Was mit 10 Jahre altem Manuskript machen?

4 Antworten

Es gibt hier kein "sollen". Tu das, worauf du Lust hast. Wenn du Lust hast dein altes Werk nochmal intensiv zu überarbeiten oder gar neu zu schreiben, dann mach das. Wenn einem ein Projekt sehr am Herzen liegt, hat man diesen Drang manchmal einfach und das ist auch in Ordnung. Wenn das aber nur ein flüchtiger Gedanke ist, würde ich davon eher abraten. Die Chance ist hoch, dass du das Interesse daran dann auch recht schnell wieder verlierst.
Wenn du lieber etwas vollkommen Neues schreiben möchtest, dann schreib etwas Neues. Wenn du beides willst, dann tu beides im Wechsel. Du könntest auch nur einige Elemente aus deiner alten Geschichte nehmen, die dir besonders gut gefallen haben, und daraus etwas vollkommen Neues basteln.
Ich weiß, das klingt jetzt nicht sonderlich hilfreich, aber ich weiß nicht was ich dir anderes raten soll. Du weißt doch am besten worauf du gerade mehr Lust hast, oder?

Es gibt auch keinen Grund sich nicht zu trauen. Du hast doch nichts zu verlieren? Selbst wenn du die Geschichte wieder mittendrin abbrechen solltest, weil dich die Idee doch nicht überzeugt, ist das nicht schlimm. Das passiert und ändert nichts daran, dass du trotzdem 70 oder mehr oder weniger Seiten geschrieben hast (was mehr ist als so manch anderer schafft) und dabei (hoffentlich) Spaß hattest.

Löschen würde ich die Geschichte auf keinen Fall. Tatsächlich lösche ich fast nie etwas, das ich geschrieben habe (außer meine Festplatte geht in Rauch auf und ich war mal wieder zu faul für ein Back-Up...).

Ich denke am besten kannst du selbst beurteilen, welcher Gedanke dich gerade mehr begeistert. :)

Liebe Grüße

Ich habe Geschichten, die sind 40 Jahre alt. Du kannst sie auch in Einzelteilen recyceln.

Vorschlag: Lies sie durch. Abstand ist etwas Wunderbares. Wenn sie dich fesseln, mach weiter. Wenn du häufig den Kopf schütteln musst, überlege, ob man sie überarbeiten kann.

Letztendlich war es eine Übung und die Erfahrungen werden auch bei einem Neuanfang einfließen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Talent, Selbststudium, Lektorat

Pseud000 
Beitragsersteller
 17.11.2024, 13:31

Danke für den Tipp!

Ja, ich mochte die grundsätzliche Idee, aber die Ausführung auf sprachlich-erzählerischer Weise war vor allem in den sagen wir mal ersten 7 von 16 Kapiteln wirklich so schlecht, dass ich wenn überhaupt diese Kapitel mehr als nur überarbeiten würde.

Danach wird es besser, weil ich da dann als Autor auch tiefer in der Story steckte. Ab dem achten Kapitel gibt es einen sehr starken Wendepunkt, der die eigentlich wirklich interessante Handlung startet. Diese späteren Kapitel sind denke ich zu retten, vielleicht sogar wirklich brauchbar.

Ein anderes Problem ist, dass sehr viel klischeehaft ist. Ich habe folgende Kritikpunkte:

  • Generisches Setting (europäisches Mittelalter High Fantasy in fiktiver Welt): Ich würde das viel lieber umsiedeln in so etwas wie Steampunk, Viktorianisches Zeitalter, vielleicht sogar Orient + Fantasy. Eventuell lieber in die echte Welt bringen.
  • Ausgelutschter Masterplot: Hero's Journey: Schwächlinger Junge findet Mentor, wird stärker, erlangt besondere Fähigkeit, innerer Konflikt, Wechsel der Seiten, Rebellion gegen übermächtig erscheinenden Feind, der vorher sein Herrscher war
  • Oberflächliche Charaktere
  • Zu viel tell zu wenig show
  • Fürchterliche Namen, die müssten zu 80% geändert werden
  • Menschen ohne besondere Fähigkeiten halten deutlich mehr Gewalteinwirkung aus als sie sollten bzw. mit zu geringen Verletzungen und regenerieren schneller als medizinisch möglich

Was die Story gut macht, ist, dass sie denke ich relativ spannende Kampfszenen schildern kann und die Lore nicht so schlecht ist und ein vernünftiger moralischer Konflikt vorhanden ist (eigentlich ist es sowas wie die Botschaft der PETA für bestimmte fantastische Wesen).

