Was sind denn Argumente gegen Faust als Schullektüre?

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Na ja, die Geschichte ist ziemlich banal und inzwischen oft in unterschiedlichen Formen kopiert worden (oder war schon damals bekannter Stoff: Verführung durch den Teufel). Und bis auf heute bekannte Redewendungen ist die Sprache mMn nicht extrem "edel", also man kann jetzt nicht viel aus der Sprache ziehen, außer, dass man erkennt, wo bestimmte z.T. noch heute übliche Redewendungen herkommen (grau, treuer Freund, ist alle Theorie/ das also war des Pudels Kern etc,).

Man könnte argumentieren, dass es sprachlich herausforderndere Werke gibt und Werke, die inhaltlich stärker zum Denken/ Analysieren auffordern, die vor allem eher dazu auffordern, sich über das eigene Leben und aktuell oder universelle Probleme Gedanken zu machen.

Man könnte argumentieren, dass einige der Hauptkonflikte (Wissenschaft vs. Naturerleben bzw. eigene Moral vs. Religion) heute nicht mehr so wichtig sind wie zur Entstehungszeit des Werkes. Heute darf der Wissenschaftler glauben und man kann auch Naturwissenschaft betreiben und trotzdem eine Verbindung zur Natur haben oder Entspannung in der Natur suchen. Und man kann halt auch religiös sein und trotzdem offen für andere Moralvorstellungen.

Man könnte vor allem argumentieren, dass das Buch von Schülergeneration zu Schülergeneration immer älter und damit schwerer zu lesen und nachzuvollziehen wird und die zentralen Konflikte, wenn man nur auf der Inhaltsebene bleibt, sicher auch mit modernen Werken, deren Sprache und Handlungsverlauf die Schüler eher anspricht, vermittelt werden können. Man könnte also vermuten, dass Schüler, die ungern lesen und sich nicht gern mit Literatur oder älterer Sprache oder den konkreten Aspekten der Handlungsverlauf (Teufelspakt, Religion, unerfülltes Begehren/ Liebe, Wissenschaftsphilosophie, Naturverbundenheite etc.) durch das Lesen und Analysieren von Faust eher nicht für das Lesen weiterer literarischer Werke begeistert werden, vielleicht sogar im Gegenteil glauben, dass so etwas sowieso nichts für sie ist, dass Literatur allg. langweilig, verstaubt und alt ist und ihnen nichts sagt.

Damit hätte man natürlich den wichtigen Bildungsauftrag, Jugendlichen die Literatur näherzubringen, gerade bei den Schülern verfehlt, die schon von Haus aus kein Interesse daran hatten, also bei den Schülern, bei denen das vielleicht am Wichtigsten gewesen wäre.

Vorwiegend würde ich argumentieren, dass Faust halt nicht DIE Lektüre ist, die man gelesene haben MUSS. Es gibt so viele gute Bücher, man kann aus jedem etwas interessantes ziehen, wenn man nur will. Ich behaupte mal dass Faust deswegen so viel hergibt, weil es seit Jahrhunderten durchanalysiert wurde. Das hat natürlich seinen Grund - es war immer schon ein gutes Werk, aber es war wahrscheinlich auch Glück dabei. Gibt sicher genauso viele Werke aus der Zeit, welche entweder nicht erhalten, oder deutlich unbekannter sind, obwohl man auch aus diesen sehr interessante Ideen ziehen kann.

Gegen Faust selbst spricht, meiner Meinung nach, nichts, aber ich finds immer befremdlich, dass man es relativ früh liest. Faust ist schwer zu lesen (und hat auch zumindest eine Stelle, die ich als überflüssigen Filler bezeichnen würde), und sollte, wenn, dann im letzten Schuljahr besprochen werden, nicht wie bei mir im dritten (Oberstufenjahr natürlich). Bzw. ich würds vielleicht nur Schülern zu lesen geben, die eine besondere Herausforderung suchen, und sich Bonuspunkte erarbeiten wollen? Ich bin tatsächlich nicht sicher wie sinnvoll es ist, jeden durch diesen anstrengen (wenn auch fallweise schönen) Schreibstil zu quälen. Da tuts dann vielleicht auch nur Themenanalyse?

Aber ich hab das Gefühl ich schweife ab, ich belass es jetzt mal bei dem hier.