Was heisst bei Schach "Figuren entwickeln"?

5 Antworten

Auf ihren Ausgangsfeldern stehen die Figuren noch ziemlich wirkungslos und können deshalb nicht so recht am Kampf, insbesondere um das Zentrum, teilnehmen.
Eine Figur "entwickeln" bedeutet schlicht und einfach, sie vom Ausgangsfeld auf ein anderes Feld stellen, von wo aus sie eine größere Wirkung entfalten kann. Dieses Feld nennen wir "Entwicklungsfeld".

Einige typische Entwicklungsfelder (absolut nicht vollständig):

  • Turm auf jedem Feld, wo er eine offene Linie beherrscht. Gibt es noch keine offene Linien, stehen die Türme auf c1, d1 und e1 bzw. c9, d8 und e8 recht gut.
  • Weißfeldriger Läufer von Weiß c4, e2. d3, g3, zuweilen auch b5.
  • Entsprechend schwarzfeldriger Läufer von Schwarz: c5, e7, d6. g7 und zuweilen auch b4.
  • Schwarzfeldriger Läufer von Weiß b2, g5, d2. aber auch e3 oder f4.
  • Analog weißfeldriger Läuger von Schwarz b7, g4, e6, d7 und f5.
  • Königsspringer f3, evtl. e2 bzw. (Schwarz) f6 und e7.
  • Damenspringer analog c3 und d2 bzw, c6 und d7.
  • Die Dame ist keine "Figur" (sondern eben die Dame). Sie wird nicht "entwickelt" und greift in der Regel erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Kampf ein.

Die Entwicklung ist abgeschlossen, wenn jede Figur mindestens einmal gezogen und der König rochiert hat. Erst dann sollte man angreifen.

Wer durch kluges Spiel (z. B. Bauern- oder sogar Figurenopfer) die Entwicklung des Gegners bremsen kann, verfügt über einen Entwicklungsvorsprung. Er wird nun scharf angreifen und damit den Gegner zu "Notzügen" zwingen, die seine Stellung weiter verschlechtern, und ihn schließlich Matt setzen. Das ist die hohe Schule des Schachs: Material gegen Zeit! Und im Stil von Paul Morphy den Gegner überrennen, das erfordert vielTraining, und nicht jeder schafft's. Leider.

Plant man die Entwicklung seiner Figuren, sollte man darauf achten, daß dabei keine Bauern oder andere Figuren verstellt werden. Typische Beispiele sind: Sc6,.bevor der Bc7 gezogen hat, Sd7, bevor der Lc8 gezogen hat, Le6, bevor der Be7 gezogen hat.

Altmeister Nimzowitsch empfiehlt, seine Figuren in der Anfangsphase der Partie weitgehend so zu entwickeln, daß sie hinter den eigenen Figuren zu stehen kommen.

Damit hast Du schon ein bißchen Grundwissen beisammen. :-)

wolfgang1956  24.12.2013, 09:50

„Die Entwicklung ist abgeschlossen, wenn jede Figur mindestens einmal gezogen und der König rochiert hat. Erst dann sollte man angreifen.“ – Bei vielen Eröffnungsfallen braucht man nicht alle Figuren zu entwickeln. Für das „Schäfermatt“ genügen D & L!

Wenn man sich die Datenbank von Chessbase ansieht, stellt man fest, dass Paul Morphy in den knapp 400 bekannten Partien nur wenige Gegner „überrannt“ hat. Im Gegenteil, er war wohl eher ein Vorgänger Capablancas. Einfach dem Gegner keine Möglichkeit zur Entfaltung bieten …

Selbst Aljechin, der zuvor zahlreiche Glanzpartien lieferte, zeigte bei seinem Wettkampf gegen Capablanca, dass er sich „stilistisch“ anpassen konnte. Dafür analysierte er in einem ausführlichen Artikel Capablancas Spiel mit sehr interessanten Erkenntnissen und seiner Planung für den Wettkampf!! Das ist schon sehr interessant zu lesen …

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shredder89  25.12.2013, 10:16
@wolfgang1956

Auch Pedanten wie Du greifen mal daneben:
Es gibt vom jeder Regel Ausnahmen, ohne daß dadurch die Regel außer Kraft gesetzt wird (Angriff bei unvollständpger Entwicklung). .
Vielleicht ist Dir entgangen, daß mein Beitrag nicht für Großmeister bestimmt ist, sondern für Durchschnittsmenschen. Deine Interessanten Ausführungen zu Capablance, Aljechin und Co. gehen doch weit an der Fragestellung vorbei ...

