Wieso sind die Arbeitsmarktzahlen besser als erwartet?

1 Antwort

Wir haben rund 2,7 Mio. Arbeitslose und 770.000 offene Stellen. Das ist zwar keine dramatische Massenarbeitslosigkeit mehr, aber trotzdem gibt es auf jede offene Stelle noch drei Arbeitslose.

Dass mehr Leute arbeiten gehen - nunja, was bleibt einem übrig, wenn man Reallohnverluste kompensieren muss? Dann geht die Ehefrau, die vorher zu Hause blieb oder nur stundenweise arbeitete, eben auch sozialversicherungspflichtig arbeiten.

Zuwanderung spielt auch eine Rolle: wir haben eine wachsende Bevölkerung, die mitversorgt werden muss. Das ist aber kein qualitatives Wohlstandswachstum, nur ein quantitatives Mengenwachstum.

Dass wir wirtschaftlich in einer Rezession stecken, ist nicht zu leugnen. Ebensowenig, dass wir im europäischen Vergleich damit weit hinten stehen.

Und dann gibt es noch branchenspezifische Krisen, wie gerade in der Chemie-Industrie. Hohe Energiekosten, niedriger Auftragseingang, viel Bürokratie - eine toxische Mischung. Da gibt es gerade stillgelegte Anlagen und Kurzarbeit statt Investitionen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
xubjan 
Fragesteller
 16.09.2023, 19:30
Das ist zwar keine dramatische Massenarbeitslosigkeit mehr, aber trotzdem gibt es auf jede offene Stelle noch drei Arbeitslose.

Korrekt. Rein rechnerisch.

Dann geht die Ehefrau, die vorher zu Hause blieb oder nur stundenweise arbeitete, eben auch sozialversicherungspflichtig arbeiten.

Wo ist nun das Problem?

Zuwanderung spielt auch eine Rolle: wir haben eine wachsende Bevölkerung, die mitversorgt werden muss.

Korrekt. Unter anderem sind dieses Jahr mehrere hunderttausend ukrainischer Flüchtlinge im Arbeitsmarkt angekommen.

Das ist aber kein qualitatives Wohlstandswachstum, nur ein quantitatives Mengenwachstum.

Wenn also deutlich mehr konsumiert wird, steigert das nicht den Wohlstand derer, die dann die Güter/Dienstleistungen bereit stellen, die konsumiert werden? Wenn dann aufgrund des gesteigerten Konsums mehr Arbeitskäfte auch in qualitativ besseren Jobs benötigt werden, somit vielleicht jemand in einem etwas schlechteren Job quasi aufsteigt, steigert das nicht dessen Wohlstand?

Deine Logik ergibt keinen Sinn.

Dass wir wirtschaftlich in einer Rezession stecken, ist nicht zu leugnen.

Märchen werden nicht besser, nur weil man sie permanent wiederholt. Im Q2 ist das BIP stagniert. Zwar nicht toll, aber wir haben damit nun mal keine Rezession. Egal wie oft dieses Märchen noch verbreitet wird.

Ebensowenig, dass wir im europäischen Vergleich damit weit hinten stehen.

Nicht "damit", aber ja, wir stehen damit nicht gut da im Vergleich. Wobei wir aber auch um ein Vielfaches besser durch Corona gingen als viele in Europa. Nimmt man 2019 als Vergleichsbasis, also das Vor-Coronajahr, sind wir deutlich besser im europäischen Vergleich, als der momentane Stand es vermuten lässt.

Tja, so ist das mit der Statistik. Wenn man sich nicht alles anschaut, kann man leicht man völlig daneben liegen.

Das Gute ist aber: Zum einen zieht uns Indien gerade hoch (lustig eigentlich, da sie nun im Clinch mit Russland und China liegen) und zum zweiten sind nun halt mal die anderen in Europa dran, uns mitzuziehen, nachdem wir viele Jahre ein beständiger Motor in Europa waren.

