Wie lässt sich die Evolution der Laus erklären (A1-Aufgabe 2)?

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Parasit-Wirt-Beziehungen entstehen durch dynamische Co-Evolutionsprozesse. Co-Evolution bedeutet, dass die Evolution der beiden Arten, in diesem Fall die parasitische Laus und das Kamel als Wirtstier, sich gegenseitig beeinflusst. Die Anpassung erfolgt dabei gleichzeitig nebeneinander und nicht abwechselnd, wie das oft fälschlicherweise dargestellt wird. Die Anpassung des Parasiten erfolgt dabei in die Richtung möglichst effektiv die Schutzbarrieren des Wirts zu umgehen, sich z. B. vor dem Immunsystem verstecken zu können oder effizient mit den Beißwerkzeugen die Haut durchdringen zu können. Der Wirt hingegen passt sich dahingehend an, dass er es dem Parasit schwerer macht, z. B. durch Entwicklung eines leistungsfähigeren Immunsystems. Hervorgerufen werden die Anpassungen auf beiden Seiten durch Mutationen und durch die natürliche Selektion, wie also üblich bei Evolutionsprozessen.

Parasit-Wirt-Beziehungen sind sehr dynamische Entwicklungsprozesse. Das heißt, es kommt nicht zu einer Einstellung eines Gleichgewichts zwischen den beiden Parteien. Man muss sich solche Evolutionsprozesse wie ein Wettrennen vorstellen, bei dem beide Läufer zur ständigen Anpassung gezwungen sind. Denn wenn eine der beiden Parteien stehen bliebe, würde die andere als "Sieger" aus dem evolutionären Wettrennen hervorgehen. Solange also beide Seiten mit der Evolutionsgeschwindigkeit der Gegenseite mithalten können, bleibt der Status quo zwischen beiden Seiten erhalten. Solche dynamischen Prozesse werden auch Rote-Königin-Dynamik genannt. Sie sind benannt nach der Herzkönigin aus Lewis Carrolls Buch Alice hinter den Spiegeln, in dem die Herzkönigin zu Alice sinngemäß sagt, dass sich die Erde in ihrem Reich so schnell drehe, dass jeder so schnell rennen müsse wie er könne, um auf der Stelle treten zu bleiben.

Als sich die Linie des Ur-Kamels aufspaltete in die Linie der Altweltkamele (Dromedare und Trampeltiere) und in die Linie der Neuwelt-Kamele (Guanakos, Lamas, Vikinjas und Alpakas), wurde auch die Population der parasitischen Läuse in zwei Linien getrennt. Die einen passten sich an die Dromedare an, die anderen an die Lamas. Im Lauf der Zeit wurden auch aus den Läusen verschiedene Arten, die auf einen bestimmten Wirt spezialisiert sind. Die Dromedar-Laus beispielsweise kann zwar auf Dromedaren parasitieren, aber nicht auf Lamas.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig