wenn man jemanden versehentlich verletzt hat man sich dann moralisch verwerflich verhalten?

Das Ergebnis basiert auf 27 Abstimmungen

anders 56%
die absicht überwiegt. 41%
nur das ergebnis zählt. 4%

19 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
die absicht überwiegt.

Ob eine Tat eine Sünde ist, liegt allein an der Intention, nicht am Ergebnis. Daß es auch bei vollkommen guten Absichten zu "Unfällen" kommen kann und jemand gekränkt ist, kann vorkommen und das kann man nicht jemandem als Sünde zur Last legen. Auch wenn keiner etwas Böses will, kann Kommunikation einfach manchmal schiefgehen.

Ein Beispiel: Ein Schiff wird gebaut, ein Konstrukteur macht einen Fehler, der ihm völlig unbemerkt bleibt und das Schiff geht mit 500 Menschen unter. Das ist eine Katastrophe, an welcher der Konstrukteur schuld ist, er hat aber dennoch keine Sünde begangen, denn er hatte nicht die Absicht, Böses zu tun. (Liebe Ingenieure, das ist nur ein plattes Beispiel, keine Aussage über Euren Berufsstand!)

Sünde ist, wenn Du etwas Böses willst und nach diesem Wunsch handelst. Gruß, q.

omnia 
Fragesteller
 16.10.2010, 12:50

und ein anderes konkretes beispiel zur fahrlässigen tötung: ist es keine sünde" wenn der "mörder" zb. nur zu schnell autogefahren ist, weil er seine alte großmutter nicht zu lange warten lassen wollte -und damit was gutes bezwecken wollt? (denn er weiß die alte dame wartet und macht sich sorgen) wenn der jenige ein kind überfährt.. der wird seines lebens nichtmehr froh -aber sind die schuldgefühle dann etwa unberechtigt?

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quopiam  16.10.2010, 17:39
@omnia

Nun, zum Mord gehört ein entsprechendes Motiv, das bei einem AutoUNFALL nun wirklich nicht vorliegt. Es ist sicher keine Sünde, die Oma ein paar Minuten oder eine Stunde länger warten zu lassen. Sie weiß ja, daß der Enkel kommen wird - vorausgesetzt, er hat keinen Unfall! Als Autofahrer habe ich abzuwägen, ob ich lieber husch-husch oder lieber auf Nummer sicher fahren will. Bin ich gedanken- und rücksichtslos, weil ich glaube, es eilig zu haben, dann beginnt m. E. da schon das Abweichen vom rechten Weg und man kann ein solches Verhalten - streng betrachtet - schon als sündhaft bezeichnen. Man kann aus dieser Sünde heraus sehr wohl schuld sein am Tod eines Mitmenschen und Schuldgefühle sind dann auch berechtigt. Die Sünde, die diesem schrecklichen Resultat dann zugrunde liegt, ist aber nicht gleich der Schuld.

"Schuld" und "Sünde" sind zwei Paar Schuhe und man muß die beiden Begriffe unbedingt trennen, wenn es darum geht, ob jemand gesündigt hat und wie sehr. Ein Mensch kann mit einer ganz kleinen Sünde, mit einer winzigen Verfehlung, eine riesige Katastrophe verursachen und große und schwere Schuld auf sich laden. Wenn Du im Alltag in Deiner Umgebung, bei allem, was so schiefgeht im Leben, einmal genau hinsiehst, bemerkst Du, daß das sehr, sehr oft so ist. Das ist tragisch und oft empfindet man große Ungerechtigkeit dabei. Dennoch kann man daran nichts ändern, außer sich selbst möglichst davor in Acht nehmen. Jemand hat einmal gesagt: "Der Teufel ist ein Eichhörnchen." Das paßt vielleicht ganz gut zu dieser Frage. Gruß, q.

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die absicht überwiegt.

Ganz klar: nein

Aber es überwiegt nicht - es ist nur die einzigste vollkommene Antwort auf die Frage ->

wenn du die Frage "was ist schlimmer: Was schlechtes wollen oder was schlechtes tun ?" gestellt hättest wären die Auswahlmöglichkeiten richtig.

