Vorteile Hausarztmodell

6 Antworten

Ich sehe im Hausarztmodell keinerlei Vorteiele für mich, es schränkt mich eher ein.

Es verpflichtet mich, immer erst zu meinem Hausarzt zu gehen, der dann entscheidet, ob er mich an einen Facharzt weiter überweist. Ich möchte aber direkt zu Fachärzten gehen können, wenn notwendig (auch aus Zeitspargründen).

Mit diesem Modell soll unter anderem eingeschränkt werden, dass der Patient "Ärztehopping" betreibt, und Untersuchungen unnötig mehrfach stattfinden. Im Prinzip soll es also Kosten sparen.

Für mich kommt es nicht in Frage, bin aber auch kein "Ärztehopper".

liebe Forum-Leser,

heute morgen bin ich zufällig auf diese Beiträge gestoßen und möchte deshalb als Hausarzt einfach einmal ein paar Dinge näher erläutern. Den nur wenn man etwas verstanden hat kann man sich auch ein vernünftiges Bild machen.

Das Hausarztmodell in Baden-Württemberg hat für Ärzte folgende Vorteile.Die Vergütung erfolgt pauschal, d.h. es werden keine Einzelleistungen mehr vergütet, es gibt nur noch eine Pauschale die evtl. durch das Vorhalten von Großgeräten (wie Ultraschall) und persönlichen Zusatzqualifikation (wie Chirotherapie usw.) modifiziert wird . Dies hat den Sinn, das der Arzt, wenn seine Finanzen gesichert sind und zusätzliche Leistungen nicht mehr Geld bedeuten, sich wieder den Patienten zuwendet die seine Hilfe nötig haben und nicht denen bei denen er möglichst viel verdienen kann (denn auch eine Arztpraxis ist letztendlich ein Wirtschaftsunternehmen).

Weiterhin: Ärzte werden von der Regierung und den Krankenkassen erpresst. Wenn sie gute (oder im Krankenkassen-Deutsch "teure") Medikamente, Diagnostik oder Leistungen verschreiben, werden sie mit ihrem Privatvermögen haftbar gemacht (sogenannte Budgetierung und Regressforderungen) nicht selten im Bereich von 10.000 bis 200.000 Euro/Jahr und häufig bis zu vier Jahre rückwirkend, Und diese Forderungen sind nicht nur reine Drohgebärden der Kassen sondern sehr real und haben schon viele gute Arztpraxen in die Insolvenz und den privaten Ruin getrieben. Auch gelten diese Budgetierungen nicht nur für Medikamente sondern auch für Physiotherapie-Rezepte, Überweisungen zu Großgeräteuntersuchungen (z.B. MRT usw.) und vor allem auch unabhängig davon ob der Arzt gute oder zwingende Gründe (wie z.B. die Betreuung eines ganzen Pflegeheims) vorweisen kann. Dieses existenzbedrohende System (was übrigens die tolle Idee von Horst Seehofer war ) wird durch ein Belohnungssystem für gute Medizin ersetzt. Eine Nichteinhaltung der von den Kassen vorgegebenen Ziele bedeutet halt 1-4 € weniger pro Patient/Quartal, ist also überschaubar. Somit wird sichergestellt das der Arzt nicht für die Behandlung schwerkranker und behandlungs- intensiver Patienten bestraft wird wie im Augenblick in KV System üblich ist.

Die Pflichten bestehen für den Arzt vor allem in einer leitliniengerechten Therapie, regelmäßigen Fortbildungen sowie einmalig in die Investition in ein nicht ganz billiges EDV-System.

Für den Patienten bestehen die augenscheinlichen Vorteile zunächst einmal (zumindest bei der AOK BW) in einem Wegfall der Rezeptgebühren für die gängigen Medikamente und einer verbesserten Terminvergabe. Die wahren Vorteile des HZ-System sind aber sehr viel subtiler und liegen eher in der häufig nicht thematisierten Psychologie des Arztes, der den kranken Patienten nun nicht mehr als Bedrohung für sein ohnehin mageres Budget sehen muss sondern sich ohne Hintergedanken den Krankheiten seiner Patienten/Kunden widmen kann. Dafür ist er ausgebildet und das ist auch was die meisten Ärzte wollen. (Übrigens ein Hauptgrund warum es immer weniger Hausärzte gibt)

Die Bezahlung der stadtzentrierten Versorgung lehnt sich im übrigen an die des KV-Systems an, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied. Der Arzt bekommt seinen Pauschalbetrag für jeden Patienten und nicht wie im KV-System wo auch für diese Leistungen ein festgelegtes Budget existiert und ihm vermehrter Arbeitseinsatz regelmäßig ganz frech einfach gestrichen wird.

Allerdings bestehen auch einige Verpflichtungen für beide Seiten. So soll der Hausarzt in diesem System als Lotse dienen, was er aber nur kann, wenn man ihn auch einbezieht. Deshalb die Überweisungspflicht. Weiterhin sollte der Arzt die Patienten auch kennen und das geht nur wenn ein ständiges Doktorhopping unterbleibt, was regelmäßig dazu führt, dass der nächste Arzt wieder von vorne mit der Diagnostik und Therapie bedingen muss.

Und zu dem Beitrag das das alles nur mehr kostet möchte ich abschließend noch folgendes erwähnen. Natürlich kostet die Einführung der Hausarztzentrieren Versorgung erst einmal Geld, wie alle neuen Strukturen. Nach 5 Jahren stadtzentrierter Versorgung kann ich aber mit Sicherheit sagen, das das HZV-System im Schnitt deutlich mehr Geld spart. Alleine durch eine vernünftige Lenkung der Patientenströme und Therapie sowie einer optimale Versorgung insbesondere der chronisch kranken Patienten konnten immense Summen eingespart werden (z.B. durch die Vermeidung unnötiger und teurer Krankenhauseinweisungen). Immerhin wurde das HZV-System auch von der AOK erfunden und initiiert und alle anderen Kassen sind (teilweise gezwungen) nachgezogen. Aber KEINE EINZIGE KASSE hat bisher das HZV-Modell aufgekündigt, auch nicht die, die dazu genötigt wurden, Und Gelegenheit hatten dazu alle unter schwarz/Gelb.

So und nun ist meine Familie wach und ich muss Brötchen holen.

In diesem Sinne noch einen schönen Tag.

Du bezahlst Deine Praxisgebühr nur einmal im Jahr beim Hausarzt. Mußt aber im Gegensatz dazu - im notwendigen Fall - eine Überweisung zum Facharzt bei Hausarzt holen.

Vorteil: - Geldersparnis (weil Du ja sonst bei jedem Facharztbesuch die Praxisgebühr zahlen müßtest)

Nachteil: Zeitaufwand, wenn man erst zum Hausarzt muß wegen der Überweisung und dann erst zum Facharzt.

deine freie arztwahl wird beschränkt, du mußt zu dem facharzt, zu dem er dich schickt

Wenn du bereit bist auf dem Land zu praktizieren, kann es Vorteile bringen. Ich verweise auf die Landarzt- Regelung.