Blickwechsel 16. März 2022
Deine Fragen an einen Rechtsextremismus-Experten
Alles zum Blickwechsel

Wieso boomt der Rechtsextremismus in Europa gerade jetzt?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Der Rechtsextremismus hat immer dann ein Aufleben, bzw. Ein Wiedererstarken zu verzeichnen, wenn es zu gesellschaftlichen Unruhen, Spannungen und Spaltungen kommt, wo Unzufriedenheit mit der Regierung, der Politik und den Medien besteht, wo es zu gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Krisen kommt.

Nicht nur in Deutschland, sondern auch ganz Allgemein in Europa. Und auch jenseits Europas ist das zu beobachten, siehe USA oder Aktuell Ukraine.

Da Rechtsextremisten nicht mehr die selbe Reichweite, den selben Einfluss, und folglich weniger Ressourcen und Möglichkeiten zur Umsetzung ihrer Zielsetzungen zur Verfügung haben als beispielsweise zur Zeit des dritten Reiches, sind sie auf Kooperation angewiesen.

Zum Teil können das Zweckbündnisse sein. Beispielsweise haben wir zuletzt beobachten können, dass Rechtsextremisten und Dschihadisten zusammenarbeiten, wenn es um ihr gemeinsames Feindbild geht : das Judentum.

Jenseits dieser Zweckbündnisse würde ich von Networking sprechen. Die meisten Rechtsextremisten in Deutschland haben ein Problem mit der Mitgliedschaft ihres Landes in Staatenbündnissen, v.a. mit der EU.

Und mit der europaweiten Vernetzung und Koordination des Rechtsextremismus lässt sich gegen dieses Gebilde vorgehen.

Diese Vernetzung kann somit als eine Reaktion auf den Bedeutungsanstieg solcher Bündnisse verstanden werden.

Wenn sich Staaten somit zusammentun, und geopolitisch als EINHEIT agieren, ist es aus Sicht Rechtsextremistischer Gruppierungen bzw. Netzwerke ERFORDERLICH, das selbe zu tun.

In diesem Sinne gemeinsam international zu agieren ist hiermit effektiver, als wenn sich Rechtsextremisten aller Länder auf Aktivitäten innerhalb ihres jeweiligen Landes zu beschränken.

Der Rechtsextremismus hat sich im Allgemeinen als sehr, sehr widerstands- und anpassungsfähig erwiesen. Diese (zunehmende) internationale Vernetzung ist hierfür ein gutes Beispiel!

《Anmerkung: sämtliche Beiträge zum Thema Rechtsextremismus spiegeln meine persönlichen Auffassungen und Erfahrungen wieder, ich spreche in dieser Hinsicht in keinster Weise für das VPN.》

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Und wo genau soll das auf der Karte sichtbar sein ?

Und wo genau soll der in Europa boomen?

Es gibt keinen Staat mit einer rechtsextremen Regierung oder Partei in der Regierung

Das einzige Phänomen sind sind einzelne rechtsextreme Strömungen innerhalb von Konservativen / nationalkonservativen Parteien oder die Nähe zu einzelnen Gruppen zwecks Marketing und Narrative. Und , wenn man die AfD und FPÖ ausnimmt, haben sich in keiner größeren Partei diese Kräfte durchsetzen können , selbst bei der FN sind diese innerhalb auf dem Rückzug. Optional wären da noch die Alternative für Schweden welche in einer ähnlichen Lage ist wie die AFD seit einigen Jahren , ich weiß allerdings nicht in wie vielen Parlamenten diese Partei in SWE sitzt - die waren eine Abspaltung der konservativen Swedendemocrats.

