Unterhaltpflicht Großeltern

4 Antworten

Großeltern sind zwar nach dem BGB zum Unterhalt verpflichtet, werden aber in der Regel NICHT heran gezogen. Das gleiche gilt umgekehrt für Enkel den Großeltern gegenüber.

stella185 
Fragesteller
 11.01.2013, 15:53

Heisst das, die Großeltern werden nicht heran gezogen beim Hartz4 Enkelkindern? auch wenn sie Vermögen haben?

VirtualSelf  11.01.2013, 19:56

Sie werden deshalb nicht herangezogen, weil der Bezug von Alg2 schlichtweg keine Unterhaltspflicht auslöst.
Es ist also kein "Verzicht" es ist ein "Nicht-Können".

stella185 
Fragesteller
 11.01.2013, 20:42
@VirtualSelf

Danke für die Antwort! Gilt das gleiche auch für die Sozialhilfe? meine ich die Unterhaltspflicht!

VirtualSelf  11.01.2013, 21:33
@stella185

In der Sozialhilfe (Leistungen nach dem SGB XII) sieht es ggf. anders aus.

Großeltern werden nie zum Unterhalt für ihre Enkelkinder herangezogen, auch nicht bei Sozialhilfe. Ausnahmen gibt es sicher, z. B., wenn die Eltern verstorben sind und die Großeltern das Sorgerecht für ihr Enkelkind haben. Aber das ist nicht der Normalfall. Und die Eltern eines erwachsenen Sozialhilfeempfängers haben einen hohen Selbstbehalt, bevor sie dem Sozialamt die Auslagen ersetzen müssen.

Großeltern sind ihren H4-Enkeln nicht zum Unterhalt verpflichtet, da der Bezug von H4 weder nach BGB-Recht, noch nach SGB II-Recht eine Unterhaltspflicht auslöst.

GerdausBerlin  13.01.2013, 05:06

Diese Pflicht muss nicht ausgelöst werden (durch H4 oder sonst etwas), sie steht schon im BGB!

§ 1601 Unterhaltsverpflichtete: "Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren."

Nur bei erwerbsfähigen Personen ab 18 tritt diese Pflicht zurück hinter der Erwerbs-Obliegenheit des armen Verwandten!

Und in den Vordergrund tritt bei Arbeitslosigkeit (= Unfähigkeit, seiner Erwerbs-Obliegenheit nachzukommen) das ALG I bzw. das ALG II.

Dein Gedankengang lief also verkehrt herum: Falsch ist deine These: Die Unterhaltspflicht nach BGB entfalle, weil "der Bezug von H4" keine Unterhaltspflicht auslöse (was ja nie behauptet wurde, aber von dir impliziert, was falsch ist, weil diese Pflicht sui generis gegeben ist qua Verwandschaft in gerader Linie!),

richtig ist vielmehr: Die Erwerbsfähigkeit storniert die (generell vorhandene) Unterhaltspflicht!

Und erst daraus wird auch deutlich: Ab dem Ende der Erwerbsfähigkeit tritt die Unterhaltspflicht wieder in den Vordergrund!

Also etwa, wenn Sozialhilfe beantragt wird wegen eingeschränkter Erwerbsfähigkeit.

Wobei zu beachten ist, dass bei einer Grundsicherung wegen Alters oder eingeschränkter Erwerbsfähigkeit auch die Unterhaltspflicht eingeschränkt ist auf Einkommen über 100.000,- im Jahr.

Nur nicht mehr, wenn mehr nötig ist als Grundsicherung: Also wenn etwa zusätzlich Pflegekosten anfallen, z. B. in einem Heim. Und sonstige Heimkosten natürlich.

Gruß aus Berlin, Gerd

VirtualSelf  13.01.2013, 09:03
@GerdausBerlin

Bemerkenswerte Analyse, die letztlich auf den (umgangs)sprachlichen Unterschied zwischen "quasi stornieren" und "nicht auslösen" hinausläuft, da ich die generelle Unterhaltspflicht ja nicht in Abrede gestellt habe.

M.E. liege ich mit "nicht auslösen" semantisch näher an der Wahrheit, da stornieren zumindest in meinem Sprachgebrauch "rückgängig machen" bedeutet, aber genau das ja nicht vorliegt, da die Pflicht nach BGB-Recht ja lediglich im Hintergrund "lauert, ruht, noch vorhanden ist".

Um ein Bild zu bemühen: Der geladene Revoler (Unterhaltspflicht) liegt in deiner Hand, mit H4 kannst du aber den Abzug nicht ziehen (dat Dingens nicht auslösen). Du kannst ihn jedoch nicht wegwerfen oder zurückgeben (stornieren), weil davor der Sekundenkleber am Griff ist.

Aber genug der fruchtlosen Überlegungen.

"Nach § 1607 Abs. 1 BGB sind Großeltern zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet, wenn ein Elternteil wegen Leistungsunfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. § 1607 Abs. 2 BGB begründet eine Unterhaltspflicht, wenn die Rechtsverfolgung ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist, z. B. wenn der Unterhaltsberechtigte mit einer Jugendamtsurkunde oder einem Urteil keine Zahlung erlangen kann, weil kein vollstreckungsfähiges Einkommen oder Vermögen vorhanden ist. Sollte der Unterhaltsschuldner über geringe Einnahmen verfügen, kann der betreuende Elternteil für das minderjährige Kind bzw. das unterhaltsbedürftige volljährige Kind selbst eine Inanspruchnahme der Großeltern erwägen.

Eine Inanspruchnahme ist also nur möglich, wenn der betreuende Elternteil finanziell nicht in der Lage ist, das unterhaltsbedürftige Kind selbst angemessen finanziell zu versorgen. "

http://www.gesetz-dem-fall.de/recht_und_gesetz/Unterhaltspflicht_der_Grosseltern_fuer_ihre_Enkelkinder.html