Wie sind eigentlich Flexionen entstanden?
Einige/Viele Sprachen haben ja extrem komplizierte/komplexe Flexionsarten, mit Deklination, Konjugation, etc. und drücken damit auch die verrücktesten grammatischen Funktionen aus: Kasus, Numerus, Genus, Person, Zeit, Modus, Aspekt etc. (Deutsch schon als Beispiel).
Aber wo kommen die her? Natürlich wandeln die sich im Sprachwandel. Doch stelle ich es mir für den "Steinzeitmenschen", der gerade Sprache praktiziert, einfacher vor, wenn jegliche tiefe Grammatik und Flexion gar nicht zu nutzen/machen. Wer kam denn bitte als er angefangen hat zu sprechen auf die Idee: "Joa, ich hänge jetzt hinter jedes Objekt eine Endung, dann weiß man dass es Akkusativ ist." Das gilt für sämtliche andere Regeln auch. Ich denke, es hätte auch: "ich schlagen Baum" gereicht, und tatsächlich gibt es ja auch Sprachen die so simpel (geblieben) sind. Aber wie kommen jetzt Kasuus hinzu?
Eine Theorie, die ich hätte, wäre, dass Suffixe oder Präfixe irgendwie Kontraktionen von kleinen Wörtern sind, wie Prä-/Postpositionen und co., die von der Ausprache irgendwie zusammen gerückt sind? Daher seien dann Morphen entstanden..
Habt ihr bessere Theorien/Information?
3 Antworten
Hierüber könnte man seitenweise schreiben.
Flexion entsteht meistens, indem Wörter verschmelzen. In Ausnahmefällen können auch Erscheinungen wie der Ablaut oder Betonung bedeutungsgebend sein.
Man nimmt auch im frühen Indogermanischen an, dass die 9 Fälle durch Postpositionen entstanden sind. Ungarisch ist in dieser Hinsicht noch extremer. Der Unterschied zwischen Kasus und Postposition ist winzig.
In einigen deutschen Mundarten ist es üblich, Konstruktionen wie "sie gehens" oder oder "mir hammer" zu verwenden. Quasi doppelt gemoppelt und genuschelt.
Auch können gewisse ungewollte Lautphänomene grammatikalische Bedeutung gewinnen.
Mandarin ist genau solch eine isolierende Sprache: "Ich schlag Perfekt Baum" wäre ein sinnvoller Satz. Bis auf ein paar Partikel und Interjektionen gibt es keine Grammatik außer der Stellung.
Längst nicht alle Fälle sind Postpositionen. Die semitischen Sprachen funktionieren mit Lokalpräfixen und zwei bis drei Fällen in drei Numeri.
Den zugrundeliegenden Prozess nennt man Grammatikalisierung.
Sprachen kann man lesen wie ein Buch (interne Rekonstruktion). Ein Beispiel: die 7 Ablautreihen und der schwache Imperfekt aus Infinitiv + tuen. Die Verschmelzung aus *hesmi, *hwes- und *hbue- (sein, wesen, bin) je nach Dialekt zeugt hiervon.
Die baltischen Sprachen haben sogar unter Einwirkungen des Finnougrischen eigene Sekundärfälle entwickelt (Inessiv, Allativ, Illativ, Adessiv).
Je kleiner und isolierter eine Sprache ist, desto stärker flektierend ist sie meist.
Danke für den Stern!
Eines ist noch klarzustellen: der Unterschied zwischen echter Flexion und Agglutination. Die Semitischen und Indogermanischen Sprachen funktionieren über echte Flexion, die Uralischen Sprachen und Baskisch sind agglutinierend. Hier gibt es nur eine Endung für jeden Fall, der Numerus wird gesondert markiert, meist eingeschoben zwischen Stamm und Endung.
Im Deutschen haben wir auch Postpositionen, die aber keine "echten" Fälle sind - aber werden könnten. Nach, halber, entlang...
Es ist außerdem wichtig, Satzstellung zu beachten und ob zwischen Nominativ-Akkusativ oder Ergativ-Absolutiv unterschieden wird.
In dem Wikipediaartikel wird angegeben, dass es in fast allen existierenden Sprachen Flexion gibt und wo nicht und wie das Problem der Unterscheidung dort gelöst wird.
Das sollte dir genügen oder nimmst du an, dass die ersten Menschen, die Flexion verwandten, ihren Personalausweis vorgelegt haben, damit man sie nach mehreren tausend Jahren noch dingfest machen kann?