Was treibt einen dazu links zu sein?

8 Antworten

Politische Gesinnung ist nur eindimensional, auch wenn das gerne anders dargestellt wird.

Allgemein kann man jedoch sagen, dass Gleichstellung von Menschen unter verschiedenen Kriterien eher "links" ist, während das Definieren und Erhalten von "Klassen" eher "rechts" ist.

Wirtschaftlich bedeutet "links" ein Zugewandsein zu Arbeitnehmern und "dem kleinen Mann". Gesellschaftlich bedeutet "links" eine Gleichstellung von

  1. Männern, Frauen und anderen Geschlechtern sowie deren sexuellen Orientierungen und "alternativen" Familienkonzepten im Gegensatz zu "Frauen an den Herd, es gibt genau 2 Geschlechter, keine Homoehe etc."
  2. verschiedenen (nicht-)Religionen im Gegensatz zu "Unser Land ist Christlich und Religion XY hat hier einen untergeordneten Stellenwert" und
  3. Ethnien.
  4. anderen Dingen, die mir gerade nicht einfallen.

Meine persönliche gemäßigt linke Einstellung kommt genau daher: ich glaube, dass solziale Gerechtigkeit erstrebenswert ist und sehe mich nicht veranlasst, Menschen einen geringeren Wert zuzuschreiben, nur weil sie sich durch irgendein Merkmal von mir unterscheiden, auf das sie keinen Einfluss haben.

Das geht einher damit, dass "rechts" auch eher konservativ ist: "rechts" ist gegen gesellschaftliche Weiterentwicklung und Veränderung, wenn nicht sogar am liebsten die Uhren wieder zurück gedreht werden, während "links" offener ist für Neues. Das erklärt auch, weshalb gerade im rechten politischen Spektrum gerne der Klimawandel geleugnet wird: denn nur wenn man den leugnet, leugnet man ja auch die Verpflichtung, den eigenen Energiebedarf zu senken und sich nachhaltiger zu ernähren und zu kleiden.

Links sein heißt z.B. sich dafür einzusetzen, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben, ein gutes Leben in der Gesellschaft zu führen, unabhängig davon, ob man aus einem reichen oder armen Elternhaus kommt. Dabei soll es den Menschen auch ermöglicht werden, verschiedene Lebensmodelle in Anspruch zu nehmen, und nicht nur einen bestimmten von der Gesellschaft vorgeschriebenen Weg zu gehen.


anonymo2183956 
Beitragsersteller
 27.01.2025, 13:37

"Dabei soll es den Menschen auch ermöglicht werden, verschiedene Lebensmodelle in Anspruch zu nehmen, und nicht nur einen bestimmten von der Gesellschaft vorgeschriebenen Weg zu gehen."
Klingt interessant, wie ist das genau gemeint?

moreblack  27.01.2025, 13:54
@anonymo2183956

Schon mal ganz simpel, dass es auch was anderes gibt als "Mann arbeitet, Frau versorgt Kinder".

In Europa wird sich oft über zwei Ideale gesprochen: Freiheit und Gleichheit.

Freiheit bedeutet, dass ich als Mensch unabhängig bin und soweit wie möglich das tun kann, was ich will, ohne dass der Staat mich beschränkt.

Gleichheit bedeutet, dass wir von Geburt an alle dieselben Chancen und Rechte haben, d.h. unser Glück nicht von unserer Herkunft, dem sozialen Hintergrund, etc. abhängt.

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In Europa verschreiben sich die meisten Menschen beiden Idealen, aber sie widersprechen sich:

Angenommen alle Menschen starten gleich. Aufgrund unterschiedlicher Qualitäten werden sich Unterschiede herauskristallisieren. Manche Menschen verdienen mehr, manche weniger. Verschreiben wir uns der Freiheit, dann darf der reiche Mensch das Geld behalten, denn er hat es rechtmäßig verdient. Er darf es seinen Kindern weitergeben und ihnen das Leben etwas leichter machen. Aber halt... das widerspricht der Gleichheit. Jetzt gibt es plötzlich Menschen, die es leichter haben... So führt Freiheit dazu, dass Menschen nicht die gleiche Chancen haben. Die Schere zwischen Arm und Reich wächst, soziale Konflikte werden größer und können in politischer Instabilität enden.

Verschreiben wir uns dagegen der Gleichheit, dann beschneiden wir die Reichen und verteilen das Geld um. Das beschränkt logischerweise die Freiheit. Der Staat funkt dazwischen, so ganz fair, ist das doch auch nicht?

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Links stehende Parteien verschreiben sich tendenziell mehr der Gleichheit, rechts stehende Parteien eher der Freiheit. In den letzten Jahrzehnten haben wir immer die Freiheit etwas bevorzugt, die Schere geht nämlich immer weiter außeinander.

Was mich dazu treibt links zu sein?

Weil ich möchte das alle Menschen ein möglichst gutes Leben führen können und sich frei ausleben können unabhängig von Geschlecht, Sexualität, Religion, Ethnie etc.

Kommt drauf an, welche Art von Linken. Bei klassisch altmarxistischen Soziallinken ist es entweder Idealismus oder Sozialneid. Letzteres leider häufiger.

Kein woken Neulinken und Multikulti ist es bei Naiven Mitleid mit Leuten aus der Dritten Welt. Häufiger ist jedoch auch hier der boshafte Typus, dem seine „Weltoffenheit“ nur Maskerade ist für seinen Hass auf die Einheimischen.

Generell spielt in einer Zeit, in der seit Jahrzehnten der Mainstream linksliberal ist, aber immer auch narzisstische Motive eine Rolle, also das, was man in Amerika „virtue signalling“ nennt.