Was würde passieren, wenn immer mehr und mehr Leute Aktien kaufen? (Gedankenexperiment)

9 Antworten

Ich würde die Frage, welche Auswirkung eine erhöhte Sparquote / Anlagequote auf die Konsumausgaben, folglich auf die Konsumgüterindustrie (du sprachst von Handys / TVs / Autos als Konsumgüter) nicht auf Aktien beschränken.

Wenn Konsumenten / Bürger mehr sparen und weniger ausgeben hat das wirtschaftliche Auswirkungen die sicherlich spürbar sind und wo Regierungen und Notenbanken versuchen regulierend einzugreifen. Oft könnte das der Fall sein, wenn es Existenzängste gibt.

Die Verschiebung der Sparquote vom Sparbuch usw. in Aktien, Immobilien usw. kann natürlich dann Auswirkungen haben, wenn gleichzeitig viele diese wieder loswerden möchten, um zu konsumieren oder weil sie Schulden tilgen müssen. Grundfrage des Aktieninvestments ist immer die Frage "wer kauft nach mir" - weil genau diesen Käufer brauche ich, wenn ich meine Aktien wieder zu Bargeld machen möchte.

Du solltest bei Deinem Gedankenexperiment berücksichtigen, dass es sich in der Ökonomie immer um kommunizierende Röhren handelt. Darin gründet der Optimismus in die Selbstregulierung von Märkten, wenn an den Röhren nicht manipuliert wird oder die Volumina nicht mehr zu überschauen sind und Erwartungen sich von den realen Verhältnissen lösen können. Aktien sind ja keine reinen Finanztitel als Vermögensanlage, sie sind Anteilsbescheinigungen mit Riskilbeteiligung. Außerdem sind Aktien nicht die einzigen Quellen der Unternehmensfinanzierung. Wenn also Gelder über Aktien zufließen, werden andere, für die Unternehmen dann teurere Methoden der Fremdfinanzierung abgebaut. Die Fremdfinanzierung wandelt sich dann in Direktbeteiligung und die Frage wird dann sein, wer nimmt die Entscheidungsrechte-Vertretung dann wahr? Wird sie an Fondsmanager und Vermögensverwalter abgetreten, die eher kurzfristige Renditen bevorzugen, würden sich die Arbeitnehmer wundern, wenn sie bald kein Einkommen mehr haben, das sie in Aktien anlegen könnten. Da Geld, das in Aktien angelegt wird, dem Kreditmarkt entzogen wird, würde das alle Nicht-Aktiennotierten Unternehmen, vor allem den Mittelstand und kleine Selbstständige benachteiligen und die Großkonzerne und Großbanken stärken. Ob das den Menschen gut tut? Hier ist der Unterschied zwischen "besitzen" und "verfügen" extrem wichtig. Denn Aktienbesitzer halten ja nicht nur Finanztitel. Sie sind Miteigentümer und die Frage ist, wer diese Rechte bündelt und über die Entscheidungsmacht verfügt.

Die Antwort von @berkersheim geht schon in die richtige Richtung.

Als erstes findet ja eine Umschichtung von passivem Spargeld (Sparkonto) in aktive Aktienbeteiligung statt. Das Spargeld fliesst derzeit auch schon über die Banken in Form von Anleihen an die Wirtschaft also würde bei einer Veränderung der Spargewohnheiten die Anleihenanteile von Unternehmen zurück gehen und die Eigenkapitalanteile (Aktien) steigen.

Als zweites würden die Aktienpreise zwar erstmal steigen (mehr Leute wollen die Aktien kaufen) gleichzeitig würden aber auch die Unternehmen wachsen können und wollen weil Eigenkapital preiswerter zu haben ist. Auch würden sich neue Unternehmen leichter mit Eigenkapital versorgen können also würden neue Unternehmen und Idee leichter finanzierbar sein. Das würde dazu führen, dass der Verzicht an Konsumgütern zu einer Ausweitung an Investionsgütern führt. Schliesslich bunkern die Unternehmen ja das Geld nicht im Keller sondern investieren es in Maschinen, Produktion, Forschung usw.

Mittelfristig wären diese Konsumverzichter (die Leute die die Aktien gekauft haben) reicher als wenn sie das Geld in die neuen Fernseher gesteckt hätten. Sie hätten keine Kredite aufgenommen oder magere Zinsen vom Sparkonto erhalten sondern sie wären Aktienbesitzer an hoffentlich florierenden Firmen (natürlich gäbe es auch Verlierer die auf die falschen Aktien gesetzt hätten´aber sie hätten halt nur den nicht gekauften TV verloren). Und diese Konsumverzichter können in einer anderen Lebensphase entweder dann zum Konsum übergehen (teilweise oder vollständig) oder aber das Geld für die Erben verwalten.

