Azubi wird nicht übernommen, keine Freistellung für Vorstellungsgespräche?

5 Antworten

https://www.ihk-kassel.de/auw_ausbildung_ausbildunga_z_freistellung_bewerbungsgespraech

Zudem habe ich noch das hier gefunden

"Dabei stehen Azubis oft vor einem Problem, wenn sie zu Vorstellungsgesprächen oder auch längeren Auswahlverfahren eingeladen werden. Sie brauchen eine Freistellung von ihrer Arbeit am Ausbildungsplatz. Hier kannst du dich im Arbeitsrecht auf § 629 des Bürgerlichen Gesetzbuches berufen. Der Arbeitgeber muss dich nach § 629 BGB während der Arbeit freistellen, wenn du ein Bewerbungsgespräch hast oder an einem längeren Auswahlverfahren teilnimmst. Dabei muss die Vergütung weitergezahlt werden.

Die Freistellung nach dem oben genannten Paragraphen ist aber erst dann möglich, wenn dein Betrieb sich klar geäußert hat, dass er dich nicht übernehmen wird. "

http://jugend.dgb.de/ausbildung/beratung/dr-azubi/?fp.l=t&fp.d=85648

Dein Freund darf also sehr wohl verlangen dafür freigestellt zu werden. Ein Tarifvertrag darf nämlich nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Das sollte er sich mal ausdrucken und denn dem Betriebsrat vorlegen, damit sie das für die Zukunft wissen und ihm in dem Vorhaben auch unterstützen.

 

Familiengerd  25.01.2017, 17:43

Mit Deinem letzten Absatz "vermischst" Du aber etwas:

Nicht ausgeschlossen werden darf die Gewährung von Freizeit zur Stellensuche nach dem BGB § 629.

Worum es aber bei der Aussage des Betriebsrats geht, ist die Gewährung einer bezahlten Freizeit - also Freistellung - nach dem BGB § 616.

Und dieser Paragraph kann arbeits- und tarifvertraglich ausgeschlossen und/oder durch eigene Regelungen ersetz werden.

Von daher dürfte die Aussage des Betriebsrats richtig sein, wenn die tarifliche Regelung für die Gewährung von Sonderurlaub/bezahlter Freistellung den Fall der Stellensuche nicht berücksichtigt.

Siehe insgesamt meine eigene Antwort.

Jeder Mensch in Anstellung legt seine Vorstellungsgespräche für andere Jobs entweder außerhalb der Arbeitszeit oder arbeitet die Fehlstunden vor / nach.

Keine seriöse Firma bei der man sich bewirbt hat ein Problem damit Termine zu finden, die dem Bewerber möglich sind.

Da muss man halt freundlich darauf hinweisen dass Uhrzeit xy leider nicht machbar ist, weil man da im Ausbildungsbetrieb ist und nicht frei bekommt und anbieten welche Zeiten möglich wären.

lilfizzy 
Fragesteller
 25.01.2017, 15:28

Da muss ich widersprechen, ich war in zwei Firmen und wurde immer freigestellt. Im Gesetz steht es ebenso drin. Ich gehe nicht davon aus, das andere Firmen nach 18 Uhr noch Vorstellungsgespräche machen wollen, diese werden vorwiegend vormittags gemacht wenn die Verantwortlichen ebenfalls im Haus sind. War jedenfalls meine Erfahrung.

Gerneso  25.01.2017, 15:33
@lilfizzy

Ich gehe nicht davon aus, das andere Firmen nach 18 Uhr noch Vorstellungsgespräche machen wollen.

Nach meiner Erfahrung ist das überhaupt kein Problem wenn die an dem Bewerber interessiert sind! Habe schon häufig abends solche Gespräche geführt da ich mich immer aus einer festen Position beworben habe.

Und natürlich muss der AG Deines Freundes die Teilnahme ermöglichen da er ja dort nicht weiter beschäftigt wird. Aber das tut er ja auch. Die Freistellung erfolgt ja - Dein Freund soll nur die Fehlstunden nacharbeiten. Was absolut legitim ist.

Familiengerd  25.01.2017, 17:51
@Gerneso

@ Gerneso:

Was absolut legitim ist.

Anspruch auf Bezahlung der gewährten Freizeit bestünde jedenfalls dann, wenn BGB § 616 anwendbar wäre, was aber hier wohl nicht der Fall ist, da dieser Paragraph offensichtlich durch tarifvertragliche Regelungen abgelöst wurde, die bezahlten Freizeit für die Stellensuche nicht beinhalten.

Kann das sein?

Ja!

Ist ein Tarifvertrag nicht immer besser geregelt?

