Darf ein Betrieb Urlaubstage Abziehen?

9 Antworten

Bist Du deren disziplinarischer Vorgesetzte? Dann wäre die Personalabteilung Dein direkter Ansprechpartner. Wenn nicht dann wäre es der disziplinarische Vorgesetzte der beiden. Das hat erstmal nichts mit rechtlich zu tun sondern eine Erklärung zu erhalten und das macht man auf dem kleinen Dienstweg und spricht mit den richtigen Leuten im Betrieb. Normalerweise hat ja jeder das Bestreben eine gute Atmosphäre beizubehalten und solche Dinge zu klären. Meist gibt es dann eine logische Erklärung.

Einen Gesetzestext habe ich nicht griffbereit, aber ich kann aus Erfahrung sagen, das mein Arbeitgeber das ähnlich handhabt.

Wenn ein MA zu viel Minus hat (gewöhnlich sollten wir uns irgendwo zwischen +20 und -20 Stunden bewegen, aktuell aber bis -60 Stunden geöffnet), wird der MA darüber informiert, dass ihm zum Ausgleich UT abgezogen werden.

Ob Azubis die dann auch noch minderjährig sind eine Sonderbehandlung erhalten ist mir so nicht bekannt, das sollte aber im Ausbildungsvertrag geregelt sein. Liegt der dir vor bzw. konntest du das gegenprüfen?

Ansonsten wenn vorhanden an den Betriebsrat wenden, ggf. kann der bei Ungereimtheiten vermitteln um unnötigen Stunk mit eurer Personalabteilung zu vermeiden.

PeterSchu  18.06.2020, 13:32

Das Vorgehen deines Betriebs ist nicht rechtens. Urlaub kann nicht zum Augleich von Minusstunden verbraten werden. Schon gar nicht auf einseitige Festlegung des Betriebs.

Schniggi89  19.06.2020, 07:38
@PeterSchu

Einfach so geht das nicht, das ist korrekt. Aber die Handhabung von Minusstunden ist für gewöhnlich im Arbeits-/ Ausbildungsvertrag, wenn vorhanden TV oder ggf. einer BV geregelt, oder sagen wir es anders herum; es "sollte" so sein.

PeterSchu  19.06.2020, 17:27
@Schniggi89

Da widerspreche ich nicht, aber auch die von dir genannten Vereinbarungen können kein Gesetz umgehen. Da heißt es:

"Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen."

Die Reihenfolge ist also: der Arbeitnehmer beantragt Urlaub und dann hat der Betrieb die Möglichkeit, diesen wegen betrieblicher Gründe abzulehnen. Einzige Möglichkeit eines durch den Betrieb angeordneten Urlaubs ist ein rechtzeitig vorher angekündigter Betriebsurlaub.

Es dürfte in der Praxis zwar oft so gemacht werden, dass Minusstunden oder unentschuldigte Fehltage in beiderseitigem Einverständnis vom Urlaub abgezogen werden. Wobei dies aber keine rechtliche Grundlage hat und nicht dem Sinn des Urlaubs entspricht, denn dieser soll zur Erholung dienen. Deshalb muss man einem solchen Urlaubsabzug nicht zustimmen.

Der Urlaub darf nicht gekürzt oder mit Minusstunden verrechnet werden!!!

Bei der Gewährung von Urlaub sind die Wünsche des Arbeitnehmers maßgebend. Keinesfalls kann der Arbeitgeber einfach Urlaub abziehen, weil das nicht dem Sinn des Erholungsurlaubs dient. Denn wie der Name schon sagt, soll dieser der Erholung dienen, womit gemeint ist, dass man die Tage zum Beispiel nutzen kann um wegzufahren. Was aber hier nicht möglich ist.

Zudem ist die Frage, wie die Minusstunden überhaupt zustande gekommen sind, was bei Azubis eigentlich nicht sein sollte.

https://www.anwalt.org/arbeitszeit-fuer-auszubildende/

Sollten tatsächlich Minusstunden durch Verschulden des Azubi/Arbeitnehmer aufgekommen sein, wäre der normale Weg sicherlich, den Lohn zu kürzen, wenn nicht eine Möglichkeit des Ausgleichs der Stunden gegeben ist. Der Abzug von Urlaub wäre nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer dem zustimmt.