Ansonsten haben dank gewisser Entwicklungen und Themen nunmal Gruppen mit extremen Ideen , Lösungen oder gar Ideologien Zulauf erhalten - vor allem wenn sie es schaffen sich einigermaßen hinter moderaten Zielen oder Personen zu verstecken oder eben die Verzweiflung oder Sehnsucht nach Alternative einiger ausnutzen und es dabei schaffen unter dem rechtsextrem/ extrem Radar vieler zu schwimmen . Stichwort wären hier Zemmour, IB , Höcke, Kubitschek etc

Andere erachten es für nötig diese Leute gezielt einzubinden oder zu versuchen eine breite , nationale Front mit allen möglichen Strömungen zu bilden ( Bsp AfD , Lega Nord , FN/RN ) und andere rutschen durch ihre Agitation oder Charakteristik Teils ans extreme Spektrum oder öffnen Leuten die Tür dazu die eigentlich nicht dazu gehören - es gibt immerhin genügend Leute die glauben Höcke wäre kein Extremist , nur weil einige moderate verbergen wollten was er ist oder man versucht hat sich auf Gemeinsamkeiten zu besinnen , was den Anschein erweckt hat - für die politisch weniger in der Materie steckenden - Höcke ist ja gar nicht so anders als der Rest

Das alles zusammengenommen führte / führt zwar dazu, dass extreme und rechtsextreme Gruppen durchaus in Teilen des mainstreams mitschwimmen vor allem innerhalb einiger Konservativer EKR aber vor allem ID Parteien - einen Boom sehe ich nicht.

Der Boom der Zusammenführung dieser Lager ( also auf praktischer Ebene und nicht nur im Bezug auf automatische, gemeinsame Feinde , Agitation und Charakteristik ) ebbt schon seit Jahren ab

Selbst bei der FN / RN , die eigentlich immer das Musterbsp dafür waren, isoliert man sich langsam von dieser Art und von vielen Leuten .

Die Fratelli d'Italia, die bis vor 15 Jahren stetige Heimat vieler rechtsextremer Gruppen war ( u.a auch des pro Mussolinis Flügels in Italien ) hat sich komplett gedreht und massig Leute ausgeschlossen welche zu extrem waren oder extremere Ideologie und Gruppen einbringen wollten. Mittlerweile ist die Partei eine durchweg nationalkonservative.

Die Swedendemocrats wurden in den 80 igern von Neonazis gegründet und war zwischendurch ähnlich wie die FN - mittlerweile dominiert dort ganz klar das Konservative Lager

Parteien wie die AFD und FPÖ fallen hingegen immer weiter runter , sofern eine Alternative da ist

Boomt nicht. In den Staaten Europas sind 12 bis 13 Prozent rechtslastig, das ist nicht gerade, sondern krumm.

Dass ist doch nichts neues. Die Zeit des Liberalismus, Gleichberechtigung, Anti-Rassismus und der Demokratie ist eher was neues in Europa (von der Antike mal abgesehen)

AndreStrozewski 
Fragesteller
 16.03.2022, 13:52

"Neu" ist dann aber eher relativ!!

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BobbyS38  16.03.2022, 13:59
@AndreStrozewski

Naja seit wann gibt es denn die von mir aufgeführten Punkte wirklich in Europa? Vllt 100 Jahre? Davor gab es so gut wie nur Rassismus, Konservatismus, Unterdrückung (vor allem gegenüber Frauen), Monarchien/Diktaturen usw. Freiheiten gab es früher eig. nicht so wirkich. Selbst wenn man per Gesetz frei war, war man durch die Gesellschaft und deren Ansichten immernoch nicht frei. Heutzutage kannst du vor allem in Deutschland tun und lassen was du willst. Es wird zumindest toleriert aber weitesgehend akzeptiert. Die Europäer entdecken die Freiheit jetzt erst so richtig. In manchen Ländern funktioniert es in anderen nicht. Deswegen auch ein Rechtsruck. Und natürlich brauchen manche auch einen Sündenbock für ihr eigenes Versagen was auch nicht neu ist. Im Mittelalter waren es Sinti und Roma, in den 1930ern die Juden jetzt die Flüchtlinge und als nächstes Aliens?

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