Nicht zwingendermaßen.

Grundsätzlich hat ein Auszubildender, der vom Betrieb nicht übernommen wird, Anspruch auf angemessene Freizeit für Vorstellungsgespräche usw. nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 629 "Freizeit zur Stellungssuche":

Nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses hat der Dienstberechtigte dem Verpflichteten auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.

Diese gesetzliche Bestimmung ist unabdingbar, sie kann also nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

Die Behauptung des Betriebsrats, "das ihr Tarifvertrag für Azubis geregelt hat, das diese nicht freigestellt werden", bezeichnet ein anderes Problem, das mit dem Recht auf Gewährung von Freizeit nach dem BGB § 629 nichts zu tun hat.

Denn hier wird gemeint sein ein Freistellung in dem Sinne, dass der Arbeitgeber die zu gewährende Freizeit für die Stellensuche auch zu bezahlen habe. Und hier kann es in der Tat eine tarifvertragliche Regelung geben, die eine bezahlte Freistellung nicht vorsieht.

Denn das Recht auf eine bezahlte Freistellung müsste sich auf das BGB § 616 "Vorübergehende Verhinderung" Satz 1 stützen können:

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Diese Vorschrift allerdings darf vertraglich abbedungen und/oder durch eigene arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen ersetzt werden - anders als § 629.

Ibn Deinem Fall sieht es also wohl so aus, dass der Tarifvertrag regelt, in welchen Fällen bezahlte Freizeit zu gewähren ist - und da ist die Stellensuche eben nicht mit erfasst.

Konkret bedeutet das also:

Dem Azubi muss zwar Freizeit während seiner Arbeitszeit gewährt werden, der Arbeitgeber muss diese Freizeit aber nicht bezahlen; der Azubi muss also Minusstunden machen oder (was rechtlich eigentlich nicht möglich ist) stundenweise oder halbtageweise Urlaub nehmen.

Wieso sollte er Sonderurlaub bekommen?  Natürlich muss er sich Urlaub nehmen oder aber die Termine nach Feierabend legen.

lilfizzy 
Fragesteller
 25.01.2017, 15:33

Nach § 629 BGB hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine angemessene
Zeit bezahlter Freistellung für die Wahrnehmung des Bewerbungsgesprächs.
Die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers ergibt sich hierbei aus
§ 616 BGB. Der Freistellungsanspruch besteht unabhängig davon, ob es
sich um ein befristetes oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
handelt, da § 629 BGB lediglich von einem „dauernden Arbeitsverhältnis"
spricht. § 629 BGB findet entsprechend Anwendung, wenn ein befristetes
Arbeitsverhältnis nicht aufgrund von Kündigung, sondern durch Zeitablauf
beendet wird. Aufgrund der erforderlichen Dauerhaftigkeit des
Arbeitsverhältnisses besteht der Anspruch allerdings nicht bei kurzen
Aushilfs- oder Probearbeitsverhältnissen.

Hier steht was anderes...

Familiengerd  25.01.2017, 17:52

Natürlich muss er sich Urlaub nehmen oder aber die Termine nach Feierabend legen.

So "natürlich" ist das überhaupt nicht!

Denn Anspruch auf Bezahlung der zwingend zu gewährenden Freizeit bestünde jedenfalls dann, wenn BGB § 616 anwendbar wäre, was aber hier wohl nicht der Fall ist, da dieser Paragraph offensichtlich durch tarifvertragliche Regelungen abgelöst wurde, die bezahlten Freizeit für die Stellensuche nicht beinhalten.

die bewerbung hat doch nichts mit der firma zu tun. da kann er freigestellt werden und muss die zeit dann nacharbeiten. oder er nimmt urlaub.

lilfizzy 
Fragesteller
 25.01.2017, 14:52

§ 629 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sagt aber was anderes..

martinzuhause  25.01.2017, 14:53
@lilfizzy

weisst du denn was ein "dienstverhältnis" ist??

Hexe121967  25.01.2017, 14:54
@lilfizzy

das heisst nur das er ihm den urlaub nicht verweigern darf. nicht jedoch das er sonderurlaub oder halt die stunden geschenkt bekommt.

Familiengerd  25.01.2017, 17:46
@martinzuhause

@ martinzuhause:

Die Frage nach der Bedeutung von "Dienstverhältnis" spielt hier absolut keine Rolle!!

Und auch Anspruch auf Bezahlung der gewährten Freizeit bestünde dann, wenn BGB § 616 anwendbar wäre, der aber hier wohl durch tarifvertragliche Regelungen abgelöst wurde.