Vermutlich wäre eine Teilverwertung inneinem neuen Projekt mit komplett neuem Setting, neuen Charakteren, neuer Handlung aber dem gleichen Tierschutzmotiv, ähnlichen Kampfchoregraphien aber besserer Einbindung in die Welt besser. Spannende Subplots könnten vllt übernommen werden.

WilliamDeWorde  17.11.2024, 15:56
@Pseud000

Ja, warum nicht? Denke dran, dass sehr viele in High Fantasy unterwegs sind. Die Konkurrenz ist hart. Sich da abzugrenzen, ist eine gute Idee. Falls es in Richtung Orient geht, muss man sich dort aber auskennen, auch in der Mythenwelt. Die Namen sollten einer Logik folgen. Frag ChatGPT was es mit bestimmten Namen assoziiert. Ich frage es: "An was denktst du bei diesem Namen zuerst? An was würde ein Einheimischer denken? Würde er merken, dass ein Fremder die Namen erfunden hat?" 80% der Namen kann ich dann wegschmeißen, obwohl ich damit lange Erfahrung habe. Auf der anderen Seite gibt es einen Namen, dessen Sinn keiner erkennt, aber ChatGPT findet ihn gut und ich habe mich daran gewöhnt, so wie meine Katze Leela heißt. Fremde runzeln die Stirn, aber für mich ist das keine Farbe. Nimm Namen, die sich sehr unterscheiden und die nicht 5 Silben und mehr haben.

Steampunk ist nicht so einfach wie man denkt. Wenn du viele fremde Wesen hast, dann bietet sich auch eine Kultur an, die mit solchen Wesen lebt. Die Ägypter z.B. hatten eine Menge Chimären. Im Amazonas gab es Hochkulturen, die verschwunden sind. Denen kann man alles anhängen. Indiana Jones hätte seine wahre Freude dran. In Australien kann man mit den Traumpfaden der Eingeborenen experimentieren und Neuseeland hat die perfekte Hobbit-Kulisse und zu wenig Folkore. Da wäre also noch Luft. Oder schreibe über Atlantis oder den Regenwald, der in der Sahara wucherte, wo der Amazonas entsprang und rückwärts floss.

Wenn gar nichts passt: Ab auf einen anderen Planeten, der urbar gemacht wurde und wo spezielle Tiere gezüchtet wurde, um sie an das optimierte Ökosystem anzupassen. Wahrscheinlich ist einiges schiefgelaufen. Natürlich können solche Wesen auch den Reagenzgläsern der Alchimisten entspringen ...

Pseud000 
Beitragsersteller
 17.11.2024, 16:38
@WilliamDeWorde

Ja, mir fällt da spontan Markus Heitz mit seiner "Drachen" Reihe ein, in der diese Fantasy-Thematik in die 1920er transportiert und dadurch Drachenjagd auf Propellerflugzeugen thematisiert. Das ist viel interessanter als wenn er die Drachenhatz in nem mittelalterlichen Setting gelassen hätte.

Tatsächlich ist eben Drachenjagd (wobei der Drachenbegriff in Phänotyp etwa so dehnbar war wie bei Dragon Hunters auf Super RTL) so einer Aufhänger meiner Story gewesen. Wenn man technologisch ein wenig auf dem gleichen Stand bleiben will, hätte man auch Skandinavien nehmen können in der Wikingerzeit. Wobei das vielleicht zu ähnlich geworden wäre.

Ich bin selber ein wenig mit High Fantasy auf dem Kriegsfuß bzw. in einer Art Hassliebe. Früher fand ich sie sehr faszinierend (sonst hätte ich mich selbst nicht daran versucht), aber eben gerade diese Übersättigung, nicht nur in der Romanwelt, sondern auch in Film, Serien usw. gerade im europäischen Mittelalter-Setting hat mich immer mehr gestört.