Für die Gesamtbevölkerung gesehen würde es zu einer Senkung des Armenanteils führen weil weniger Leute durch Schulden oder unbedachten Konsum in die Armutsfalle geraten - dadurch könnten durch gesparte Sozialausgaben mittelfristig die Staatsausgaben fallen und dadurch auch die Steuern oder Sozialabgaben.

Die von @berkersheim angesprochene Kultur des "Mitentscheidens" würde sich deutlich ändern. Wenn fast jeder Aktien hat will nach und nach auch jeder in gewissem Rahmen mit entscheiden und hat auch Grund sich richtig zu infomieren. Wenn ich keine Siemens Aktien habe und dort nicht beschäftigt bin interssieren mich Nachrichten über Siemens kaum. Wenn ich dort Aktien habe höre ich genauer hin wenn Siemens Geschäftsfelder ausbaut oder schliesst und bilde mir eine Meinung - und das ist immer gut.

Ich glaube nicht das es zu eine Gleichgewicht durch immer weiter steigende Kurse kommt. Wenn sich jeder einzelne mit der Wirtschaft beschäftigt und bereit ist sich mit Risikokapital (und das sind Aktien) zu beteiligen würden viele kleinere Unternehmen die bislang als Einzelgesellschaften oder GmbHs aufgebaut sind leichter den Umstieg zu einer Aktiengesellschaft wagen können. Und damit würde sicherlich das Angebot an Aktien der verschiedensten Gesellschaften steigen.

Und wie gesagt wenn der Konsum sinkt stellen halt die Gesellschaften andere Güter her. Und dann darf man die zeitliche Dynamik nicht vergessen. Ich kaufe heute für 1000 Euro ein Smartphone oder was auch immer. Bei einer Lebensdauer von 4 Jahren und einem Zinssatz von 8% für die Finanzierung belastet mich das mit ca. 300 Euro und nach 4 habe ich nichts (bis auf die Nutzung). Wenn ich das Geld investiert hätte (300 Euro pro Jahr) hätte ich nach 3 Zyklen (12 Jahren) ca. 5.000 Euro (Rendite 5% vorausgesetzt). Ich habe als 2.000 mehr für evtl. Konsum. Und während der Zeit hätte mein Geld auch nicht dumm dagelegen sondern wäre in eine Maschine, eine Forschung oder was auch immer investiert gewesen. Es hätte also die Gesamtheit der Aktiengesellschaften keinen Auftrag verloren. Aber natürlich würden Gesellschaften für Konsumerelektronik weniger herstellen und Gesellschaften für Investitionsgüter bessere Geschäfte machen.

Ich würde mir die Gegenfrage stellen was würde passieren wenn alle Aktien im selben Moment verkauft würden ? Aber zur Frage. Wenn du genug Geld hast stellt sich die Frage was mache ich damit. Zinsen gibt es keine mehr. Gekauft hast du schon alles was du haben wolltest. Also wohin mit dem Geld. Aktien sind da noch eine Anlagemöglichkeit. Das Problem ist die Gier und wenn du den Markt beobachtest reagiert er auf fast keine Hiobsbotschaft mehr. Der DAX steigt im Moment, oder stagniert nur leicht. Er ist von 7500 Punkten über die 11000 Punkte geschossen. Das ist eine Zunahme von? Und das bei einer Wirtschaftssteigerung von etwa 2,5 % ?Kopfkratz. Sicher ist es für die Aktien immer das beste wenn man einen neuen Kreis erschliessen kann und neue Anleger hinzubekommt. Das Risiko wird gestreut und am Schluss ist dann wieder der Kleinanleger der Dumme. Im Normalfall sind die Aktien von einem Unternehmen begrenzt. Genzenlos kaufen ist da nicht. Aber die Aktie wird steigen bei guter Nachfrage.

dan030  08.05.2015, 10:47

In Deinen Ausführungen zum DAX ist ein Denkfehler drin. Das, was typischerweise als "der DAX" in den Medien genannt wird, ist der DAX Performance Index, nicht der DAX Kursindex.

Der DAX Performance Index enthält auch die anteiligte Bewertung für ausgeschüttete Dividenden. Und da in den vergangenen Jahren fleißig Dividenden ausgeschüttet wurden, ist der DAX Performance Index allein deshalb deutlich angestiegen - und das auch begründet. Denn es ist ja reales Geld an die Anleger ausgeschüttet worden.

Wenn Du die reinen Kurse ohne Berücksichtigung der Dividenden betrachten willst, dann solltest Du auf den DAX Kursindex schauen. Da sieht die Kurve wesentlich weniger steil aus.

Wenn viele Aktien verkaufen wollen aber die Käufer fehle, dann fällt zwangsläufig der Kurs und viele Aktienbesitzer, insbes. Amateure "fühlen" sich arm! und solch ein Gefühl kann ganz viel auslösen, wenn es ein Kollektivgefühl wird.