Wohnung Kostet 50€ mehr als das Jobcenter bewilligt?gibt es einen Härtefall Antrag?

anti45  15.04.2022, 11:53

die Miete runter und den Rest aus eigener Tasche zahlen ?

Helphelpme123 
Fragesteller
 15.04.2022, 11:54

Dann wird glaub meine Kaution nicht übernommen

7 Antworten

Aufgrund von § 67 SGB 2 könnten die Kosten der Unterkunft in voller Höhe übernommen werden. Aber aktuell zumindest nur für 12 Monate ( § 67 Abs. 3 SGB 2 ) .

Je nachdem wie lange die Corona- Sache noch anhält, und der Zeitraum nach § 67 SGB 2 verlängert wird, kann sich auch die Verlängerung der Zahlung unangemessener Unterkunftkosten verlängern.

https://dejure.org/gesetze/SGB_II/67.html

Hierzu ist zunächst wichtig, ob das Jobcenter bei deiner alten Wohnung angemessene, oder unangemessene Kosten der Unterkunft geleistet hat. Wenn es unangemessene Unterkunftskosten gezahlt hat, stehen diese Dir jetzt auch wieder zu.

Wenn es lediglich angemessene Kosten der Unterkunft gezahlt hat, dann ist die Rechtsprechung verschieden. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt ( bzw. dessen erkennender Senat ) ist hier sehr großzügig, und gewährt Alg 2 Empfängern auch bei vorher angemessenen Unterkunftskosten, danach unangemessene Unterkunftskosten.

https://openjur.de/u/2390693.html

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen sieht das wieder komplett anders.

https://openjur.de/u/2362344.html

Du solltest also gegen eine benachteiligende Entscheidung Widerspruch beim Jobcenter einlegen. Also wenn dieses 49 € zu wenig Miete im Monat zahlt. Dich dabei ausdrücklich auf § 67 SGB 2 und die Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt berufen ( Aktenzeichen dessen angeben ) .

Und gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei deinem zuständigen Sozialgericht stellen.

Der ist grundsätzlich kostenlos und ohne Anwaltszwang. Auch fallen keine Gebühren an, wenn der Antrag abgelehnt wird.

So ein auch ´ER-Antrag´ genannter Antrag hat aber ein gewisses Formerfordernis. Man muss schon wissen, wie man ihn schreibt. Und vor allem begründet. Weniger beim ´Anordnungsanspruch´ . Vor allem aber beim ´Anordnungsgrund´ .

Da muss man dem Sozialgericht glaubhaft darlegen, warum die Sache so dringlich ist, und nicht mit einer normalen Klage bestritten werden kann. Über so einen ER-Antrag entscheiden Sozialgerichte in der Regel binnen einer Woche bis 1,5 Monate.

Du solltest nach ´ER-Antrag SGG Muster´ oder ähnliches googeln. Damit Du weißt, wie man so einen verfasst.

Kalt 520€ und Nebenkosten 80€
für 2 Personen nur 471€ Kaltbrutto übernehmen.

Bruttokaltmiete bedeutet Warmmiete ohne Heizkosten.

D.h. zu den 520 € kalt kommen noch sog. kalte Betriebskosten hinzu, so, daß sich eine höhere Differenz ergibt.

Einen speziellen Härtfall-Antrag kenne ich nicht. Entweder man wird als Härtefall anerkannt oder man wird es nicht.

Wenn Du jedoch in 1 Monat eine neue Wohnung brauchst und es steht keine andere als die zu teure zur Verfügung, dann sollte das Jobcenter die Miete m.M.n. zumindest solange übernehmen, bis Du eine preislich passende Wohnung gefunden hast.

Ggf. mußt Du mittels eines Fachanwaltes für Sozialrecht nachhelfen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Beratungshilfe

Vielleicht kannst Du auch in der eigentlich zu teuren bleiben - das hängt vom Jobcenter bzw. vom Sachbearbeiter ab.

JuristHelfer  15.04.2022, 12:25

Hast Du mal an § 67 SGB 2 und dessen ( teils stark auseinandergehende ) Rechtsprechung gedacht?

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Die Grundsicherung besteht aus den Regelsätzen entsprechend der Personenzahl, PLUS der tatsächlichen Warmmiete. Beim heutigen Wohnungsmarkt musst du ja froh sein, ÜBERHAUPT eine Wohnung zu finden, in deiner Situation.

Oberste Priorität der Sozialhilfe (dazu gehört auch das JobCenter), ist es Obdachlosigkeit zu verhindern. Das sollte an 50 € nicht scheitern. Hol dir Hilfe von einer Organisation, wie Caritas oder Diakonie und evtl. eines Rechtsanwaltes.

