Betriebsrat - Wer entscheidet welche Gewerkschaft im Betrieb vertretten sein darf?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Vom Betriebsverfassungsgesetz her haben Gewerkschaften und Betriebsrat zunächst einmal nicht unmittelbar etwas miteinander zu tun!

Die Wahl von Mitgliedern für einen Betriebsrat ist unabhängig davon, ob die Bewerber in einer Gewerkschaft sind oder nicht.

Deine Frage

Jetzt würde mich einfach interessieren wer entscheidet darüber welche Gewerkschaft unsere Intressen über den Betriebsrat vertretten darf?

(und auch Deine Frage im letzten Satz) zielt an der Aufgabe des Betriebsrates vorbei:

Nicht eine Gewerkschaft - welche auch immer - vertritt über den Betriebsrat die Interessen der Belegschaft, sondern alleine der Betriebsrat vertritt die Interessen der Belegschaft - formal unabhängig von irgend einer Gewerkschaft, aber möglicherweise mit deren deutlicher Unterstützung!

Natürlich ist es wichtig und hilfreich, wenn eine Gewerkschaft über ein Mitglied (oder mehrere Mitlgieder) in der Belegschaft oder sogar im Betriebsrat "vertreten" ist, weil dadurch viel leichter Hilfe, Beratung und Unterstützung dieser Gewerkschaft in Konfliktfällen abgerufen/angefordert werden können; außerdem wird durch viele Gewerkschaftsmitglieder in der Belegschft die Position der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber gestärkt.

Onkel1887 
Fragesteller
 05.08.2013, 20:54

Danke für deine Antwort. Aber die Aufgaben des Betriebsrats kenne ich. Meine Frage ist einzig und allein die Frage nach den Gewerkschaften und wer das bestimmt.

123phil  05.08.2013, 21:03
@Onkel1887

Das ist doch Branchen bezogen.Bau,Metall,Chemie usw.

koten  06.08.2013, 06:41
@Onkel1887

Grundsätzlich sind die Branchen unter den Gewerkschaften aufgeteilt. Es gibt aber Betriebe, die nicht eindeutig einer Gewerkschaft zuzuordnen sind.

Und dann gibt es natürlich auch noch kleine Gewerkschaften, die ncht zum DGB gehören.

Familiengerd  06.08.2013, 12:25
@Onkel1887

@ Onkel1887:

Aber die Aufgaben des Betriebsrats kenne ich.

Dass Du die Aufgaben des Betriebsrates kennst, will ich nicht bezweifeln, darüber habe ich mit meiner Antwort auch überhaupt nicht "aufklären" wollen - wohl aber über Deine irrige Annahme, irgend eine Gewerkschaft würde "über den Betriebsrat" eure Interessen vertreten.

Erstens vertritt - formalrechtlich - keine Gewerkschaft über den Betriebsrat Arbeitnehmerinteressen, sondern das tut der Betriebsrat unmittelbar selbst gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz!

Zweitens gibt es niemanden, der etwas "bestimmt", z.B. welche Gewerkschaft für welche Branche zuständig ist.

Die Zuständigkeit der Gewerkschaften für bestimmte Branchen (oder ihre Zuordnung zu bestimmten Branchen) hat sich historisch entwickelt - siehe zuletzt die "Geschichte" von Ver.di -, ist Ergebnis der Selbstverwaltung der Gewerkschaften und der Koordination mit den Arbeitgeberverbänden; es gibt niemanden, der etwas "bestimmt"!

Die Zuständigkeit einer Gewerkschaft für eine Branche ergibt sich aus ihrer Satzung (bei DGB-Gewerkschaften in Verbindung mit der Satzung des DGB).

