Schuldverteilung bei Unfall (Stauende) wegen fehlender Sicherung?
Hallo liebe Community,
ich habe eine Frage an alle Verkehrsprofis.
Ich bin heute Morgen gerade so einem schweren Unfall entkommen. Und würde gerne Mal aus Neugierde wissen, wie die Schuldverteilung gewesen wäre.
Dank Dashcam konnte ich mir die Schrecksekunden nochmal genau ansehen und mir ein Bild davon machen.
Ich fuhr heute Morgen bei trockener Fahrbahn und leichtem Sonnenschein ca. 115 mit reichlich Abstand zu einem vorderen Kleinwagen.
Plötzlich hatte ich eine sehr starke Sonnenspiegelung und sah kaum noch etwas, Sonnenblende herunter geklappt und ich sah nur noch, dass der Kleinwagen per Vollbremsung anhielt. Ich fahre einen 2T schweren Mercedes E53 AMG (Der ist jetzt 1 Jahr alt und die Reifen + Bremsen sind nicht verschlissen) und wäre trotz Notbremsung nicht mehr hinter dem Kleinwagen zum stehen gekommen, also lenkte ich zwischen Leitplanke und Fzg. Da sie sich nicht an die Rettungsgasse hielten berührte ich lediglich den Spiegel des Kleinwagen, die zwei Fahrzeuge davor waren noch weiter rechts.
Warnweste an, hinter die Leitplanke und mit dem Kleinwagenfahrer vereinbart ein Stück weiter auf dem Standstreifen die Adressen zu tauschen.
Dabei sah ich aber, dass der Hauptsächliche Unfall 4 Fahrzeuge weiter vorne war und die Beteiligten ohne weitere Absicherung stritten. Anscheinend ist der Unfall schon vor 3 Minuten passiert und sie hielten es für nicht notwendig Sicherungsmaßnahmen einzurichten.
Dies führte wohl dazu, dass die vor mir fahren Fahrzeuge selbst überrascht wurden und eine Notbremsung machen mussten.
Wie seht Ihr die Schuldverteilung? Hätte durch das Absichern der Unfallstelle etwas verändert?
Auf der Autobahn war noch nicht so viel los, weshalb wohl schon einige weitere Fahrzeuge um die Unfallstelle herum fuhren.
Ich freue mich auf Eure Meinung.
8 Antworten
Wenn man wegen (voraussehbarer!) Sonnenspiegelung nicht mehr rechtzeitig sieht, dass der Wagen vor einem gebremst hat, war man zu schnell. Dein Auffahrunfall lag in erster Linie an fehlendem Abstand und nicht daran, dass der Wagen vor Dir überrascht wurde (er kam ja rechtzeitig zum Stehen, oder?)
Mir ging's in erster Linie um die juristische Sicht. Dass Du irgendwie schlimmer fährst als die anderen, habe ich nicht behauptet.
Die meisten Leute halten zu wenig Abstand und haben lediglich das Glück, dass der vor ihnen eben nicht plötzlich aus Gründen hart bremsen muss, die von hinten nicht erkennbar sind. Das ist glücklicherweise selten, sonst gäbe es beim typischen Abstand ständig Massenkollisionen.
Aber wenn man sich auf sein Glück verlässt, kann man eben auch Pech haben. Dafür bleibt man verantwortlich.
Ich wollte mich bei Dir auch nicht rechtfertigen oder auf eine Art Widerspruch zeigen.
Ich habe nur das Gefühl, dass einige in diesem Threat, bei Mercedes AMG auf der linken Spur , fallunabhängig, an den bösen Fahrer denken.
Mein Fahrzeug zu nennen war mir unangenehm, allerdings wollte ich mit einfließen lassen, dass vielleicht die Größe/Gewicht mit in die Beurteilung hinein-fließen. Vom Gefühl her, kamen meine bisherigen, leichteren, Fahrzeuge schneller zum stehen.
