Weshalb ungelöste mathematische Probleme?

3 Antworten

Weil ein berechnetes Beispiel alleine kein mathematischer Beweis sein kann und auch Abermilliarden durch Supercomputer berechnete Beispiele das Problem nicht beseitigen können.

Insofern vermute ich ein kleines Verständnisproblem, was Mathematik eigentlich ist. Eine mathematische Aussage (ein Satz) kann nur durch logische Schlussfolgerung erzielt werden und muss für alle erdenklichen Fälle gelten. Die Zahl der Fälle ist jedoch in aller Regel unendlich und damit per definitionem von keinem Rechner der Welt prinzipiell in endlicher Zeit berechenbar. Von den Beispielen, von denen man --- salopp gesagt - beweisen kann, dass man sie nicht beweisen kann, will ich erst gar nicht anfangen zu reden (zugegeben auch, weil ich mich da nicht wirklich auskenne).

Ob künstliche Intelligenz logische Induktion mal wird verwirklichen können, muss die Zeit zeigen. Vorerst bin ich da noch skeptisch.

PeterSuisse 
Fragesteller
 21.11.2023, 14:20

Super, danke. Es wird mir langsam klarer, wo die Probleme liegen in den ungelösten Problemen :-D

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Hallo PeterSuisse

Das ist eine sehr gute Frage. Computer wurden von Menschen programmiert und können im Prinzip nichts anderes als Rechenoperationen schnell auszuführen. Quasi wie ein sehr sehr starker Taschenrechner. Computer sind aber keine allwissenden Geräte, sie können nicht mehr machen als wir Ihnen programmieren können.

Ein Beispiel hierfür, wäre das Problem für den Umfang von einer Ellipse (langgezogner Kreis). Du kannst innerhalb von wenigen Sekunden einen Computer fragen was der Umfang oder Flächeninhalt für ein Kreis mit einem bestimmten Durchmesser ist, weil vor langer Zeit, sehr schlaue Leute Formeln dafür herausgefunden haben. Aber bis heute gibt es keine Formel für den (genauen)Umfang einer Ellipse, wenn du den Durchmesser hast. Da hilft dir der Computer auch nicht weiter egal wie stark der ist.

Lange Zeit haben sich Mathematiker den Kopf zerbrochen eine Formel herauszufinden, da ja Kreis und Ellipse sich sehr ähnlich sind, ohne Erfolg.

Das Problem ist, in der Mathematik kann man nicht sagen, dass es etwas nicht gibt, nur weil man es nicht herausfindet. Vielleicht gibt es ja eine, nur hat sie noch niemand gefunden. Man muss beweisen, dass es sie nicht gibt, und das kann kein Computer übernehmen, dazu brauch man komplexe Mathematische Zusammenhänge und nicht wirkliches Rechnen in dem Sinne.

Bei dem Umfang der Ellipse wurde tatsächlich bewiesen, dass es keine Formel für dem Umfang geben kann.

Aber es gibt viele ungelöste Probleme wo man (noch) nicht beweisen kann das etwas stimmt oder nicht, ob mit Computer oder nicht

Gruß Paul

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Mathe Physik Leistungskurs
PeterSuisse 
Fragesteller
 21.11.2023, 14:47

super! Vielen Dank, Paul. Das Problem wird mir immer klarer. Glücklicherweise bin ich kein mathematischer Forscher, da ich tendenziell "durchdrehen"würde. In der BWL zu forschen fällt mir viel viel leichter :-D

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Weil Berechnung höchstens ein Beleg ist, aber kein Beweis.

Uups, das war jetzt zu kompliziert, oder? Also von vorne:

Ein mathematisches Problem lässt sich als Aussage formulieren und durch einen Beweis lösen. Einfaches Beispiel:

Das Quadrat einer ungeraden natürlichen Zahl u ist gleichfalls ungerade

Eine "Hochleistungs-Rechenmaschine" wird also rechnen:

1² = 1 => Die Aussage ist korrekt.
3² = 9 => Die Aussage ist korrekt.
5² =25 => Die Aussage ist korrekt.
7² =49 => Die Aussage ist korrekt.
...

Diese Maschine könnte jetzt bis zum Ende des Universums rechnen und dennoch nie alle ungeraden natürlichen Zahlen prüfen (davon gibt es unendlich viele).

Ein Beweis hingegen ist eine Herleitung der Richtigkeit einer Aussage aus Axiomen und bekannten Definitionen. In unserem Beispiel:

Eine ungerade Zahl u lässt sich immer als Summe einer geraden Zahl g (inkl. 0) und 1 darstellen:

 Eine gerade Zahl ist immer durch 2 teilbar:

 Verbindet man diese beiden Gleichungen:

 Das Quadrat einer Summe kann man mit der ersten binomischen Formel darstellen:

 Aus diesem Ergebnis klammere ich den Faktor 2 aus:

 Der Teil

 ist durch 2 teilbar, also immer gerade. Addiert man dazu +1, erhält man immer eine ungerade Zahl.

Dieser Beweis gilt für alle Zahlen, ich muss jetzt nicht den Computer von 1 bis unendlich zählen lassen.

Wie der Mathematiker dann gerne mit stolzgeschwellter Brust schreibt: Q.E.D.

Der andere Fall, warum Berechnung kein Beweis ist: Was passiert bei einer falschen Aussage?

Das Gegenbeispiel:

Alle ungeraden Zahlen größer 1 sind Primzahlen.

Der Computer rechnet also:

3 ist prim -> Die Aussage ist korrekt.
5 ist prim -> Die Aussage ist korrekt.
7 ist prim -> Die Aussage ist korrekt.

Super, die Aussage muss doch korrekt sein, oder? Dummerweise ist aber 9=3*3 und nicht prim!

Deswegen sind solche Berechnung höchstens ein Beleg (ein "es könnte stimmen, ich habe keinen Widerspruch gefunden") und kein Beweis (es gilt so für alle Fälle).

Noch Fragen?

PeterSuisse 
Fragesteller
 21.11.2023, 15:17

Perfekt, herzlichen Dank für die Zeit und Ausführungen. Habe viel dazu gelernt und versteht zunmehmend die Problematik. Das q.e.d. liebte ich am Ende der Mathelektion jeweils im Gymnasium und wenn ich heute etwas rechnerich beweise (ganz einfache Geschichten z.B. Deckungsbeitragsrechnungen aus der Teilkostenrechnung) dann ende ich auch mit q.e.d. was nur ich im Raum lustig finde :-D

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Pauldnd  22.11.2023, 07:26

Sehr gut erklärt. Gruß Paul

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