Wie kann ein Straftäter Bundeskanzler werden?

2 Antworten

Unschuldsvermutung - Rechtsgrundlage und Grundgesetz

Bei der Unschuldsvermutung handelt es sich um einen Grundsatz im deutschen Strafverfahren, wonach ein Beschuldigter solange als unschuldig zu gelten hat bis zum rechtskräftigen Beweis seiner Schuld.

In Deutschland ist die Unschuldsvermutung nicht ausdrücklich niedergelegt. Dieser Grundsatz ergibt sich nach einhelliger Auffassung aus dem Rechtstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 3 GG, Artikel 28 Abs.1 GG in Verbindung mit Artikel 6 der EMRK (Europäischen Menschenrechtskonvention). Artikel 6 Abs. 2 der EMRK lautet ausdrücklich:

„Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“

Zudem findet die Unschuldsvermutung auch in Artikel 11 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ihre Grundlage. Darin heißt es: 

„Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist so lange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.“

https://www.juraforum.de/lexikon/unschuldsvermutung

Bisher wurde nur gegen ihn vorermittelt

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat mehr als anderthalb Jahre ein Vorermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Untreue gegen den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführt,drei Wochen vor der Bundestagswahl wurde das Verfahren eingestellt.

https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Cum-Ex-Affaere-Staatsanwaltschaft-pruefte-Ermittlungen-gegen-Scholz,cumex416.html


xubjan  28.12.2021, 15:01

Ich kann dir nur komplett zustimmen. Eine Mini-Anmerkung habe ich aber schon noch, damit das niemand falsch versteht.

Bisher wurde nur gegen ihn vorermittelt

Bei einer solchen Anzeige MUSS mindestens vorab ermittelt werden. Das darf also gar nicht so eingestellt werden. Egal, wie weit hergeholt der Verdacht ist.

Insofern sagt das inhaltlich exakt 0 aus. Dass es 0 Ansatzpunkte für einen Verdacht gibt, ist die eigentliche Kernaussage. Und dem ist auch so: Bei dem einen (Cum-Ex) gibt es klare Beweise dafür, dass Scholz gerade nichts gemacht hat (Tagebücher des Bankers und Finanzamt-Unterlagen). Bei dem anderen (Wirecard) waren es andere (Union mit Merkel vor allem), die massiv Werbung für Wirecard machten und denen man mal die Frage stellen sollte, was sie wussten.

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Er ist kein Straftäter, da er nicht verurteilt wurde (und meines Wissens nicht mal angeklagt).

Über den moralischen Aspekt kann man streiten. Aber zumindest bei Wirecard ist ja grundsätzlich viel schief gelaufen.


xubjan  28.12.2021, 14:52
Über den moralischen Aspekt kann man streiten.

Sogar aus zwei Richtungen.

Auf der einen Seite die moralische und politische Verpflichtung, sich aus laufenden Strafverfahren und Finanzamt-Angelegenheiten rauszuhalten. Das hat Scholz nämlich getan. War das OK? Wann ist es nicht mehr OK, sich rauszuhalten? Oder ist es auch bei offenkundigen Fehlentscheidungen trotzdem richtig, wenn sich die Gewalten da nicht gegenseitig unter Druck setzen?

Die zweite Richtung ist dann: Da erbt einer in der politischen Laufbahn mehrmals Probleme, die Vorgänge direkt verantwortet haben. Cum-Ex haben andere verbockt (unter anderem Kohl jahrelang, dann halbherziges Quasi-Nichts-Tun von Schröder usw.). Wirecard sind vor allem Union-Politiker zusammen mit Merkel jahrelang Klinken putzen gewesen. Da konnte er auch nichts für. Gibt noch ein zwei weitere Probleme, wo Scholz nur das ausbadet, was andere vor ihm angerichtet haben. Ist ihm nun vorzuwerfen, dass er nicht alles mit Fingerschnipsen sofort in den Griff bekam?

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