Aber das Endresultat hat Nichts mit der Moral zu tun...

die absicht überwiegt.

Angenommen, A ist auf dem Weg zu B, um diesen und dessen Frau und Kinder grausam umzubringen. Auf dem Weg dahin überquert eine Straße, die von C befahren wird, der gerade in diesem Moment am Steuer einen Herzinfarkt erleidet, darum nicht bremst, und A tödlich überfährt.

In diesem Fall hat C einen Menschen getötet, wollte es aber nicht, während A Menschen töten wollte, es aber nicht getan hat. Ich halte nun A für den schlechteren Menschen.

omnia 
Fragesteller
 16.10.2010, 12:58

sehr angenehm konkret.

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anders

Gut und schlecht existieren nicht. Es liegt immer im Auge des Betrachters. Bestes Beispiel ist der zweite Weltkrieg. Viele Menschen fanden ihn natürlich schrecklich. Andere hingegen (die meisten davon sog. "Neo-Nazis") fanden ihn großartig. Ich kann dir nur raten, verschwende keinen Gedanken daran, zu entscheiden, ob etwas gut oder schlecht ist.

omnia 
Fragesteller
 18.10.2010, 22:42

naja aber da könnte man ja auch wider neu zu philosophieren anfangen. ich denke da an kant.. aber egal.

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anders

1) Frage der Verwerflichkeit

Eine nicht unfreundliche Äußerung, von der sich aber jemand verletzt/gekränkt fühlt, ist an sich nicht verwerflich. In der Kommunikation sind beide Seiten beteiligt, Sender und Empfänger.

Der Sender hat eine Verantwortung, nicht fahrlässig unnötig seelische Verletzungen hervorzurufen. Dazu gehört eine Achtsamkeit und Bereitschaft zu Einfühlung. Entsprechend den eigenen Fähigkeiten (mehr als das Bemühen um ihren Einsatz kann sittlich nicht verlangt werden) ist eine Sorgfalt empfehlenswert, wie etwas bei einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation ankommt.

Der Empfänger trägt eine Verantwortung für eigene fehlerhafte Deutungen, die für ihn vermeidbar gewesen wären.

Bei einer konstruktiven Kritik (wertvoll für andere, um lernend Hinweise aufzugreifen) ist eine wohlwollende Absicht vorhanden, die Welt und das Zusammenleben der Menschen in einen möglichst guten Zustand zu bringen und die Entwicklung der betroffenen Personen zu fördern. Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, mit solchen Äußerungen, die auf kein Niedermachen zielen, - zumindest zunächst – unbeabsichtigt gekränkte Gefühle hervorzurufen, schon allein weil Wahrheiten unangenehm sein können.

Sehr direkte und aufrichtige Menschen können ungewollt anecken. Die Ehrlichkeit ist eine gute Eigenschaft. Wenn das Einfühlungsvermögen/Taktgefühl nicht sehr groß ist bzw. von ihm mangelhaft Gebrauch gemacht wird oder wenn eine erforderliche Berücksichtigung und offensichtlich wichtiger Gesichtspunkte fehlt bzw. vernachlässigt wird, können überflüssige Mißverständnisse und Kränkungen entstehen. Eine Ungeschicklichkeit in diesem Bereich allein ist nicht gerade moralisch verwerflich (der Ausdruck ist in seiner Bedeutung sehr stark). So etwas stellt aber ein Zurückbleiben hinter dem Wünschenswerten dar und zeigt eine Anfälligkeit für eine Schwäche. Diese abzumildern, könnte ein Ziel sein.

2) Stellenwert von Absicht und Ergebnis bei der ethischen Beurteilung (in der ganzen theoretischen Bandbreite ein Riesenthema, ich biete einige Gedanken an, die ich dazu schon einmal geschrieben habe)

Die Beurteilung durch Personen ist davon abhängig, welche Art von Ethik sie vertreten. Manche Richtungen beurteilen nur nach den Handlungsfolgen (Konsequentialismus wie z. B. im Utilitarismus bei dem als gut gilt, was nützlich ist [Nutzen ist eine Folge]). Andere achten auf die innere Einstellung (Tugendethik) bzw. eine Pflicht oder den Grundsatz des Wollens (deontologische Ethik; z. B. Immanuel Kant mit seinem kategorischen Imperativ). Unter einem anderen Gesichtspunkt geht es vor allem darum, Glück zu erreichen. Eine gute Absicht ist ehrenwert. Allerdings ist es nicht das beste Handeln, etwas nur gut gemeint zu haben. Dabei kann auch ein schlechtes Ergebnis herauskommen, das schadet.