Witzig wäre auch sowas wie den historischen Emu-Krieg in Australien neu aufzubereiten, nur sind es dann vielleicht nicht nur Emus, sondern Raptoren oder etwas ähnliches. Da könnte man ja auch etwa die Aborigines mit ihrer Kultur und Mythologie einbauen. Oder generell die Eroberung und Neuerschließung von Australien durch Siedler. Down Under wird doch sowieso als Hellhole beschrieben, in dem dich alles mögliche an gefährlicher Fauna existiert. Warum das nicht noch etwas übertreiben?

Da hätte ich viel mehr Lust drauf, mich wieder mit dem Thema zu befassen.

Danke für deinen Input!

Anders, als ein anderer User hier, würde ich das Manuskript nicht löschen.

Wenn du wirklich Lust darauf hast, es zu überarbeiten, dann mach es.

Ich selbst habe auch ein Manuskript in der Schublade liegen, mit dem ich nie wirklich zufrieden bin. Dennoch habe ich in den letzten Zehn Jahren immer mal wieder daran umgeschrieben, gestrichen und neues dazu geschrieben.

Wenn du wirklich wieder etwas (anderes) schreiben willst, versuche dich für den Anfang an ein paar Kurzgeschichten. Vielleicht zu deinem Fantasy-Projekt? Vielleicht kannst du dadurch wieder die Lust an dem Hauptprojekt wecken und wer weiß, was daraus entstehen mag.

Ansonsten kann ich dir nur raten, einige Schreibratgeber zu lesen. Schreiben ist ein Handwerk, vielleicht fehlt dir noch ein passendes Werkzeug, mit dem du motivierter an die Schreibarbeit gehen kannst.


Pseud000 
Beitragsersteller
 15.11.2024, 22:47

Ja, Kurzgeschichten klingt gut, da ist es auch wahrscheinlicher, was fertig zu bekommen, darüber habe ich auch mal nachgedacht. Ich weiß nur nicht, wie man Kurzgeschichten gut entwirft bzw. plant, weil das muss ja viel pointierter sein, weil es ja kürzer ist.

Ich habe sogar ein riesen Buch zum Schreiben zuhause liegen, aber auch nicht so die Muse gehabt. Manchmal fühle ich mich zu faul zum Autor sein.

Gerade was eben das Handwerk angeht ist eben genau der Punkt, dass dieses Erstlingswerk noch auf so einem niedrigen sprachlichen und teilweise erzählerischen Niveau ist, dass ich mich halt frage, inwieweit es sich rentiert, sich weiter mit dem Werk auseinanderzusetzen.

Ich hatte mal das erste Kapitel in der fertigen Fassung mit dem ersten Kapitel in dem abgebrochenem "Remaster" verglichen und da war eben ein riesiger Unterschied zu bemerken.

Auch so kleine Sachen wie Namen waren komplett all over the place und null konsistent, stell dir vor du hast sowas wie Holger und Karl, aber dann Sung und Phuong und Cecilius und so weiter ...

Inzwischen habe ich auch eher ne Interessenverschiebung und würde vielleicht lieber Sci Fi oder Dystopien oder zumindest die Fantasy mehr in unsere Welt einbetten (das alte Werk war totale High Fantasy und ziemlich klischeehaft; heutzutage würde ich eher was in der modernen Welt machen aber mit Fantasy-Elementen dort).

Aber danke, du motivierst mich, mich wieder grundsätzlich mit dem kreativen Schreiben zu befassen.

shinyuke  15.11.2024, 23:09
@Pseud000

In einem Roman hast du ja viele Nebenhandlungen, die fallen in der Kurzgeschichte weg, so hast du am Ende deine pointierte Geschichte. Ich halte mich meist an ein Kernthema und steige so spät wie möglich ins Geschehen ein und beende sie so früh wie möglich. Ich versuche auch einen Spannungsbogen einzubringen um das Geschehen nicht vor sich hin plänkeln zu lassen. Aber um ein Erfolgserlebnis zu haben, sind Kurzgeschichten wunderbar. Wenn möglich, kannst du damit auch bei Ausschreibungen teilnehmen. Wenn man es schafft in einer Anthologie aufgenommen zu werden, beflügelt das einem umso mehr.

