Wie ist das zu verstehen?

8 Antworten

Nietzsches Aussage „Das Böse ist des Menschen beste Kraft“ scheint mir ein Forderung einer radikalen Neubewertung traditioneller Moralvorstellungen. Er kritisiert das christliche Wertesystem, das natürliche Triebe wie Ehrgeiz, Machtstreben oder Leidenschaft als „schlecht“ verdammt. Doch Nietzsche erkennt in diesen als „böse“ gebrandmarkten Kräften eine lebensbejahende, schöpferische Energie, die den Menschen befähigt, über sich hinauszuwachsen. Statt sie zu unterdrücken, fordert er ihre bewusste Bejahung und Vollendung. Denn nur durch die Integration dieser verpönten Mächte kann der Mensch sich wahrhaft überwinden und schöpferisch wirken. Der provokante Satz ist also keine Verherrlichung des Bösen, sondern ein Aufruf, sich von moralischen Fesseln zu befreien und das volle menschliche Potenzial zu entfalten.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – stud.phil.

Meckern kann jeder, dem anderen unverzeihlich und böse kommen ist leicht.

Aber wie schwer tun sich manche, mal ein liebes Wort auszusprechen, zu verzeihen und seinem Mitmenschen freundlich zu kommen.

Von daher ist "das Böse", also das Negative stärker - die beste Kraft in diesem Fall.

Nietzsche lehnte die christlichen und bürgerlichen Tugenden radikal ab, das Mitleid, die Demut, die Bescheidenheit, die Friedfertigkeit usw. Das waren für ihn Merkmale der "kleinen Leute", der Ängstlichen, die nicht kühn und unabhängig sein können und wollen, die keine Brücke zu Übermenschen sein konnten, von dem N. träumte.

Hier steigert er das zu einer Provokation: Das Böse sei die beste Kraft des Menschen. Da geht er in die Irre.

Bei N. muss ich immer an sein Ende denken: Er wurde geisteskrank und wurde schließlich aufopfernd gepflegt wie ein Kind von Mutter und Schwester. Wie wäre es N. ergangen, wenn auch diese beiden böse gewesen wären?


joerosac  08.04.2025, 16:49

Die Sache mit dem ‚Übermenschen‘, und was das „Böse“ damit zu tun hat, verstehen die meisten nicht, macht ja nichts.

Bei N. muss ich immer an sein Ende denken: Er wurde geisteskrank und ..

Das sagen Christen meistens, wenn es um Nietzsche geht. Sie meinen ihr 'Jehova' habe ihn mit Krankheit bestraft, (das Gleiche tun sie bei Prof. S. Hawking). Wenige verstanden Nietzsche damals.

Wahrscheinlich können Menschen, die schon vor der Schule lesen und Schreiben konnten, eher Sätze verstehen, die so viele Kommas haben, dass bei den meisten das Verstehen schon nach einem Komma streikt, oder sie brauchen große Buchstaben, so wie die in „Mein erstes Lesebuch“ und einen, der es vorliest, und auch nachfragt, ob der des Lesens und Schreibens Unkundige den Satz auch verstanden hat, um wenigstens ein klein wenig mitreden zu können.

Natürlich wissen Christen, was gut und böse ist, dafür haben sie ein altes Buch. Hast du »Also sprach Zarathustra« gelesen oder wenigstens einen Teil davon?

Kennst du den: »Gott ist tot!« Weißt du, wer das gesagt hat und was noch so dabeisteht?

Den nächsten kennst du aber sicher:

»Aber so ein Gott Jehova, der zum Vergnügen und mutwillig diese Welt der Not und des Jammers hervorbringt und dann noch gar sich selber Beifall klatscht mit ›Alles war sehr gut‹ (Moses, 1,31): Das ist nicht zu ertragen.« -- Das sagte nicht Nietzsche, sondern Schopenhauer.

Bei Nietzsche gilt "böse" gleich "unmoralisch sein". Und eben das Handeln aus Moralität führt laut Nietzsche zu einem schwachen, unkreativen Mitläufertum, in dem der Mensch sein Potential verfehlt. Nietzsche begeistert sich an den unangepassten Menschen, die mutig neue Wege ausprobieren, die im Protest alte ineffektive Bahnen verlassen und dabei Entdeckungen machen, wobei sich diese Entdeckungen nicht auf technische Systeme beziehen, sondern vor allem auf Moralsysteme, die Nietzsche in besonderem Maße kritisiert und in Frage stellt (hier speziell die christliche "Sklavenmoral").

Daher will er - besonders in seiner Schrift: "Jenseits von gut und böse" - eben die etablierten Moralsysteme überwinden, was schöpferische Kraft erfordert.

Sehr verkürzt bekommt dann das von dir oben genannte Zitat auch seinen nachvollziehbaren Sinn.

Hallo Pessimist,

Friedrich Nietzsche wird oft zitiert, aber gerne so abgespeckt, dass der ursprüngliche Sinn völlig verloren geht. 🙏

Du musst seinen originalen Text dazu lesen: Im Zusammenhang wird dann deutlich, worum es ihm geht.