Na immerhin hast Du mir wohl ein DH verpaßt - dafür Waidmanns Dank! :-)

Und frohe Weihnachten sowie ein glückliches Neues Jahr!

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Im Schachkurs lernen wir, dass es am vorteilhaftesten ist, wenn alle Figuren aktiv sind und wenn alle zusammen wie ein Team miteinander arbeiten. Deshalb: zuerst alle Figuren aktiv stellen (nicht nur mit 2 bis 3 Figuren angreifen wollen), Wenn sich die Türme gegenseitig decken, dann bist du 100%entwickelt (ist so eine Art Faustregel)

Wenn man die Figuren für eine neue Schachpartie aufstellt, stehen sie in ihrer Grundstellung. Die Figuren sind zum Spielen da.

Eine Schachpartie kann man in drei Phasen einteilen: Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel. Diese drei Phasen gehen während der Partie ineinander über; man kann nicht sagen, dass nach dem 17. Zug die Eröffnung vorbei ist und das Mittelspiel beginnt oder nach dem 53. Zug das Mittelspiel endet und dann das Endspiel beginnt. Diese Phasen sind einfach nur allgemeine Bezeichnungen für Spielabschnitte, die dann auch unterschiedliche Prioritäten haben.

In der Eröffnung werden zunächst durch 2 … 4 oder 5 Bauernzüge Linien, Diagonalen und Reihen freigemacht, damit die Figuren sich auf dem Brett bewegen können. Bis auf die Springer, die über Bauern springen können, kann ja keine Figur in der Grundstellung ziehen. Wenn die Figuren sich bewegen können sollen, müssen wie gesagt ein paar Bauern bewegt werden.

„Figuren entwickeln“ bedeutet im übertragenen Sinne, sie ins Spiel zu bringen. Dabei gelten natürlich noch ein paar „Nebenbedingungen“:

  1. Die Entwicklung sollte so schnell wie möglich beendet werden.
  2. Die Figuren und Bauern sollten auf das Zentrum einwirken und es wenn möglich beherrschen
  3. Man sollte die taktischen Möglichkeiten beachten. I.A. zieht man eine Figur weg, wenn der Gegner sie mit einem Bauern angreift.
  4. Da es mehrere hundert Eröffnungen und Varianten der Eröffnungen gibt, kann niemand sagen, welches Feld das beste für eine Figur ist.
  5. Dr. Tarrasch's Wunschtraum, „in jeder Stellung gibt es einen besten Zug“, ist inzwischen durch die Spielpraxis nachfolgender Generationen völlig überholt. Man könnte eine Reletivitätstheorie des Schachs aufstellen, die besagt, dass es mehrere gute Züge in einer gegebenen Stellung gibt, wenn sie einem brauchbaren Plan (Im Schach wird auch das Wort Strategie gleichbedeutend verwendet) folgen.

Schachcomputer bzw. -programme spielen zwar mittlerweile besser wie die Weltmeister, aber trotzdem ist es beispielsweise von Interesse zu verfolgen, dass diese Großmeister noch immer „eigene“ Züge am Brett finden, die von den Schachprogrammen nicht immer vorgeschlagen werden.

In folgendem Link habe ich eine Sammlung von Schachautoren zusammengestellt, die wirklich gute Schachbücher geschrieben haben: http://www.gutefrage.net/tipp/gute-schachbuecher

Die anderen Antworten sind alle richtig, aber ziemlich komplex, also antworte ich nochmal einfach. Am besten ziehst du am Anfang einen oder , wenn möglich beide Mittelbauern, also die Bauern vor König und Dame. Danach versuchst Du Deine Figuren "raus" zu bringen und auf Felder zu bringen, auf denen sie viel Wirkung entfalten, also eher in die Mitte und nicht an den Rand. Aus weißer Sicht sind gute Feld für die Spiringer f3 und c3 und für die Läufer c4, b5 bzw. f4, g5. Die Schwerfiguren (Dame und Türme), werden erst später entwickelt. außerdem ist es gut, den König durch die Rochade möglicht bald in Sicherheit zu bringen. Dadurch kommt auch der Turm auf ein aktiveres Feld. Man sollte in der Eröffung auch vermeiden, mehrere Züge mit der gleichen Figur hintereinander zu machen und dafür besser weitere Figuren herausbringen "entwickeln". Natürlich musst du auch immer auf Drohungen Deines Gegners reagieren und angriffene Bauern oder Figurendecken, so dass Du auch die Figur Deines Gegners wegnehmen kannst, wenn er Deine schlägt.