Ich habe auch einen riesigen Stapel an Schreibratgebern auf meinem Schreibtisch. Ich musste mich auch aufraffen, diese zu lesen und lernen mit diesen zu arbeiten. Aber sie haben mir einiges an Handwerkszeug gegeben, mit dem ich mich beim Schreiben sicherer fühle.

Und um jetzt mal den Bogen zum Hauptwerk zu schlagen: Die erste Fassung/ das erste Werk ist immer schlecht, da brauchen wir uns nichts schönreden. Das geht und Hobbyautoren so und das ging den ganz großen Autoren so. Und genau dafür sind die Überarbeitungen da, um diesen Rohdiamanten zu schleifen und zu polieren und das Beste daraus hervorzuholen. Selbst meine Kurzgeschichten durchlaufen mehrere Fassungen, bis ich diese bei Ausschreibungen einsenden.

Mein 13 Jahre altes Manuskript, das ich oben erwähnte, habe ich als 16-jähriger angefangen, mit 20 habe ich es beendet und jahrelang in der Schublade liegen gelassen, weil ich, obwohl ich die Geschichte an sich mochte, nicht damit zufrieden war, was wohl auch der Art lag, wie ich damals erzählt habe. Ich habe es oft wieder hervorgeholt, Kapitel neu geschrieben, geändert usw.. Irgendwann wird es meinen Ansprüchen gerecht werden, da bin ich mir sicher und ich denke, das wird bei die auch der Fall sein. Manche Geschichten brauchen eben etwas länger, als andere.

Ich an deiner Stelle würde das High-Fantasy-Projekt, wenn du jetzt lieber etwas anderes machen möchtest, in der Schublade liegen lassen. Konzentriere dich dann auf dein neues Projekt. Vielleicht kannst du die beiden auch Verbinden, wie es Stephen King oft mit seinen Geschichten macht. Das eine Projekt, schließt das andere nicht aus. Aber das obliegt natürlich ganz dir.

Ich wünsche dir jedenfalls viel Erfolg beim Schreiben

Pseud000 
Beitragsersteller
 15.11.2024, 23:18
@shinyuke

Danke dir, nur mal so rein technisch gefragt: welche Länge haben Kurzgeschichten normalerweise, um als solche noch betitelt werden zu können?

Aber ja, sowas wie ne Aufnahme in eine Anthologie oder ähnliches klingt interessant und theoretisch lässt sich auch so leichter sehen, ob eine Idee nicht möglicherweise etwas weiter ausgearbeitet doch eine Art Roman werden könnte später.

Erinnert mich so ein wenig wie die sogenannten Oneshots im Mangabereich, die oft genutzt werden, um das Interesse an einer Idee erst abzustecken und dann zu sehen, ob sich nicht ein erfolgreicher Manga draus machen ließe.

shinyuke  16.11.2024, 14:00
@Pseud000

Eine Kurzgeschichte ist meist so lang, dass man sie in einem Rutsch schreiben/lesen kann. Einen wirklichen Messwert kenne ich nicht, denn die Übergänge von Miniatur, Kürzestgeschichte, Kurzgeschichte, Erzählung, Novelle und Roman sind fließend.

Wenn du mal an Ausschreibungen teilnehmen möchtest, kannst du hier nachsehen. Da habe ich auch schon an einigen Wettbewerben teilgenommen und ein paar meiner Texte wurden bereits veröffentlicht.

Häng dich wieder rein und versuch es einfach, vorallem wenn du wieder Lust drauf hast.


Pseud000 
Beitragsersteller
 15.11.2024, 22:34

Ich weiß halt aber nicht, ob ich komplett was neues schreiben soll oder mich nochmal mit der alten Story auseinandersetzen soll. Ergibt das überhaupt Sinn, wenn man es in so einem juvenilen Alter geschrieben hat und man kaum mehr in der Welt davon drin ist?

paulina571  15.11.2024, 22:46
@Pseud000

Du kannst es ja einfach mal versuchen und wenn du dich gar nicht mehr in das von früher geschriebene hineinversetzen kannst fängst du mit was neuem an. Oder schreib geerell einfach mal drauf los und schau was kommt.