Bei 53.000 KM Fahrleistung (davon 10.000 mit dem Wohnwagen) per annum kann ich mir ein schnelles oder riskantes Fahren nicht erlauben.
Meiner Meinung nach wäre die Situation erst durch eine Geschwindigkeit von 70 Km/h anstelle der 115 Km/h verändert worden.
Wahrscheinlich wäre ein größerer Abstand sinnvoller, als Tempo 70 zu fahren. Wieviel Meter waren's denn?
Da kann etwas nicht stimmen. Wenn der Abstand rechtlich gepasst hätte, hätte es nicht knallen können.
Ein größerer Abstand ist immer besser. Mein MB hat ein Radar der gnadenlos Alarm schlägt, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten wird. Dieser übertönt sogar jegliche Musik.
Um den Daumen herum müssten es zwischen 70-90 Meter gewesen sein. Ich habe mir nochmal das Video angesehen. Der Abstand von 1,5 bis 2 Leitpfosten war zu erkennen. Erst als der Kleinwagen bremste, verringerte sich der Abstand schlagartig. Lt. Video: Als der Kleinwagen mit seinem Heck auf Höhe eines Leitpfosten war, war der zweite Leitpfosten von mir entfernt und deutlich sichtbar.
Danke für Deine Antwort "Schleudemaxe". Wieso kann daran etwas nicht stimmen? Der Abstand wurde ja während des Fahrens durchgehend eingehalten. Aber durch die plötzliche Blendung war für mich nicht (zumindest für ca. 5-7 Sekunden, bis ich die Blende herunter geklappt habe) sichtbar, dass der Vordere bereits eine Notbremsung durchführte. Diese 5-7 Sekunden Zeitverzögerung zzgl. Reaktionssekunde haben gereicht, um die Distanz zu dem bereits stehenden Fahrzeug schlagartig abzubauen.
Es hat aber doch geknallt, also hat der Abstand nicht gepasst, auch Dein "Bremsautomat" hat versagt. Und Du bist obendrauf auch noch gefahren ohne etwas zu sehen.
Hmm. Nehmen wir mal 70 m an. Du bist 115 km/h gefahren, das macht ca 32m/s. Reicht ja normalerweise. Du kannst Dir dann 1,7 s Zeit lassen, bis Du erkennst, dass das Auto vor Dir bremst, und hast dann noch immer eine normale Reaktionszeit von 0,5 s Zeit, die Bremse durchzudrücken.
Dann hast Du durch die Sonnenblendung mindestens 1,7 Sekunden Blindfahrt gehabt. Kann das hinkommen?
Die Gerichte erwarten, dass man schwierige Sichtbedingungen komplensiert: Mehr Abstand, langsamer, wenn man nichts mehr sieht muss man so bremsen, dass man innerhalb der übersehbaren Sichtweite zum Stehen kommt. Schwierig auf der Autobahn. Wird aber trotzdem verlangt.
Ich verste die ganze Diskutiererei hier nicht. Allein das Ergebnis (erst neben dem Vorfahrzeug zum Stehen gekommen) zeigt doch eindeutig, dass der Abstand nicht ausreichend war.
Die Frage ist halt, was man konkret auf der Autobahn macht, wenn man plötzlich geblendet wird. Vollbremsung? Und ist eine Blendung tatsächlich vorhersehbar? Die Gerichte sehen das so, aber im tatsächlich vorhandenen Autobahnverkehr wird einem schon jeder normale Abstand zugefahren.
Du wirst die alleinige Schuld bekommen und sogar eine höhere Strafe. Wer nichts sieht, darf doch auch nicht fahren.
Hallo Schleudermaxe, ich habe Dir bereits auf Dein unten stehenden Kommentar geantwortet.
Prinzipiell gebe ich Dir Recht. Wer nichts sieht, darf natürlich kein Kraftfahrzeug führen. Aber genau wie in der rechtlichen Differenzierung zwischen Parken, Halten und Warten (z.B. das Stehen an der roten Ampel od. vor einem Bahnübergang) sehe ich auch bei Sichtbehinderungen einen rechtlichen Ermessensspielraum.
