo Frauen benachteiligt werden, genauso wie es andere Bereiche gibt, wo Männer benachteiligt werden. Das sind aber kulturelle und gesellschaftliche Probleme, die auf einer kulturellen und gesellschaftlichen Ebene geregelt werden müssen. Auf politischer und juristischer Ebene sind wir bereits auf einem Stand, wo Frauen die gleichen Rechte genießen wie Frauen, wenn nicht sogar mehr. Was nachwievor zu Problemen führt sind die Einstellungen in unseren Köpfen. Wenn ich einen Handwerker brauche, der bei mir die Fliesen verlegen oder eine Stromleitung durch die Wand legen soll, reagiere ich auch voreingenommen, wenn da eine Frau statt einem Mann antanzt, auch wenn ich weiß, dass das Geschlecht absolut nichts mit der Kompetenz zu tun hat, die man für diesen Beruf benötigt. Es ist halt einfach so, dass sich Frauen in unserer Gesellschaft allgemein mehr für Menschen interessieren als für Dinge, genauso wie sich Männer allgemein mehr für Dinge interessieren als für Menschen. Darum sind technische Berufe von Männern dominiert und soziale Berufe von Frauen. Entsprechend habe ich eine gewisse Vorstellung davon, dass der Handwerker ein Mann und der Erzieher im Kindergarten eine Frau ist. Das geht sogar so weit, dass ich selbst Bedenken habe, mein Kind einem Mann im Kindergarten anzuvertrauen, auch wenn das überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Ich weiß das auch alles, nur habe ich diese Gefühle halt trotzdem.
Und so geht jeder von und mit gewissen Vorurteilen durch die Welt. Und in seltenen Fällen werden haben Frauen es halt wirklich schwer, einen Job als Handwerker, oder ein Mann einen Job als Erzieher zu bekommen, nur weil sich ein Chef oder eine Chefin sich das andere Geschlecht nicht in dem Job vorstellen kann. Solche Probleme können wir aber nicht mit Frauen- oder Männerquoten lösen. Das sind über Dekaden eingebrannte Bilder in unseren Köpfen, die wir nur über viele Jahre und ständige Wiederholung von Beispielen, wie es richtig wäre, aus unseren Köpfen entfernen können. Nur so können wir unsere Gesellschaft von innen heraus verändern. Dabei müssen wir aber darauf achten, dass wir das Ganze nicht ins Gegenteil umschlagen. Wenn wir Handwerksjobs nur noch mit weiblichen und soziale Jobs nur noch mit männlichen Models bewerben, ist das genauso falsch. Das führt zu genau dem Problem, das unsere Werbung heute hat, nämlich dass es keine einzige normale, heterosexuelle, weiße Familie mehr in deutscher Werbung gibt.
Und mein großes Problem mit dem heutigen Feminismus, wie auch mit der Mens Rights Bewegung ist, dass Männer und Frauen sich auf harte Fronten festgefahren haben und sich darüber streiten, wer das größere Opfer in unserer Gesellschaft ist. Auf der einen Seite werfen Frauen den Männern vor, dass sie alle unterdrückende Patriarchaten seien, was völliger Blödsinn ist. Und auf der anderen Seite behaupten Männer, dass Frauen Schuld daran sind, dass sie keine Partnerin finden, was genauso dämlich ist. Sogut wie niemand redet wirklich mal darüber, welche Probleme das andere Geschlecht so in der Gesellschaft hat, und wie man selbst etwas dagegen tun kann. Niemand ist zu diesem Schritt bereit. Und wer doch mal versucht die tatsächlichen Probleme effektiv anzugehen und anzusprechen, der geht in der ganzen Debatte um Incels und Gold Digger völlig unter.
Morgan Freeman hat mal so einen schönen Satz gesagt, dass der beste Weg, um Rassismus zu bekämpfen, der ist, aufzuhören, darüber zu reden. Denn das einzige, was den Rassismus wirklich am Leben hält, ist die stetige Präsenz in allen möglichen Medien, Social Media eingeschlossen. Und ich denke, das ist auch der einzige Weg, um die Debatte über Feminismus zu beenden, die seit Jahren nirgendwo hin führt, sich ständig im Kreis dreht und unsere Gesellschaft Tag für Tag ein Stück weiter spaltet, obwohl wir alle doch das selbe Ziel haben: glücklich und in Frieden miteinander leben.