Allerdings muss die Zuständigkeit einer Gewerkschaft für eine bestimmte Branche unter Umständen einer gerichtlichen Überprüfung standhalten; so wurde z.B. Ver.di die Zuständigkeit für die Zeitarbeitsbranche durch ein Arbeitsgericht nicht zuerkannt. Auch droht die allgemeine Zuständigkeit einer Gewerkschaft für eine Branche, also das Prinzip der Einheitsgewerkschaft, durch spezielle "Spartengewerkschaften" (z.B. "Vereinigung Cockpit", "Gewerkschaft der Lokführer") allmählich ausgehöhlt zu werden.

Onkel1887 
Fragesteller
 06.08.2013, 15:16
@Familiengerd

Nochmal vielen Dank für deine Antwort und die Mühe die dahinter steckt. Also könnte der Arbeitgeber ( Teoretisch ! ) im Zweifel beim Arbeitsgericht versuchen eine " unliebsame " Gewerkschaft "los zuwerden?" Oder wer hat die Überprüfung im Fall Zeitarbeit in die Wege geleitet.

Familiengerd  06.08.2013, 17:12
@Onkel1887

Im Fall von Verd.di/Zeitarbeit war es ein Arbeitnehmer, der eine Feststellungsklage beim Arbeitsgericht eingereicht hat; bei der Zeitarbeit mit ihren verschiedensten Branchen gibt es Tarifeverträge zwischen dem DGB als Dachverband entsprechend unterschiedlicher Branchengewerkschaften und den beiden Zeitarbeitgeberverbänden.

Die Hintergründe sind mir nicht bekannt, aber es soll ja auch - kaum begreiflich - Arbeitnehmer geben, denen die Gewerkschaften aus ideologischen Gründen ein "Dorn im Auge" sind.

Ein Arbeitgeber könnte zwar eine solche Feststellungsklage zur Überprüfung der Branchenzuständigkeit einer bestimmten Gewerkschaft anstrengen, er wird damit aber eine Gewerkschaft nicht als solche generell los!

Onkel1887 
Fragesteller
 07.08.2013, 05:24
@Familiengerd

Vielen Dank, Damit hat sich meine Vermutung in diesem Punkt bestätigt.

Du hast schon richtige Antworten bekommen, dazu möchte ich folgendes ergänzen.

Betriebsräte haben manchmal eine Tendenz bestimmten Gewerkschaften anzugehören. Manchmal auch sehr zum Nachteil der Beschäftigten. Parteitreue und Linientreue sind da nichts unbekanntes.

Ich kenne Fälle, wo bspw. ein Betrieb, mit IG-Metal Betriebsrat von Daimler an Telekom verkauft wurde. Die verdi Telekom Gesamt- Konzern- Betriebsräte haben da nicht zu melden gehabt, obwohl sie sich zuständig erklärten. Übrigens war die Bezahlung und Arbeitsverträge nach IG Metal Tarifvertrag besser, was zu Konflikten führte.

Ich meine deshalb, es wäre am besten, wenn sich Beschäftigte einer Firma entschließen den Betriebsrat zu organisieren und einen Betriebsrat zu wählen. Welcher Gewerkschaft einzelne Mitarbeiter dann angehören werden, ist dann nebensächlich.

Die Antwort von familiengerd hat ja schon viel erläutert. Zusätzlich möchte ich an den Par. 31 vom BetrVG erinnern, ich glaube, der wurde noch nicht erwähnt:

"Auf Antrag von einem Viertel der Mitglieder des Betriebsrats kann ein Beauftragter einer im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaft an den Sitzungen beratend teilnehmen; in diesem Fall sind der Zeitpunkt der Sitzung und die Tagesordnung der Gewerkschaft rechtzeitig mitzuteilen."

Demnach können also durchaus die Vertreter mehrerer Gewerkschaften beratend teilnehmen, wenn ihre Gewerkschaft im Betrieb vertreten ist. Und vertreten ist sie im Grunde schon dann, wenn nur ein einziger Beschäftigter Mitglied bei ihr ist.

Es kommt letztendlich auf die Branche an,in der das Unternehmen tätig ist.