Miete + Kaution bis zum maximalbetrag vom Amt, den rest aus der Regelleistung. Sollte gehen. Zur not machst halt einen paralellvertrag mit dem Vermieter um die summe

Hallo Helpme,

bevor du dir Gedanken machst, wie irgendein Sachbearbeiter handelt:

Hast du eine Zusage für die Wohnung?

Wenn sie in Ordnung (Preis/Lage/Zustand) ist, dann wird der Vermieter schnell jemanden finden mit gesichertem Einkommen und sauberer SCHUFA-Auskunft.

Bis du da eine Übernahmezusage bekommen hast, ist die Wohnung weg.

Wenn du die Wohnung bekommen kannst, dann wird üblicherweise die Miete auf die 471 € festgesetzt und du bezahlst den Rest selbst oben drauf oder übernimmt irgend eine Tätigkeit (Treppenhaus putzen/Rasen mähen etc.)

Wenn du in einem Monat deine bisherige Wohnung geräumt haben musst, dann solltest du mal ganz dringend mit dem Amt reden. Sonst hast du demnächst ein ganz anderes Problem. Da redet dann niemand mehr von 49 €.

Viel Erfolg!

Karliemeinname

JuristHelfer  15.04.2022, 12:25

Hast Du mal an § 67 SGB 2 und dessen ( teils stark auseinandergehende ) Rechtsprechung gedacht?

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karliemeinname  15.04.2022, 12:44
@JuristHelfer

Wenn sie die Wohnung haben möchte (und bekommen kann), dann muss das Geld zum Stichtag auf dem Tisch liegen. Auf eine Diskussion mit dem Amt oder einer Vertröstung auf irgendwann seitens des Amts, lässt sich kein Vermieter ein.

Was also gut gemeint ist, muss sich für die Betroffenen nicht immer gut auswirken.

Das Problem ist die Zeit, bis die Entscheidung des Amts vorliegt. Und einen Klage macht die Sache auch nicht schneller ;-)

..und jeder Interessent mit einem Einkommensnachweis und sauberer SCHUFA wird bevorzugt.

Viele Hilfsinstrumente zielen klar am Ziel vorbei. Manchmal frage ich mich, ob im Bundestag nicht irgendeiner sitzt, der weiß wie Vermietung funktioniert und wann sich sowas rechnet.

Wenn ich Wohnungen vermiete, dann meldet sich fast immer eine nette Dame von der Diakonie und eine noch nettere von der Intergrationsstelle. Die stellen sich an, als ob sie gar keine Wohnung haben wollen und verstehen das Problem nicht einmal. Und das Beste: Diese beiden unnützen Schnallen werden noch von meinem Steuergeld mitfinanziert.

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JuristHelfer  15.04.2022, 13:06
@karliemeinname

Es gibt Vermieter, die sind toleranter. Also ist deine Pauschalisierung insofern falsch. Eine ER-Klage kann aber nur wenige Wochen andauern.

Ich mag keine Hilfsstellen ( Diakonie, Bahnhofsmission ) , die einen religiösen Hintergrund haben. Was ist wenn einer Hilfe benötigt, aber aus tiefster Überzeugung Atheist ist?

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karliemeinname  15.04.2022, 14:50
@JuristHelfer

Die Diakonie und die Bahnhofsmission hilft ohne Ansehen der Person. Wenn du die Hilfe nicht annehmen wolltest, ja dann eben nicht.

Mit Paragraphen zu argumentieren und dann an die Toleranz der Vermieter zu appellieren, passt für mich nicht zusammen.

Pauschalisierung? Auch ein Vermieter muss eine Gewinnerzielungsabsicht haben, sonst stuft das Finanzamt die Sache als Liebhaberei ein. Außerdem verpflichtet Eigentum bekanntlich, also muss ich auch dafür Sorge tragen, dass die Sachen gepflegt sind und bleiben. Dazu benötigt man Einnahmen. Jemand der aus Gutmenschentum (oder Dummheit) von der Substanz lebt, handelt nicht nachhaltig.

Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du keine Wohnungen vermietest.

Es ist immer sehr einfach darüber zu reden, wenn man nicht auf eigenes Risiko und mit eigenem Geld agiert. Wenn du dir ein faules Ei ins Nest holst, dann kann das einen riesigen Rattenschwanz hinter sich herziehen und unsinnige Kosten verursachen, die dann letztendlich wieder auf die anderen Mieter "umgelegt" werden müssen.

Sowas passiert einem Vermieter meist nur einmal und die unsinnigen Diskussionen mit den Ämtern bringen auch nichts. Nur Wohnungen, die auf dem normalen Markt nicht unterzubringen sind, bleiben dann für problematische Fälle übrig. Vielleicht finden das manche nicht schön, aber so läuft das eben.

Übrigens ich komme aus BaWü, nähe Stuttgart - bei uns geht alles weg.

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