Frage zur systemischen Familienaufstellung bei Demenz.?

3 Antworten

Vorweg: Es gibt unterschiedliche Formen der psychotherapeutischen 'Familienaufstellung'.

Dass demenzkranke Personen mit einbezogen werden ist eher ungewöhnlich, aber durchaus vorstellbar. Auch Demenzkranke sind 'fühlende Wesen' und mögen sich zwar verbal nur begrenzt mitteilen können, tun es aber auf jeden Fall durch ihre nonverbalen Reaktionen (z.B. Anzeichen von sich (Nicht-)Wohlfühlen in einer bestimmten Position, Blickkontakt suchen oder meiden, sich hingezogen fühlen zu jemanden oder ihn meiden wollen etc.). - Und auch die übrigen Teilnehmer reagieren ja ihrerseits auf diese Person. Von daher ist eine Einbeziehung Demenkranker prinzipiell durchaus vorstellbar, informativ und ist mit innerem Erleben für alle Beteiligten verbunden.

velvetblue 
Fragesteller
 28.02.2018, 08:07

Sollte dann nicht auch jemand dabei sein aus der Familie. Wie kann ein relativ Fremder sonst mit ihm arbeiten....Wenn der Krankenkasse zu. B.nicht mehr spricht

Tamtamy  28.02.2018, 08:39
@velvetblue

Im Grunde ist es ein Versuch, der aber erstaunlicherweise häufig zu guten Erkenntnissen führt. Durch die Positionen der 'aufgestellten' Personen zueinander ergeben sich auch emotionale Dynamiken: es werden bei manchen heftige Gefühle ausgelöst, Menschen haben den Impuls, ihre Position in eine bestimmte Richtung hin (z.B. zu einer anderen Person hin) zu verändern, es entsteht mitunter der klare Eindruck, dass "jemand fehlt in diesem Bild" - und wenn man solchen Impulsen nachgeht unter kompetenter fachlicher Führung, können sich überraschend neue Perspektiven ergeben. Z.B. stellt sich heraus, dass in der bewussten Erinnerung der Familie tatsächlich jemand "fehlt", der aber unterschwellig wichtig ist für das Familiensystem. Es kann sich dann z.B. um ein "schwarzes Schaf" handeln, dass aus dem Familienverband ausgestoßen wurde, von dem man nicht mehr geredet hat ('wegen der Schande') - was aber vom 'System-Gedächtnis' her nicht wirklich 'auszulöschen' war. Eine solche Person wieder 'in die Familie' zurückzuführen, kann ganz viel Erleichterung mit sich bringen für die Beteiligten. Und erstaunlicherweise muss das nicht wirklich durch echte Familienmitglieder dargestellt werden, sondern geschieht häufig quasi 'von selbst' auch mit Menschen, die als 'Fremde' stellvertretend die Rolle und Position eines Familienmitgliedes übernehmen.

Tamtamy  03.03.2018, 21:34
@velvetblue

Einige Zeit später:

 Es nervt, wenn Leute eine Fragen stellen, es ihrerseits aber für zu aufwändig halten, sich bei anderen für vernünftige Antworten und die damit verbundene Mühe zu bedanken. Jetzt sag nicht, du würdest auch zu dieser Gruppe gehören wollen?

Es kann für Pflegende sehr hilfreich sein zu erkennen, wie der Demenzkranke sein Umfeld/ "seine Familie" erlebt.

Viele dieser Menschen fühlen sich nicht wie "kranke Alte", sondern wie "Menschen in den besten Jahren" oder sogar wie hilflose Kinder. Sie halten z.T. Pflegekräfte für Eltern, Nachbarn, Lehrer, und Besucher für Geschwister. Sie warten darauf, dass ihr Vater aus dem Krieg zurückkehrt, wollen zur Schule oder zur Arbeit usw.

Es geht bei solchen Ansätzen nicht darum, eine reale Familiensituation zu analysieren oder verbessern, sondern nur darum, den Kranken besser zu verstehen. Manchmal will man ihn mit "Puppenspielchen" auch nur zum Reden bringen/ das Gedächtnis zum Thema "Familie" trainieren..

velvetblue 
Fragesteller
 28.02.2018, 08:17

Hier geht es aber darum spezielle Problemes zu analysieren

DODOsBACK  28.02.2018, 09:04
@velvetblue

Wie was?

Je mehr du in die Frage schreibst, desto weniger musst du per Kommentar nachbessern.

Außerdem gibt es tatsächlich Fälle, in denen die "richtige" Familie in einer systemischen Therapie nichts verloren hat. Missbrauchsopfer müssen ihre Geschichte nicht gemeinsam mit dem Täter aufarbeiten, und man muss eine schwierige Kindheit nicht vergessen, wenn die eigenen Eltern nicht (mehr) darüber sprechen können/ wollen...

Wenn ein älterer Mensch sich "bedroht" fühlt, darf er selbstverständlich "alleine" über seine Gefühle reden, auch wenn die Familie das nicht will!

Die Familienaufstellung ist ein Kind der Systemischen Psychotherapie. Bekannt wurde diese Möglichkeit zur Erkenntnis versteckter energetischer Ursachen in Systemen durch Bert Hellinger.

Näheres bei Wiki: https://de.wikipedia.org/wiki/Bert_Hellinger

Im Normalfall wird ein Familiensystem durch fremde Personen dargestellt, die das ausdrücken, was sie in der gestellten Situation empfinden. Der von Demenz betroffene Mensch wird dabei nicht selbst aufgestellt, es sei denn, dass er kurz in das Lösungsbild gestellt wird.

Ich habe schon mehrfach an solchen Aufstellungen teilgenommen und war immer wieder überrascht, wie Hintergründe und Sachverhalte sichtbar werden, von denen sie Aufstellenden nichts wissen konnten.

Warum und wie das funktioniert ? Mir scheint, wir sind viel mehr miteinander verbunden, als es allgemein angenommen wird.

Ich kann nicht sagen, dass die Methode der Familienaufstellung Demenz heilt oder positiv beeinflusst, aber für die Angehörigen des Erkrankten kann es eine große Hilfe sein.