Wie läuft eine Mordermittlung ab?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ein Krimi soll ja unterhalten. Mein Tipp daher: Schaue dir einige Folgen vom Tatort oder von Fernsehserien wie de Sokos im ZDF an. Bei YouTube und in der Mediathek des ZDF gibt es da genug Folgen, aus denen du ein bisschen schlau werden kannst.

Natürlich spiegelt eine solche Serie nicht die Wirklichkeit exakt wieder. Denn wenn sie das täte, würde sich kaum noch jemand die Serie angucken - das wäre dann nämlich wohl zu langweilig und vor allem zu langwierig.

Das gleiche gilt für deinen Krimi. Es bringt dem Leser wohl nichts, wenn er detailliert die realistischen Abläufe einer Mordermittlung erfährt. Dazu liest man keinen Krimi, sondern guckt sich beispielsweise eine Doku darüber an. Ein Krimi soll unterhalten, daher ist es gut, sich an den ebenfalls unterhaltenden Fernsehserien zu dem Thema zu orientieren.

Den besten realistischen Einblick würdest du natürlich bekommen, wenn du mal ein Praktikum bei der Kripo machst und dann da einer Mordermittlung beiwohnen darfst. Ob das alles so einfach geht, ist die andere Frage.

Noch einige Sätze zum Staatsanwalt: Das, was man so in den Fernsehserien sieht, in denen Staatsanwälte alle Nase lang an Tatorten rumturnen und selbst ermitteln, Leute besuchen und befragen etc., ist von der Realität weit entfernt. Die wenigsten Befragungen nimmt ein Staatsanwalt selbst vor - das passiert maximal bei sehr wichtigen Zeugen oder Beschuldigten, auch aus dem Grund, dass Zeugen und Beschuldigte nicht verpflichtet sind, einer Vorladung der Polizei Folge zu leisten. Einer Vorladung durch den Staatsanwalt muss man dagegen folgen - und als Zeuge ist man dann auch verpflichtet, auszusagen (sofern man kein Zeugnisverweigerungsrecht hat).

Was macht also der Staatsanwalt in einer Mordermittlung. Weil eine Mordermittlung etwas bedeutenderes ist als beispielsweise eine Ermittlung wegen Diebstahls, kann es hier schon sein, dass sich der Staatsanwalt mal am Tatort blicken lässt und auch einige Befragungen durchführt. Die meiste Arbeit überlässt er aber seinen sogenannten "Ermittlungspersonen", den Polizeibeamten.

Die Staatsanwaltschaft ist "Herrin des Ermittlungsverfahrens". Der Staatsanwalt hat Weisungsbefugnis, was die Polizeibeamten angeht. Er kann sie also anweisen, was und wo sie zu ermitteln haben. Die Polizeibeamten müssen ihre Ermittlungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Diese entscheidet dann, was zu tun ist.

Brauchen die Ermittler einen Durchsuchungsbefehl oder soll ein Haftbefehl gegen einen Beschuldigten erlassen werden, so beantragt der Staatsanwalt diesen beim Ermittlungsrichter.

In der Theorie ist also der Staatsanwalt derjenige, der bei den Ermittlungen die Fäden in der Hand hat und bestimmt, wo es lang geht. In der Praxis hat er viel zu viel zu tun, um selbst zu ermitteln. Er überlässt die tatsächlichen Ermittlungen also den Polizeibeamten und schaltet sich nur dann aktiv ein, wenn man er wirklich gebraucht wird - er hat in einigen Dingen eben mehr Befugnisse als die Polizeibeamten.

Am Ende der Ermittlungen entscheidet der Staatsanwalt, wie es mit dem Fall weitergeht. Er entscheidet also, ob das Verfahren gegen einen Beschuldigten eingestellt wird oder ob er Anklage erhebt.

Noch etwas zum Gerichtsverfahren: Es wird oft so dargestellt (und ist in der Praxis wohl auch oft so), dass der Staatsanwalt versucht, die höchstmögliche Strafe herauszuholen. Das ist aber nicht ganz richtig: Der Staatsanwalt hat (anders als zB in Amerika) auch die entlastenden Umstände für den Beschuldigten zu ermitteln. Kommt er zu dem Schluss, dass der Angeklagte doch unschuldig ist, kann und muss er auch Freispruch fordern (wenn das erst so in der Hautpverhandlung herauskommt, andernfalls erhebt er gar nicht erst Anklage).

In der Praxis ist es natürlich oft so, dass der Staatsanwalt eine etwas höhere Strafe als der Verteidiger fordert. Aber auch nicht immer fordert der Verteidiger einen Freispruch. Oft ist es so klar, dass der Angeklagte die Tat begangen hat, dass es für die Verteidigung nur noch darum geht, eine etwas geringere Strafe herauszuschlagen.

Dass der Staatsanwalt immer als der Gegenspieler des Verteidigers dargestellt wird, ist in der Theorie falsch, in der Praxis nur bedingt richtig und kommt vor allem aus den amerikanischen Gerichtsfilme, wo das tatsächlich Realität ist. In Deutschland geht es vor Gericht auch nicht so zu, wie in den amerikanischen Filmen.

Solltest du eine Gerichtsverhandlung in deinen Krimi einbauen, emfpehle ich dir, mal eine zu besuchen. In der Regel sind Gerichtsverhandlungen öffentlich. Du kannst also am besten einfach mal auf die Internetseite eines Landgerichts in deiner Nähe gehen, dort nach den Terminen suchen und dir dann einen Hauptverhandlungstermin der großen Strafkammer (oder des Schwurgerichts) heraussuchen. Zu dem Termin kannst du dann einfach gehen und dich in den Zuschauerraum setzen. Das Schwurgericht ist vielleicht am interessantesten, weil dort grob gesagt die Fälle mit Todesfolge (also auch Mord und Totschlag) verhandelt werden.

Skyblue88 
Fragesteller
 16.01.2017, 16:12

Meine noch offenen Fragen hast du ausführlich beantwortet und noch mehr. Danke dir vielmals dass du dir so viel Zeit genommen hast um mit zu helfen ; )! 

Hallo Skyblue88,

erst einmal großes Kompliment dafür wie gut du dich jetzt schon informiert hast. Meiner Meinung nach hast du nichts vergessen. Und ich hätte sogar noch einen Typ für dich:

Du solltest Fußnoten benutzen um verschiedene Begriffe zu beschreiben, wie z.B.: Kripo o.a. Ich weis; die meisten Menschen wissen das die Kripo die Kriminalpolizei ist, aber nicht alle und das ist auch Fachmänischer ; )

Skyblue88 
Fragesteller
 16.01.2017, 15:25

Mach ich, und vielen Dank dir ; )