Was ist an Einstiegsgehalt mit M.Sc. realistisch?
Moin!
Ich habe mein Studium mit einem M.Sc. im Bereich Chemie/Biotechnologie abgeschlossen und bin auf Jobsuche. Natürlich verlangen die meisten Stellenausschreibungen die Angabe eines Gehaltswunsches. Ich habe recherchiert, was eine realistisch ist und dachte eigentlich, ein ganz ordentliches Bild zu haben:
- Nach TVöD Bund ist eine Stelle, die einen Masterabschluss erfordert, ab E13 einzustufen und dies ergibt laut Tariftabelle mittlerweile ein Monatsgehalt von mind. 4600 €, was selbst bei nur 12 Monatsgehältern 55 k im Jahr ergibt. Und ist der ÖD nicht dafür verschrien, schlecht zu bezahlen?
- Die Tariftabelle der IG BCE würde in der Entgeltstufe E11 in allen Bundesländern mindestens 4 k monatlich und somit bei 13 Monatsgehältern mindestens 52 k jährlich aussagen. Häufiger über 55 k. Und so wie ich es gelesen habe, könnte man als Berufseinsteiger mit Master ggf. auch in E12 eingestuft werden.
- Man findet auch Seiten wie z.B. hier eine Umfrage über die Einstiegsgehälter bei der Gesellschaft dt. Chemiker, die in die gleiche Kerbe schlagen: MIt nem Master soll man im 2. Berufsjahr über 70 k bekommen...
Nach all dem hätte ich nun eine Gehaltsvorstellung von 55 k für einen frischen Masterabschluss als realistisch empfunden, oder doch zumindest nicht derart übertrieben dass man mich für nen hoffnungslosen Fall hält.
Nun hatte ich bereits ein Vorstellungsgespräch. Dieses war bei einem mittelständischen, nicht tarifgebundenen Unternehmen. Der Studienabschluss war in der Stellenausschreibung explizit gefordert, d.h. ich war nicht wirklich überqualifiziert. Natürlich hat man mir auch erzählt, wie gut es der Firma geht und welche Umsatzsprünge man in den letzten Jahren hingelegt hat. Ich habe in dem Gespräch dann eine Gehaltsvorstellung von 50 k genannt... die Geschäftsführerin hat daraufhin schier gelacht und dann erklärt, dass man als Mittelständler natürlich keine Chance hat, die gleichen Gehälter zu zahlen wie die Großindustrie. So schnell wie das Gespräch danach vorbei war, hatte ich den Eindruck dass meine Gehaltsvorstellung als hoffnungslos überzogen empfunden wurde.
Natürlich hat mich auch mein Vater, der es als Pharmavertreter zu 120 k Jahresgehalt gebracht hat, gefragt welche Gehaltsvorstellung ich denn so habe. Der meinte hinsichtlich der 55 k, ich solle mal mit den Träumereien aufhören und in der realen Welt ankommen... das sei eine völlig überzogene Vorstellung.
Tja, jetzt weiß ich auch nicht mehr. Sind 55 k so eine überzogene Vorstellung? Soll ich mich für 40 k bewerben, oder was? Das bekommen Rettungssanitäter, deren Qualifikation aus einem LKW-Führerschein und 3 Monaten Lehrgang besteht...
Hier gibt es doch einige Chemiker und dergleichen... könntet ihr mir ein Bisschen bei der Einordnung helfen?
2 Antworten
Ich bin Molekularbiologe (mit Promotion), habe ca 20 Jahre Berufserfahrung, auch in Biotech Unternehmen, und kann Dir zumindest aus dieser Sicht sagen: 55k sind als Einsteiger und "nur" mit MSc. komplett übers Ziel geschossen. Das bekommt man ev als Einstieg mit Doktorat.
Leider ist es in der Branche so, daß zB eine Freundin von mir, die Mundhygienikerin ist, mehr verdient, als ich als Dr der Naturwissenschaft...
Als MSc bekommt man halt eher nur Techniker Jobs, und da liegen die Einstiegsgehälter bei ca 3000 brutto/Monat, zumindest in Österreich. Wird in D nicht viel anders sein. Eventuell, daß die großen Pharma Firmen ein bisschen besser zahlen.
Es gibt einfach viel zuviele Absolventen im Biotech Bereich... Das drückt die Gehälter nach unten.
Ich komme nicht aus deinem Bereich, kenne aber viele Akademiker in ganz unterschiedlichen Berufen und Branchen und der größte Unterschied zu Ausbildungsberufen besteht darin, nach sehr wenigen Jahren im Beruf schon sehr große Gehaltssprünge zu machen. Der Rettungssanitäter dürfte aber z.B. nicht direkt mit 40k anfangen, dass ist für diesen eher nach vielen Jahren im Beruf erreichbar und steigt dann auch nicht mehr allzu weit nach oben. Eine Freundin von mir hat mit so ca. 45k als promovierte Biologin begonnen, innerhalb von 6,7 Jahren hat sie dann aber schon die 100k erreicht. Natürlich gibt es von Unternehmen zu Unternehmen und Branche zu Branche größere Unterschiede, im Zweifelsfall aber lieber erstmal etwas niedrigeres fordern und nach guter Leistung stärker nachfordern.