Wer mit Vorsatz ein KFZ, mit eingeschränkter Sicht, führt (z.B. weil man Eis/Schnee/Verschmutzungen nicht ausreichend entfernt) kann doch nicht die selbe Beurteilung erleiden wie im Falle des Führens eines KFZ mit der Wettersituation angepassten Geschwindigkeit und der Einhaltung des vorgeschriebenen Mindestabstandes. Vgl. Nicht zu erwartende Einflüsse.
Natürlich läuft jede Beurteilung darauf hinaus, dass in konkret dieser Situation jegliche verminderung der Geschwindigkeit oder der Aufbau weiterer Abstände eine Kollision hätte verhindern können. Dann aber nur mit geschwächter Schuldfähigkeit.
Der reinen Aussage nach "wer nichts sieht, darf kein KFZ führen" dürfte niemand mehr ein KFZ führen, weil jederzeit die Möglichkeit der unvorhersehbaren Sichtbehinderung besteht.
Eine Sichtbehinderung muss folglich immer eingeplant werden, demnach bin ich der Meinung, dass ich durch den erhöhten Abstand (gemessen an Schatten und Leitpfosten) fast 2 Leitpfosten Abstand hatte und die Geschwindigkeit in Höhe von 115 Km/h dem Durchschnitt der anderen Verkehrsteilnehmer entsprach. (Wie zuvor in einem anderen Kommentar erwähnt: Der Abstand zum Vordermann wurde im Laufe der vergangenen Minuten größer und die Geschwindigkeit der rechts von mir befindlichen Fahrzeuge war um die 10 Km/h geringer. Jedenfalls fuhr ich nur gerade so an ihnen vorbei.)
Ich freue mich auf Deine Antwort.
Dass du dein Fahrzeug JEDERZEIT in der Gewalt haben musst und zum Stehen bringen kannst, muss man dir ja wohl nicht erzählen.
Und dass du "plötzlich" nichts sehen konntest, ist auch eine Situation, mit der du bei tiefstehender Sonne zu rechnen hast.
Bei einem Auffahrunfall auf ein (stehendes !!) Fahrzeug, bist du also immer in der Haftung. Ganz gleich, was andere Verkehrsteilnehmer für Fehler gemacht haben.
Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__1.html
Deine Haftung: 100%.
Demjenigen dem du auffährst gegenüber haftest du zu 100%. Die anderen trifft eine Mitschuld (deine Versicherung könnte sich einen Teil von der Summe die sie wegen dem Kleinwagen zahlen musste von den anderen zurückholen). Die genaue Quote müsste von einem Gericht entschieden werden.
Hallo UGXLII und Danke für Deine schnelle Antwort.
Ich respektiere Deine Antwort, möchte aber auf diesem Wege zumindest eine Stellung geben.
Ich kann nicht beurteilen wie der Kleinwagen zum stehen kam. Aber es spielen meiner Meinung nach viele Umstände in diese Tatsache hinein. Eines war jedenfalls klar und ist auf meiner Dashcam ersichtlich. Der Kleinwagen war schneller als ich unterwegs weil der Abstand über die vergangenen 5 Minuten immer größer wurde.
Dass ich nicht mehr hinter ihm zu stehen kam und zwischen Leitplanke und Fzg durchrutschte lag auch nicht an einem fehlenden Abstand. Dieser war nämlich wesentlich größer als rechtlich vorgeschrieben.
Man kann auf dem Video erkennen, dass plötzlich alles hell wurde und dann die zeit-verzögerte Notbremsung kam.
Ich möchte hiermit nicht bestreiten, dass aus juristischer Sicht der Abstand oder die Geschwindigkeit passend war. Aber ohne Selbstlob zu betreiben, hielt ich mehr Abstand als alle anderen umliegenden Fahrzeuge und war zumindest kaum wahrnehmbar schneller als die Fahrzeuge auf der rechten Spur.