Wie kann ich als Ärztin Transpersonen das Gespräch in meiner Sprechstunde so angenehm wie möglich gestalten?
Hallo miteinander!
Ich bin Ärztin und seit kurzem in einer Hormonsprechstunde tätig in der wir u.a. Transpersonen in ihrer Transition begleiten. Da ich mir vorstellen kann, dass für viele Arztbesuche, vor allem das Erstgespräch eine Stresssituation darstellen kann würde ich mich freuen, wenn mir ein paar Transfrauen und Transmänner Ratschläge geben könnten was ihnen wichtig ist, um das Gespräch so angenehm wie möglich zu gestalten. Vielleicht erinnert ihr euch ja an Situationen, die ihr als positiv oder auch andere, die euch als eher negativ in Erinnerung geblieben sind.
Empfindet ihr es z.B. problematisch wenn die Formulierung "biologische" Frauen bzw. Männer verwendet wird? Zur Erklärung: wenn ich über z.B. Frauen im sozialen Kontext spreche, mach ich keinerlei Unterschied zwischen Frau und Transfrau, im medizinischen Kontext ist ja aber manchmal das biologische Ursprungsgeschlecht wichtig. Ist die Formulierung in dem Falle OK oder bevorzugt ihr eine andere Formulierung?
Bin gespannt ob mir jemand diesbezüglich Input geben kann, ich möchte, dass sich in meiner Sprechstunde alle, ob Männlein oder Weiblein, ob cis oder trans, wohlfühlen.
Liebe Grüße, Katrin
2 Antworten
Hallo Katrin,
erst mal muss ich sagen, dass ich es wirklich super finde, dass du auch für trans* Personen einen möglichst angenehmen Raum schaffen möchtest - darauf legt leider längst nicht jeder Wert.
Spontan würde mir da auf jeden Fall direkt einfallen, eventuell gewünschten Vornamen und Pronomen zu erfragen. Einige trans* Personen die aufgrund der Hormontherapie vorstellig werden haben vielleicht noch keine amtliche Vornamens- und Personenstandsänderung gemacht. Da bereitet es vielen Bauchschmerzen, mit dem jeweils falschen „Herr“ oder „Frau“ aufgerufen zu werden, am schlimmsten noch im Wartezimmer vor anderen Menschen. Als ich persönlich das erste mal bei meiner Endokrinologin war wurde direkt erfragt, mit welchem Namen und Pronomen ich angesprochen und aufgerufen werden möchte - das war wirklich eine gute Erfahrung.
Ich persönlich finde es nicht problematisch, von biologisch männlichen bzw. weiblichen Körpern/Körperteilen zu sprechen, gerade im medizinischen Kontext kann dies ja von Bedeutung sein, was den meisten trans* Personen auch wohl bewusst sein wird. Ich denke unter Berücksichtigung, dass man die Selbstbezeichnung des Patienten an den anderen Stellen respektiert, ist diese Ausdrucksweise vertretbar (da kann es aber sehr gut sein, dass die Meinungen hier stark variieren).
Hallo Katrin,
Ich finde es super, dass du dir Gedanken machst! Ich kann jetzt nur aus meiner persönlichen Erfahrung berichten (ich habe zwar noch keine Hormontherapie gemacht, aber bin in meiner Hausarztpraxis out), aber folgende Punkte haben mir immer geholfen:
- Frag möglichst früh nach dem Pronomen der Person. Das nimmt den Druck raus, den richtigen Moment zu finden.
- frag nach, welchen Namen du im Alltag und für offizielle Korrespondenz (mit der Krankenkasse oder so) verwenden sollst.
- Sorg dafür, dass auch alle in deiner Praxis bei den Wunschnamen und Pronomen bescheid Wissen. Es ist sehr merkwürdig, wenn die Ärztin "Herr" sagt und die Sprechstundenhilfe "Frau" ins Wartezimmer brüllt.
- ich persönlich mag den Begriff "biologisches Geschlecht" nicht so gerne, aber das ist auch von Person zu Person unterschiedlich. Ich bezeichne das für mich als "bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht".
- verwende nach Möglichkeit die Bezeichnung, die die Person auch für sich verwendet: trans*, transgender, transsexuell, nicht-binär,... Das ist dann aber wirklich schon Bonus.
Ich glaube, das war erstmal alles, was mir einfällt. Ansonsten bist du wahrscheinlich auch schon einen Schritt weiter als sie j meisten, weil du dir aktiv über das Thema Gedanken machst.
Das mit den richtigen Pronomen ist bei uns zum Glück völlig selbstverständlich, da achten auch unsere Sprechzimmer Damen drauf (wir notieren auch immer den gewünschten Vornamen in der Akte), aber manchmal muss man echt aufpassen. Z.B. war im Terminbuch kürzlich eine Erstvorstellung fälschlicherweise als Frau zu Mann statt Mann zu Frau eingetragen. Natürlich ohne böse Absicht, wir kannten die Patientin ja noch nicht, und da viele ja noch keine Personenstandsänderung durchgeführt haben und bei der Krankenkasse noch unter dem Ursprungsgeschlecht geführt werden kann das natürlich zu Verwirrung führen. Zum Glück hatte ich vorher in die Akte geschaut und mir das psychologische Gutachten durchgelesen, in dem es dann richtig drin stand. Sonst ist das schon beim Aufruf ins Sprechzimmer eine Arschbombe ins Fettnäpfchen und ein Garant dass sich der Patient oder die Patientin gleich mega unwohl fühlt...