Hohe Energiekosten, 

Lustig. Sind doch die Energiepreise bereits seit über einem halben Jahr (!) so niedrig, wie vor Corona. Inzwischen so niedrig, wie sogar 2017. Aber 2017 und 2018 hat da keiner gemeckert? Sehr lustig.

niedriger Auftragseingang

Ja, der ist teilweise niedrig. Aber es kommt wieder vermehrt etwas rein. Siehe u.a. mein Verweis auf Indien.

viel Bürokratie

Ach. Plötzlich viel Bürokratie? Warum? Weil man tricks finden muss, um die Sanktionen zu umgehen oder wie?

Was ist denn an Bürokratie dazu gekommen?

Da gibt es gerade stillgelegte Anlagen und Kurzarbeit statt Investitionen.

Lustiges Märchen. Die Kurzarbeit ist eben nicht hochgegangen. Wo hast du nur solche Lügen her? Wir haben im Juli 2023 so wenig Kurzarbeit, wie schon lange nicht mehr (40200 Personen). Zuletzt im August 2019 war die Zahl niedriger (25800). Seither waren es ständig mehr Menschen.

Und wo sind bitte die vielen stillgelegten Anlagen? Zeige sie mir mal.

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zalto  16.09.2023, 19:58
@xubjan

Das Problem an Reallohnverlusten (und nun mitarbeitenden Ehefrauen) ist, dass nun mehr gearbeitet werden muss, um den bisherigen Lebensstandard zu halten. Alternativ könnte man auch seinen Standard senken, dann würde der Abstieg deutlicher.

Wenn Zuwanderer mehr konsumieren, steigert das meinen Wohlstand nicht. Warum auch? Bestenfalls ist das ein Nullsummenspiel, wenn sie den Mehrkonsum selber erwirtschaften. Schlechtestenfalls leben sie auf meine Kosten.

Dass wir in einer Rezession stecken, folgt daraus, dass das BIP seit einiger Zeit sinkt. Das Vorzeichen ist negativ. Das als "Stagnieren" zu bezeichnen ist schönreden. Das ist nicht nur in Europa sehr schwach, nimm meinetwegen G7 als Referenz. Ja, selbst das sanktionsgepeinigte Russland steht besser da.

Die Entwicklung des Industriestrompreises ist dramatisch! Nirgendwo in der Welt ist Energie für die Industrie so teuer wie in Deutschland. Das ist das Holz, aus dem der wirtschaftliche Abstieg Deutschlands geschnitzt wird.

Bürokratie ist inzwischen ein negativer Standortfaktor in Deutschland. Für dasselbe Thema gibt es Zuständigkeiten in verschiedenen Ministerien. Jedes Bundesland verfolgt unterschiedliche Strategien. Wer eine Anlage genehmigt bekommen will, darf sich auf einen langen Kampf gegen die Windmühlen einstellen.

Mit Kurzarbeit geht es gerade wieder los, bei mir in der Firma ist das bislang auch nur in zwei Anlagen der Fall, aber die steigende Tendenz ist klar. Papier- und Chemiebranche sind gerade extrem gebeutelt. Stillgelegte Anlagen findest Du u.a. bei der BASF in Ludwigshafen.

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xubjan 
Fragesteller
 16.09.2023, 20:54
@zalto
Das Problem an Reallohnverlusten (und nun mitarbeitenden Ehefrauen) ist, dass nun mehr gearbeitet werden muss,

Das Problem an dieser Theorie ist, dass es nicht einfach nur Nebenjobs und Zweitjobs sind.

Aber selbst wenn das zutrifft: Die Jobs sind dennoch da. Womit wir wieder bei dem Märchen sind, dass es eine Massenflucht an Unternehmen ins Ausland geben soll. Wenn es diese Flucht wirklich gäbe, würden Jobs gestrichen. Dann würden weniger Jobs vorhanden sein und nicht mehr.

Arbeitnehmer machen sich die Jobs ja nicht einfach selbst. Die sagen ja nicht: Hey, Frau, arbeite mit und plötzlich hat sie einen Job. Der Job muss ja auch irgendwo da sein. Es muss ja irgendwo Personal gebraucht werden.

Mir ist klar, dass dies aus Sicht von Russland ein merkwürdiges Konzept sein muss. In Russland sind Menschen ja nicht arbeitslos, obwohl sie seit einem Jahr nicht mehr arbeiten. Die Jobs sind ja nicht weg, da die feindseligen westlichen Unternehmen, die Russland verlassen haben, sie nie entlassen haben.

Wenn Zuwanderer mehr konsumieren, steigert das meinen Wohlstand nicht. Warum auch? Bestenfalls ist das ein Nullsummenspiel, wenn sie den Mehrkonsum selber erwirtschaften. Schlechtestenfalls leben sie auf meine Kosten.

Klar. Das rechtsradikale Märchen der Sozialschmarotzer. Wieso nur haben beispielsweise Krankenkassen ausgerechnet, dass es massive Überschüsse durch Migration gibt? Dass wir Deutschen ohne Migration weniger Geld in der Tasche hätten, um denselben Standard zu finanzieren?

Dass wir in einer Rezession stecken, folgt daraus, dass das BIP seit einiger Zeit sinkt.

Tut es nicht. Willst du wirklich vorgeführt werden, indem ich dir die Zahlen benenne? Wieso nur fällst du immer wieder mit falschen Behauptungen auf?

Das als "Stagnieren" zu bezeichnen ist schönreden.

0,0% ist 0,0%. Da ist kein Vorzeichen dabei. Wo hast du die Lügen eigentlich her? Selbst ausgedacht?

Ja, selbst das sanktionsgepeinigte Russland steht besser da.

Und die nächste lustige Lüge. Selbst die offiziellen Zahlen, die allerdings höchstwahrscheinlich eh nicht stimmen, gehen von einem massiven Wirtschaftseinbruch aus. Mittlere einstellige Zahl nach dem Minus. Wieso nur verbreitest du Lügen?

Die Entwicklung des Industriestrompreises ist dramatisch! 

Aha. Schauen wir mal:

Der durchschnittliche Strompreis für kleine bis mittlere Industriebetriebe (ohne Stromsteuer) für Neuabschlüsse hat sich im bisherigen Jahresverlauf 2023 gegenüber dem 2. Halbjahr 2022 mehr als halbiert und liegt derzeit 24,96 ct/kWh.

Ja. Ein dramatischer Einbruch des Strompreises. Dazu auch: Warum sich der Industriestrompreis schwer beziffern lässt | tagesschau.de

Ja, er ist wohl immer noch höher als vor Putins Krieg. Da fragt man sich aber, wieso der Verbraucherpreis seit Anfang diesen Jahres stabil auf das Vor-Corona-Niveau zurückgekehrt ist (inzwischen auf das Niveau von 2017 und unter 30 Cent), aber der Industriepreis nicht so richtig weit runterging. Also. Wir haben im Jahr 2021 noch rund 21 Cent gehabt. Jetzt sind wir aktuell bei EON beispielsweise bei 23,6 Cent. Das ist das, was ich hier in meinem Unternehmen als Dienstleistungssektor zahle mit Preisgarantie für 2 Monate. Tja.

Dramatische Entwicklung. Ja, zwischenzeitlich war es deutlich mehr. Aber der ist nun mal im Sinkflug.

Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat entspricht der hiesige Industriestrompreis ziemlich genau dem Durchschnitt der EU.

Aber da hast du ja noch was geschrieben:

Mit Kurzarbeit geht es gerade wieder los

Die Zahlen sind derzeit so niedrig wie seit rund 4 Jahren nicht mehr. Das habe ich dir doch gerade bewiesen. Und nein. Derzeit gibt es keine Tendenzen, dass die Zahlen drastisch steigen. Klar, das ist eine schwierige Zahl, da die Anmeldung noch teilweise nachträglich erfolgen kann. Aber es gibt nirgendwo eine Tendenz, dass die Zahlen irgendwie deutlich über dem liegen werden, was saisontypisch ist.

Warum also ständig diese Märchen von dir?

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