Die Handlungsfolgen stehen nicht vollständig in der Macht der Handelnden. Also können sie nicht für jeden Fehlschlag verantwortlich gemacht und ihr Handeln einfach als schlecht beurteilt werden. Aber es ist angebracht, entsprechend seinen Fähigkeiten sich über ein Problem zu informieren, Handlungsfolgen zu bedenken und seinen Verstand zu verwenden. Eine Vernachlässigung der Urteilskraft ist nicht empfehlenswert.

Es gibt eine Unterscheidung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik.

Die Gesinnungsethik stellt die Motive und Absichten über den Erfolg. Werte sind ihr wichtig. Dies kann zu der Neigung führen, das Hochhalten allein einer Gesinnung (ohne Nachdenken und abwägendes Urteil, das den Handlungszusammenhang beachtet) für ausreichend zu halten und die tatsächlichen Ergebnisse mit ihren praktischen Folgen für unerheblich zu halten.

Die Verantwortungsethik richtet sich nach der Verantwortbarkeit der Folgen/Ergebnisse. Dies wirkt gut, weil anscheinend der Gesamtzustand der Welt optimiert wird. Allerdings sind die Folgen und Ergebnisse so weitgehend oft nur mangelhaft einzuschätzen und vorauszusehen.

Außerdem kann eine behauptete nützliche Folge benutzt werden, um sich auf zweifelhafte Weise (schlimme Mittel) über Werte und Grundsätze hinwegzusetzen (z. B. in der Politik).

Mögliche Gesamtverläufe des Weltgeschehens sind unsicher und eine eindeutige Ausrichtung in einem wertenden Vergleich ist derartig weitegehend nicht durchführbar. Dies liefe eher darauf hinaus, eine gute Endabsicht zu behaupten, womit sich ein Widerspruch einschleicht (das Ergebnis sollte ja ausschlaggebend sein). Verantwortungsethik ist eine Spielart des Utilitarismus. Dadurch hat sie auch die Schwäche, ein Kriterium des Nutzens aufzeigen zu müssen, dieses (irgendein höchstes Gut) aber nicht nach Nützlichkeit begründen zu können.

Die strikt entgegensetzende Unterscheidung von Gesinnungsethik und Verantwortungsethik ist ungeeignet als Lehre über sittliches Handeln. Beide einseitigen Standpunkte sollten vermieden werden.

3) gute Tat bei Absicht, etwas Schlechtes zuzufügen

Insgesamt hat meiner Meinung nach die Absicht etwas das Übergewicht. Wenn etwas Gutes herauskommt, ist die Auswirkung (das Ergebnis) gut. Die Handung selbst ist deshalb aber nicht gut und jemand nicht wegen eines von der Absicht völlig abweichenden Ergebnisses ein sittlich guter Mensch. Die Handlung war nicht auf das Ergebnis ausgerichtet.

Es können auch extreme Beispiele durchdacht werden, um festzustellen, wie nach eigener intuitiber Überzeugung geurteilt wird. Ein grausamer und geldgieriger Killer könnte aufgrund einer Verwechlsung oder unvorhergesehener Umstände nicht ein gedachtes Opfer töten, sondern jemand, selbst der ein schlimmes Verbrechen plante. Ihn deshalb als gut handelnden, unter ethischen Gesichtspunkten guten Menschen, würde höchstwahrscheinlich nach intuitivem Empfinden verneint. Ihn als ethisch höherstehend als jemand zu beurteilen, der Gutes wollte, aber aufgrund nicht in seiner Macht stehender Bedingungen bzw. ungünstiger Zufälle schlechte Folgen erzielte, würde wohl dabei erst recht auf Ablehnung stoßen.