Wer hat die Klavierauszüge geschrieben?

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Lieder
sind Originalkompositionen, in aller Regel für eine Singstimme und Klavier. Der Klavierpart war nie etwas anderes als eben dieser Klavierpart. Es gibt zwar auch Orchesterlieder, die sind jedoch die Ausnahme.

Klavierauszüge
sind die Reduktion eines Orchestersatzes für ein Klavier, später gelegentlich auch für 2 Klaviere. Übrigens nicht nur von Werken für Chor und Orchester sondern auch von reinen Orchesterwerken. Vor der Zeit von Schallplatte und Radio waren sie die einzige Möglichkeit, Orchesterwerke auch im häuslichen Umfeld anzuhören.
Da Klavierauszüge sich gut verkauften, haben die Notenverlage diese in Auftrag gegeben. In einigen Fällen haben Komponisten selbst Klavierauszüge erstellt, denn von diesem zusätzlichen Umsatz haben ja auch sie profitiert; bekannt ist es zum Beispiel von Wagner und Brahms. Ansonsten wurden sie - wie Du richtig vermutest - von 'irgendjemand anderem' verfasst: Versierte Chorleiter, Lehrer usw., die sie mitunter für den eigenen Bedarf schrieben, oft aber auch, um sich ein Zubrot zu verdienen.


Hejapeja 
Fragesteller
 18.12.2023, 15:42

Z.B. Mozart...ich glaube nicht, dass er Zauberflöten-Musik zuerst für Klavier "vorkomponierte" und dann ans Instrumentieren ging. Ob er sich Klavier - (dh. heißt ja eher Cembalo oder frühe Formen von Flügeln) Skizzen festhielt...um später daran weiterzuarbeiten...? Oder ging er, genial wie er war, gleich in die Vollen und hat fertige "Opernmusik" niedergeschrieben mit allem Drum und Dran?

Von Wagner ist ja bekannt, dass er zumindest den Ring am Klavier interessierten Leuten und Gönnern vorspielte...und das werden wohl noch heute die gültigen Klavierauszüge sein. Die das setzten, druckten und verlegten...das ging sicher nicht ohne hochversierte Musiker.

Vielleicht ist der Vergleich mit bildender Kunst nicht so abwegig, wo es die unterschiedlichsten Verläufe gab - Vorskizzen sind nicht obligatorisch!

Der große Unterschied - bildende Kunst ist einach da und will nur noch angeschaut werden - die Musik aber will aufgeführt werden. Und dazu braucht es verbindliches, klares Notenmaterial.

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Arlecchino  18.12.2023, 23:33
@Hejapeja

Mozart war ein Ausnahmetalent, das fast die gesamte Musikwelt aller Zeiten in den Schatten stellt. Seine Begabungen waren vielfältig; bekannt ist auch sein phänomenales Gedächtnis. Während einer Rom-Reise hörte er in der Sixtinischen Kapelle eine Palestrina-Messe; später im Hotel schrieb er die komplette Partitur aus dem Kopf nieder. Zur Sorge des Vaters, denn es war bei Strafe der Exkommunikation verboten, die Noten aus des Vatikans herauszubringen.

Es ist bekannt, dass er Opern-Ouvertüren und ganze Sinfonien-Sätze vollständig im Kopf hatte, bevor er die erste Note zu Papier brachte. Die Niederschrift war ihm so langweilig, dass ihm seine Frau gelegentlich währenddessen vorlas. Zeitgenossen wunderten sich, dass seine Handschriften so akkurat und fehlerfrei waren: keine Korrekturen, keine Verbesserungen.

Von Wagner ist bekannt, dass er Klavierauszüge anfertigte. Allerdings ist auch bekannt, dass viele Komponisten ohne vorbereiteten Klavierauszug Freunden aus ihren Partituren vorspielten. Wovon Wagner Klavierauszüge im einzelnen anfertigte, ist mir nicht bekannt. Ich bin kein Wagnerianer und habe auch nicht vor, einer zu werden.

Der Vergleich mit der bildenden Kunst ist tatsächlich nicht abwegig. Beethoven machte Skizzen, machte Entwürfe, verwarf sie ganz oder teilweise, litt und schimpfte - das ist nicht so weit entfernt von den Vorbereitungen, die man von Malern oder auch Architekten kennt.

Was die Qualität von Notenausgaben betrifft: das ist ein ganz anderes Thema. Verlegern müssen mit dem arbeiten, was ihnen zur Verfügung gestellt wurde, und im 19. Jahrhundert wurden viele Noten dem Zeitgeschmack angepasst und bearbeitet. Es ist auch heute noch eine unüberschaubare Menge an schlechtem,. kaum brauchbaren Notenmaterial verfügbar oder gar im Handel. Aber, wie gesagt, das ist ein anderes Thema.

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Hejapeja 
Fragesteller
 19.12.2023, 11:34
@Arlecchino

Interessantes Thema...auch für Musikwissenschafter, Archivare, Dirigenten, die am Originalklang interessiert sind...usw.

Wagner mit seiner Tonmalerei...da hätte kein anderer seine Stücke auf Klavier "nachmalen" können...das hätte er sich auch nicht nehmen lassen. Ist sicher nicht einfach zu spielen...

Und Beethoven...habe mal Autographen gesehen...das sah schon fast aus wie "moderne Kunst"...nicht mehr lesbar.

Und das mit Mozart...schon fast unheimlich, diese Souveränität. Was hätte er wohl noch für Musik geschrieben, wenn er länger gelebt hätte...?

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Arlecchino  19.12.2023, 14:03
@Hejapeja
Was hätte er wohl noch für Musik geschrieben, wenn er länger gelebt hätte...?

Ja, das fragt man sich. Ist aber müßig. Möglicherweise hätte er die Reife, die aus seinen späten Werken spricht, erst später erreicht?

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